Archiv 2015
Vereinsaktivitäten und Veröffentlichungen
Wetterauer Dorfkirchen der Barockzeit und ihre Türme
Nachbetrachtung zum Vortrag von Dr. Kathrin Ellwardt am 20.11.2015

WZ, 28.11.2015
Wie der Wal nach
Eppstein kam
und
ausgesuchte Relikte römischer Besiedlung in Mainz
Exkursion des RGHV am 19.
September 2015
Wie kam der Wal
nach Eppstein? Sicher war er nicht über Nordsee, Rhein und Main in den
Schwarzbach geschwommen, so Dr. Berthold Picard. Eher habe ihn ein
mittelalterlicher Reisender mitgebracht. Zunächst in der um 1577 zerstörten
Burgkapelle präsentiert, kam der linke Unterkiefer eines Finn- oder Blauwals
über Umwege ins Wiesbadener Museum. 2006 wurde eine Kopie davon am Inneren
Tor der Eppsteiner Burg angebracht. In Kirchen seien häufig Walknochen zu
finden gewesen in Erinnerung an Jonas im Bauch des Wals, womit eine
Verbindung zur Auferstehungsgeschichte geschaffen wird. In Eppstein lässt
sich der Knochen noch vorzüglich mit einer der Gründungssagen verknüpfen –
bestimmt eine Rippe des Riesen, der Bertha von Bremthal entführt und hier
gefangen gehalten hat!

Kopie
des Unterkiefer eines Wals am Inneren Burgtor der Burg Eppstein
Viele solcher Anekdoten würzten die Ausführungen zur
Baugeschichte der seit 927 n. Chr. belegten zunächst frühmittelalterlichen
Turmburg, zur Entwicklung der Stadt und der Herren von Eppstein, die seit
1419 Mitbesitzer von Rodheim waren.
Dr. Berthold Picard, früher
Bibliotheksrat in Frankfurt, Archivar und langjähriger Leiter des Eppsteiner
Heimatmuseums, