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Hier finden Sie Ankündigungen und aktuelle Berichte zu Veranstaltungen des RGHV(Letzte Aktualisierung am 14.11.2023)"Historischer Bilderkaffee" des RGHV
und Spendenübergabe an Blütenkönigin Naomi I. Zum zweiten Mal hatte der Rodheimer Geschichts- und
Heimatverein (RGHV) am vergangenen Sonntagnachmittag, dem 12. November 2023,
zu einem vergnüglichen Zusammentreffen bei Kaffee mit Kuchen eingeladen.
Speziell die "wissenden" älteren Mitglieder und gerne auch Gäste sollten
sich angesprochen fühlen und kamen zahlreich. Nach dem ersten Termin im
Februar dieses Jahres waren sich alle Teilnehmer einig, dass dieses Format
dringend einer Fortsetzung bedürfe.
Als Bestandteil der Rodheimer Sammlung verfügt der RGHV
auch über ein umfangreiches Fotoarchiv. Oftmals fehlt den Bildern
jedoch eine Beschriftung, man kennt die Anlässe und häufig die abgebildeten
Personen nicht mehr. Hier setzt die geballte Kraft des Publikums ein! Immer
weiß jemand zu den projizierten Fotos etwas zu berichten, warum man feierte,
um welches alte Haus es sich handelt, was gerade passiert war, und manch
einer erkennt den Opa, die Tante, den mit einem Uznamen belegten
Dorfbewohner oder manches Rodheimer Urgestein wieder. Je mehr erzählt wird,
um so mehr fällt den Mitstreitern ein, es entspinnen sich lebhafte Gespräche
und man freut sich, die eine oder andere Anekdote erzählen zu können oder
(einmal wieder) zu hören. Der Wissenszuwachs für den RGHV ist dabei enorm!
Die Informationen werden protokolliert und im Anschluss digital verarbeitet,
so dass nichts mehr verloren geht! Eingeladen war auch die amtierende Blütenkönigin Naomi
I.
Seit Bianca I., der Blütenkönigin der Jahre 2015 -
2016, unterstützen die Hoheiten jeweils ein ihnen wichtiges soziales Projekt
und bitten um Spenden dafür, auch anstelle von oft für sie selbst etwa bei
Veranstaltungen vorgesehenen Geschenken. Naomi I. setzt sich für den
Wildwasser e.V. in Bad Nauheim ein, eine Fachberatungsstelle gegen
sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend. Nachdem sie das Projekt den
Teilnehmern vorgestellt hatte, überreichten ihr der 1. Vorsitzende Dr.
Karsten Brunk und die Schatzmeisterin Margot Mehring eine Spende in Höhe von
500 Euro für ihr Projekt. Die Spende kommt aus einem Fonds des RGHV aus den
bis 2019 durchgeführten Internationalen Freundschaftsfesten, deren
Überschüsse immer an nationale und internationale Hilfsprojekte gespendet
wurden. Bianca I. und Chiara I., beide aus Rodheim stammende
Blütenköniginnen, waren während ihrer „Amtszeiten“ hieraus auch schon
bedacht worden. Text und Fotos: Ute Veit ![]()
Rodheim am Äquator
Dr. Brunk erläuterte zunächst die Wetterausenke als die
nördliche Fortsetzung des Oberrheingrabens, des etwa 300 km langen und bis
zu 40 km breiten Grabenbruchs zwischen Basel und Frankfurt am Main. Die
Gesteine des angrenzenden Taunus waren ehemals in einem Meeresbecken
abgelagert und anschließend als Teil des Rheinischen Schiefergebirges
aufgefaltet und zu Schiefer und Quarzit umgewandelt worden. Wesentlich
jünger ist der Vogelsberg-Vulkan, dessen ausgedehnte Basaltdecke das größte
geschlossene Basaltmassiv in Europa ist. Seine Entstehung, wie auch die
Heraushebung des Taunus als Mittelgebirge, steht in Zusammenhang mit dem
Einbruch des Oberrheingrabens im Erdzeitalter des Tertiärs.
Zum Verständnis der langwierigen und großräumigen erdgeschichtlichen
Entwicklung ging Karsten Brunk auch auf die Theorie der Plattentektonik ein.
Die Erdplatten "schwimmen" quasi auf dem Erdmantel und können sich wie
Meereisschollen aneinander vorbei-, voneinander weg- oder aufeinander
zubewegen und dabei kollidieren. Die Umrisse und die Lage der Erdplatten auf
dem Globus unterlagen dadurch im Laufe der seit mehreren 100 Millionen
Jahren rekonstruierten Entwicklung einem vielfältigen Wandel. Der Referent
hat es fertiggebracht unsere Heimatregion während dieser Zeitreise von der
Südhalbkugel bis ins heutige Mitteleuropa zu lokalisieren und zu verfolgen,
und wahrhaftig, hätte es Rodheim vor 300 Mio. Jahren schon gegeben, es hätte
nahe am Äquator gelegen!
Waren die natürlichen Veränderungen im Laufe der Erdgeschichte langwierige
Prozesse, nahm das Geschehen nach der letzten Kaltzeit im Holozän Fahrt auf.
Mit dem Beginn der Sesshaftwerdung des Menschen in der Jungsteinzeit kam es
durch die zunehmende landwirtschaftliche Nutzung, später durch den Abbau
notwendiger Rohstoffe, sei es zur Material- oder zur Energiegewinnung, zu
gravierenden Umbauprozessen der Natur- zur Kulturlandschaft.
Die Wetterau gehört als klimatisch günstig gelegene und fruchtbare Region
dabei zu den bereits besonders früh besiedelten Gebieten. Die Dynamik der
Veränderungen steigerte sich mit Beginn der Industrialisierung vor etwa 200
Jahren und hat sich in den letzten Jahrzehnten weiter beschleunigt.
Auffallend leise wurde es im großen Auditorium, als der Referent die fatalen
Auswirkungen der immer stärker werdenden menschlichen Einflussnahme auf
Natur und Umwelt im lokalen, wie im globalen Bezug darstellte. Wir sind im
Anthropozän angekommen, einer Epoche, in der der Mensch zur wichtigsten
formenden Kraft auf unserem Planeten geworden ist. Text: Ute Veit und Karsten Brunk, Foto: Sebastian Lamping
Oppenheim und Worms entdecken
Tagesexkursion nach Rheinhessen mit
Winzerbesuch Erneut ging es
dieses Mal – nach der letzten Tagesexkursion des RGHV nach Ingelheim im
Vor-Corona-Jahr 2019 – nach Rheinhessen. Oppenheim und Worms waren die
Ziele.
Nach einer
spätsommerlich-morgendlichen Fahrt am Rhein entlang wurde Oppenheim
erreicht. Der Ort besticht durch sein Stadtbild, geprägt von der gotischen
Katharinenkirche, die im 13. Jahrhundert erbaut wurde und die schöne
historische Altstadt krönt. Unmittelbar hinter der Kirche in der
Michaelskapelle das Beinhaus, eines der größten überhaupt, in das aus
Platzmangel auf den Friedhöfen vom 15. bis Mitte des 18. Jahrhunderts die
Skelette von etwa 20.000 Oppenheimern umgebettet worden waren. Danach
erkundeten wir das "Oppenheimer Kellerlabyrinth", ein einzigartiges
Kulturdenkmal, das zwischen dem 12. und 17. Jahrhundert als Weinkeller und
Lagerplatz gebaut wurde, kilometerlang, verschachtelt, aneinandergereiht,
teilweise in mehreren Stockwerken übereinander angelegt. Gestärkt durch
ein gutes Mittagessen im Deutschen Weinbaumuseum zog es einige der
Teilnehmer hinauf zur Ruine der Burg Landskron, während sich die anderen die
Vielfalt der Exponate im Museum ansahen. Vom Traktor bis zur Mausefalle – es
ist alles da!
Nachmittags nahm
uns die Stadtführerin Frau Aßmann-Weinlich in Worms in Empfang und
begleitete uns kenntnisreich durch die Stadt. Das UNESCO-Welterbe der
jüdischen Zeugnisse in Worms war das Thema der Führung. 2021 waren die
Relikte jüdischen Lebens der sogenannten SchUM-Städte (Mainz, Worms und
Speyer) durch die UNESCO als 50. Welterbestätte in Deutschland erklärt
worden. So führte unser Weg vom jüdischen Viertel mit der Judengasse und der
beeindruckenden Synagoge, die auch von innen besichtigt werden konnte, zum
jüdischen Friedhof "Heiliger Sand", dem ältesten am Ort erhaltenen jüdischen
Friedhof in Europa. Ebenfalls erhalten ist die Mikwe, das Ritualbad, die
aber derzeit saniert wird und daher nicht besucht werden kann.
Ein toller
Abschluss der Fahrt war die Einkehr ins Weingut
Göhring in Flörsheim-Dalsheim zur Vesper mit Weinprobe, wo wir freudig
empfangen wurden. Von dort kam 2005 im Jahr unserer 1200-Jahrfeier der
"Jubiläumswein", eine freundschaftliche Verbindung mit dem RGHV besteht seit
Jahren.
Vortrag und Exkursion zur Sonderausstellung KELTEN LAND HESSEN – EINE NEUE ZEIT BEGINNT
Die Kelten, ihre Kultur und
Lebensart, ihre Handelsbeziehungen, ihre Begräbnissitten und
Jenseitsvorstellungen waren Thema eines Veranstaltungskomplexes des RGHV am
5. und 6. Mai 2023.
Stephan Medschinski, seit mehr als zwei Jahrzehnten am Glauberg und seit dessen Eröffnung 2011 im Glauberg-Museum tätig, quasi "ein Mann der ersten Stunde", referierte am 5. Mai über die Entdeckung und die Bedeutung der drei Fürstengräber. Vor etwa 2500 war das exponiert liegende Plateau des "Tafelbergs" Glauberg keltisch besiedelt auf einer etwa 12 Hektar großen Fläche, umgeben von einer 2 km langen hohen Schutzmauer. In den wissenschaftlichen Fokus rückte der Glauberg, nachdem Ende der 1980-er Jahre luftbildarchäologisch dort ein eingeebneter großer Grabhügel entdeckt wurde. Ausgrabungen förderten 3 Gräber mit herausragenden Grabbeigaben zutage. Die Sensation war perfekt, als 1996 am Grabhügel die lebensgroße Statue des "Keltenfürsten" ausgegraben wurde, dessen steinerne Ausstattung sich in den Grabbeigaben in Grab 1 wiederfindet, die Waffen, der Schmuck und Teile der Mistel-Blattkrone, die den Bestatteten auch als einen frühen Druiden ausweisen könnte.
Die Theorie wurde durch Stephan Medschinki am Folgetag im Glauberg-Museum lebendig. In einer spannenden Führung konnten sich die Teilnehmer ein Bild von der hohen handwerklichen und künstlerischen Qualität der Grabbeigaben machen, die zum Teil im Rahmen der rekonstruierten Fundsituation dargestellt waren. Mit einem Blick vom Dach des Museums auf den Grabhügel, die Prozessionsstraße und in die Weite der rapsblühenden Landschaft verabschiedete der Referent die Teilnehmer zu Kaffee und Kuchen im Bistro. Bei ihm und der als Gast zum Vortragsabend gekommenen Direktorin der Keltenwelt am Glauberg, Frau Dr. Vera Rupp, die engagiert Aus- und Rückblicke in die Arbeit des Museums gab, bedankt sich der RGHV herzlich.
Mundart vom Feinsten mit "Meelstaa" Wie es sich für einen Geschichtsverein gehört, wählte der RGHV-Vorsitzende Dr. Karsten Brunk in seiner Begrüßung im Rodheimer Bürgerhaus am 18. März die Worte „Es war einmal“ – denn bereits 1995 war die Vorgängerformation „Fäägmeel“ schon einmal in Rodheim zu Gast gewesen. Was dann in Form von hervorragend präsentierten Liedern und Texten folgen sollte, war nicht nur eine Reise in die Vergangenheit mittelhessischen Landlebens, geprägt vom sonntäglichen Kirchgang, dem Rattern der Landmaschinen oder dem Krähen von Nachbars Gockelhahn. So vielseitig wie die Texte auch zu zeitgenössischen Themen, die vor allem aus der Feder von Siegward Roth noch aus „Fäägmeel“-Zeiten stammen, so treffend waren auch die Mittel, die die drei Vollblut-Musiker Berthold Schäfer, Jens Schneider und Clemens Goth zur musikalischen Umsetzung benutzten. Hier wurde jedes Lied sprachlich wie musikalisch sorgsam und mit Ideenreichtum geformt, und die Zuhörerinnen und Zuhörer erlebten den mittelhessischen Dialekt wie eine liebevoll verpackte Kostbarkeit, der man sich mit Freude hingeben mochte.
Das Spiel mit den Worten und ihrem Klang wurde auch
für diejenigen, die des Dialekts nicht mächtig waren, zum echten Genuss. Mal
besinnlich und ernst, ein anderes Mal heiter und von unbeschwerter
Fröhlichkeit, widmete sich das Trio einer Fülle von Themen, die den Alltag
so lebens- und liebenswert machen. Kleine Ungeschicklichkeiten, etwa bei der
Fehlersuche an einem vermeintlich defekten Fernseher oder beim Umgang mit
dem reparaturbedürftigen Fahrrad, entlockten dem Publikum so manch ein
Schmunzeln. Und als der Textpoet Siegward Roth einfühlsam die Ruhe nach
einem ereignisreichen Tag schilderte, lauschten die Zuhörer so aufmerksam
den Worten des Erzählers, dass man gehört hätte, wenn eine Stecknadel zu
Boden gefallen wäre.
Ob mit einer Parodie über die stolze Männerriege
(„Mir sei Kerle“) oder den notorischen Zu-Spät-Kommer („Die Weck“)
einerseits, oder beim Wortspiel über das „Krogedill“ andererseits – jeder
Song bestach durch seinen sensiblen Umgang mit der hessischen Mundart und
ihrem besonderen Klang der Worte und ihrer Aussprache. Der Umgang mit dem Dialekt und das Spiel mit den
Lauten bescherte den Zuhörern einen vergnüglichen Abend, der nicht nur
musikalische Glanzlichter zu bieten hatte. Witz und Charme vereinigten sich
zu einem vergnüglichen Gemisch mittelhessischer Unterhaltung, bei der Text
und Musik einander wirkungsvoll ergänzten. Natürlich durfte auch die fast schon legendäre „Rure-Roiwe-Robbmaschin“ an diesem Abend nicht fehlen – wenn auch erst in der mehr als verdienten Zugabe. Der Abend dürfte als gelungenes Beispiel für den Erhalt des hiesigen Kulturgutes in die Bücher des RGHV eingehen.
Neuerscheinung!
Joachim Beuck:
Karsten Brunk & Axel
Müller-Gers:
Joachim Beuck:
Joachim Beuck:
Karsten Brunk:
Ute Veit:
Bezug direkt über den RGHV-Vorstand oder per Anfrage über die RGHV-E-Mail:
rghv-rodheim@rodheimer-geschichtsverein.de
Preis 18
€
Das Kriegsende 1945 in der Wetterau
Obwohl sich die deutsche Wehrmacht im Frühjahr 1945 durch das Vorrücken amerikanischer Truppen zunehmend auf dem Rückzug und in Auflösung befand, sah sich die Bevölkerung der Taunusregion und der Wetterau auch nach der Besetzung ihrer Heimat durch die Amerikaner weiteren Kampfhandlungen ausgesetzt. Reste der stark geschwächten aber weiterhin kampfbereiten 6. SS-Gebirgsdivision „Nord“, mit der sich Ulf Wachsmuth eingehend beschäftigt hat, zogen in den letzten Märztagen um Ostern 1945 vom Taunus kommend in Richtung Büdingen. Wenige Tage später wurden sie im Raum Kefenrod von amerikanischen Truppen endgültig zerschlagen. Auf ihrem Weg hinterließen sie jedoch noch einmal eine Spur der Gewalt, es gab zahlreiche Opfer unter Soldaten und Zivilisten. Ursprünglich war diese Division der Waffen-SS in Finnland eingesetzt gewesen und auf ihrem Rückzug im Westen bereits erheblich dezimiert worden.
Ob die
im Rodheimer Wald zwischen dem 31. März und dem 1. April zu Tode gekommenen
acht Soldaten Opfer dieser Truppe wurden, ist ungewiss. Sie waren erschossen
am 2. April 1945 von einem Kraftfahrer, der Holz aus dem Wald holen wollte,
gefunden worden. Ähnliche Vorkommnisse gab es in den Nachbargemeinden Ober
Rosbach und Köppern, auch in Ockstadt. Die Toten wurden auf den jeweiligen
Gemeindefriedhöfen bestattet, die Ruhestätten als Kriegsgräber
gekennzeichnet. Die in Rodheim Bestatteten konnten bis auf einen Soldaten
namentlich identifiziert werden. Auffallend ist, dass zumindest die im
Rodheimer Wald aufgefundenen Soldaten verschiedenen Truppenteilen
angehörten, so dass davon ausgegangen werden kann, dass hier Menschen
versuchten, in den ausgehenden Kriegswirren ihre Heimatregionen zu erreichen.
Hölzerne Grabkreuze der im Rodheimer Wald getöteten Soldaten auf dem Rodheimer Friedhof Sieben der in Rodheim bestatteten Soldaten wurden 1966 auf den Kriegsgräberfriedhof in Ulrichstein im Vogelsberg umgebettet. Die Grabstätte von Fritz Lösner blieb in Rodheim und befindet sich heute südlich der alten Trauerhalle.
Das Rodheimer Schöffengericht im Mittelalter und in der frühen Neuzeit
Vorstandsmitglied Joachim Beuck referierte beim Rodheimer
Geschichts- und Heimatverein (RGHV) am 21. Oktober 2022 Zunächst stellte der studierte Jurist die Grundlagen der modernen
Rechtsstaatlichkeit, wie das vom Staat geschaffene verbindliche Recht, das
staatliche Gewaltmonopol und die Gewaltenteilung vor, um den Unterschied zum
mittelalterlichen Recht deutlich zu machen. Dieses war dadurch
gekennzeichnet, dass die Gerichte mit Laien besetzt waren, die meistens
weder lesen noch schreiben konnten. Entschieden wurde nach mündlich
überlieferten Rechtsgewohnheiten, dem „alten Herkommen“. Erst ab dem 13.
Jahrhundert wurde damit begonnen, die angewendeten Rechtsgrundsätze
aufzuschreiben. Besetzt waren die Gerichte mit Schöffen, deren Aufgabe es war, zu
urteilen, das heißt, die Gerichtsentscheidung zu fällen. Der Richter - meist
der Graf oder als dessen Vertreter der Schultheiß - leitete lediglich die
Verhandlung, verkündete die Entscheidung und hatte die Umsetzung des Urteils
zu verantworten.
Die älteste Urkunde, die das Gericht in Rodheim erwähnt, wurde 1305
ausgestellt. Beuck konnte darstellen, dass das Gericht aber schon vor 1255
existiert haben muss. Es tagte am Marktplatz „unter dem Spielhaus“, also in
dem offenen Raum im Erdgeschoss des ehemaligen Rodheimer Rathauses. Bei
schwierigen Fällen oder wenn sie uneinig waren, holten sich die Rodheimer
Schöffen Rat beim Friedberger Stadtgericht. Das Rodheimer Gericht war ein Hochgericht, das im Unterschied zu einem
Niedergericht auch Körperstrafen verhängen konnte, bis hin zur Todesstrafe,
was der Referent am Fall des 1583 hingerichteten Wendel Buch konkret belegen
konnte. Die Kosten, die für diese Hinrichtung angefallen waren, sind in der
Rodheimer Bürgermeisterrechnung von 1583 detailliert aufgeführt. Anhand von
historischen Karten konnte der Referent auch zeigen, wo sich die
Hinrichtungsstätte befand. Sie lag neben der Landstraße am Lohgraben, also
unmittelbar an der Grenze zur Nieder-Rosbacher Gemarkung. Zum Schluss stellte der Referent noch kurz die mittelalterlichen
Gerichtsbezirke vor, die unmittelbar an Rodheim angrenzten.
Überwältigendes Interesse an
Rodheimer Ortsgeschichte
Historischer Ortsrundgang durch Rodheim
v.d.Höhe Mindestens 120 Teilnehmer strömten auf den Rodheimer Marktplatz am Kirchturm, wo am 9. Juli ein historischer Ortsrundgang seinen Ausgang nahm. Im Laufe der Begrüßung und Einführung durch den RGHV-Vorsitzenden Dr. Karsten Brunk und Schriftführer Joachim Beuck trafen außerdem noch die rund 20 Gäste aus den Rosbacher Partnerstädten Netschkau (Vogtland), Saint-Germain-lès-Corbeil (Frankreich) und Ciechanowiec (Polen) ein. Der Rodheimer Geschichts- und Heimatverein hatte im Rahmen der Festlichkeiten zum 50-jährigen Stadtjubiläum von Rosbach v. d. Höhe zu dieser Führung eingeladen. Und die Rodheimer Landfrauen boten mit ihrem Kaffee-Kuchen-Angebot auf dem Marktplatz eine überaus willkommene kulinarische Ergänzung dazu an.
Sechs markante Ziele innerhalb der Mitte des 19.
Jahrhunderts abgerissenen mittelalterlichen Ortsbefestigung wurden
angesteuert. Zunächst die untere Wethgasse, wo über frühere Großbrände und
Löschwasserversorgung informiert wurden. In unmittelbarer Nähe befand sich
auch die im Pogromgeschehen am 10. November 1938 niedergebrannte Synagoge,
an die ein Gedenkstein dort erinnert. Weiter ging es zur Hauptstraße zum
Standort der frühesten lutherischen Kirche und über den Park, der bis 1906
der Rodheimer Friedhof war, zur Pfortgasse. Dort stand ehemals das Obertor
der ab 1362 gebauten Ortsbefestigung. Im letzten Jahr war im Rahmen von
Straßenbauarbeiten eine archäologisch begleitete Grabung erfolgt mit neuen
Erkenntnissen zur Bausituation.
Nächstes Ziel war die Alte Schule (seit 2001 Kita "Alte
Schule") in der Junkergasse, die 1864 als erste staatliche Schule erbaut
worden war, wie der nahe Junkernhof auf damals Bellersheim'schen Grund. Die
Herren von Bellersheim waren im 16. Jahrhundert von dem wüst gefallenen Ort
Stürzelheim nach Rodheim übergesiedelt.
Über die Königstraße, wo an einer Stelle noch ein
kleines Stück der alten Ortsbefestigung zu sehen ist, zur Thurngasse, dem
Standtort des ehemals markanten Kriminalturms, vom dem heute keine Reste
mehr erhalten sind. Wir kennen ihn aber aus der Ortsansicht von 1714. Letzte
Station waren die Evangelische Kirche und das ehemalige Hanauer Amtshaus,
das spätere Rodheimer Rathaus, und danach rief zum gemeinsamen Ausklang das
köstliche Kuchenbuffet der Rodheimer Landfrauen!
Rosbach rollt Radtour "Geschichte unserer Kulturlandschaft"
Wie im
vergangenen Jahr hat der RGHV im Rahmen der Aktion Stadtradeln 2022
wieder eine Radtour angeboten. Unter dem Motto „Rosbach rollt – Auf
die Räder, fertig, los!“ fanden sich dazu am 26. Mai zahlreiche
Teilnehmer auf dem Rodheimer Marktplatz ein. Nach einem Abriss zur
Ortsgeschichte durch das Vorstandsmitglied Joachim Beuck, ging es
unter der Leitung des RGHV-Vorsitzenden Dr. Karsten Brunk auf einen
20 km langen Rundkurs durch die Landschaft.
Entlang der Fahrtstrecke der Radtour "Geschichte unserer
Kulturlandschaft" gab es an einer Reihe von Punkten Wissenswertes
zur Geschichte der Landschaft und deren vielfältige und nachhaltige
Überprägung durch die menschliche Nutzung zu vermitteln. Hier nur
eine Auswahl der vor Ort erläuterten Merkmale und Erscheinungen, wie
die Entstehung von Wüstungen und Hohlwegen, die Entstehungs- und
Nutzungsgeschichte des Alten Berges, die Entwicklung und Ausprägung
von Hoheits- und Gemarkungsgrenzen, die Geschichte der Altstraßen in
der Region, die Spuren der Gewinnung von Lehm, Sand, Kies und
Steinen in der Landschaft, die Grabhügel aus der Bronzezeit und ein
Rückblick über die geologische Entwicklung des Senkungsgebietes
Wetterau mit ihren seit Jahrtausenden geschätzten Vorzügen.
Wüstung Stürzelheim, Landwehr, Alte Burg, Erlenbachmühlen
und Leitungswasser
Das Gras ist
regennass und es ist kalt am 30. April – dennoch starten unter der
Leitung von Karsten Brunk am späten Vormittag rund 30 Personen zu
einer geschichtlichen Wanderung durch die ehemalige
Stürzelheimer Terminey und
bis zu den Rodheimer Mühlen am Erlenbach. Das an Burgholzhausen
angrenzende Gebiet der Wüstung Stürzelheim ist heute Teil der
Rodheimer Gemarkung.
Jenseits der
Stürzelheimer Weide war bald der noch genau lokalisierbare Standort
des burgartigen Hofes der Familien
von Stürzelheim bzw.
von Bellersheim erreicht.
Das Anwesen im „Großen Garten“ hatte sogar den
Wüstungsprozess im Gefolge der Pestwellen in der zweiten Hälfte des
14. Jahrhunderts überdauert, von dem der Weiler Stürzelheim
betroffen war. Spätestens im Laufe des 16. Jahrhunderts haben die
von Bellersheim aber im
befestigten Nachbarort Rodheim Besitz erlangt und später dort auch
Wohnrecht erhalten. Das Anwesen Junkernhof zeugt bis heute davon.
Nächster
Standort der Wanderung war die sogenannte Stürzelheimer Landwehr
an der Grenze mit Burgholzhausen. Wie häufig und nachhaltig um den
exakten Verlauf der Grenzmarken gestritten wurde, und das auch mit
direkten Eingriffen und Disputen vor Ort, konnte mit Zitaten aus
Grenzgangsprotokollen und mit Grenzrissen (Karten) dokumentiert
werden. Entlang der letztlich seit 1783 ausgesteinten
Gemarkungsgrenze ging es weiter bis an die Weinstraße, wo die Grenze
der Stürzelheimer Landwehr im rechten Winkel nach Norden abknickt.
Der
Weinstraße folgend, war an dieser historischen Wagenstraße oberhalb
des Steilufers des Erlenbachs schon früh eine Schutzburg entstanden,
die sogenannte Alte Burg
von Holzhausen. Die Burganlage war bereits 1241 zerstört und nie
wieder aufgebaut worden. Einige Personen mit dem Namenszusatz der
damals ansässigen Lehensleute
auf der Burg und im benachbarten Holzhausen, die sich ab etwa 1200
als von Holzhausen
bezeichneten, haben vor allem im Stadtadel von Frankfurt
nachhaltige Spuren hinterlassen.
Spätestens im
18. Jahrhundert sind die Burggräben verschüttet worden, auf deren
südlichen Abschnitten später der Friedhof der Rodheimer
Synagogengemeinde, zu der u.a. auch Burgholzhausen gehörte, angelegt
wurde. Um 1830, 1842 und 1882/83 kam es zu Erweiterungen des Areals,
das in der Nacht zum 10. November 1938 Nazi-Schergen geschändet und
zerstört haben.
In Anbetracht
des kühlen Wetters war anschließend eine Picknick-Pause am Erlenbach
sehr willkommen. Im Windschutz eines Pavillons hatten hier Margot
Mehring und Ute Veit etwas Leckeres zum Verzehr im Angebot.
Auch Rodheim
hat mindestens eine ehemalige Mühle am Erlenbach, nämlich die
Dickmühle. Sie wurde, wie auch die oberhalb am gleichen Mühlgraben
liegende Tannenmühle, über lange Zeit von Müllern der Familie
Vorbach betrieben, von denen seit langem ein Zweig bis heute in
Rodheim beheimatet ist. Unterschiedliche Auffassungen gibt es seit
Jahrhunderten bezüglich der territorialen Zugehörigkeit der
Tannenmühle (auch bekannt als gebrannte Mühle oder Grunermühle).
Also wieder Streitigkeiten mit teilweise kuriosen Ereignissen, die
ihren Niederschlag in historischen Grenzrissen und Protokollen
gefunden haben. Noch heute teilt die Gemarkungsgrenze das Gelände
der seit 1959 nicht mehr betriebenen Mühle.
Auf dem
Rückweg über den alten Mühlweg war schließlich ein Bauwerk auf dem
Stotzenberg der letzte Haltepunkt. Der mit „Wasserversorgung Rodheim
und Holzhausen 1927“ beschriftete Hochbehälter gehört zu den
wichtigsten Meilensteinen in der langen Geschichte der örtlichen
Wasserversorgung, als eine neue Wasserleitung aus Ober-Rosbach die
Trinkwasserversorgung aus den innerörtlichen Brunnen ersetzte. Zu
dem 1928 fertiggestellten Großprojekt gehörte neben individuellen
Hausanschlüssen für das Leitungswasser auch der Bau einer
Kanalisation. Bemessungsgrundlagen für den Wasserverbrauch waren bis
1953 nicht die tatsächlichen Wassermengen in m³, sondern Kriterien
wie u.a. die Personenzahl im Haushalt, das Vorhandensein von Bad/Klo
und die Anzahl an Stück Großvieh/Kleinvieh.
Text: Karsten Brunk, Fotos: Carine Brunk und Ute Veit
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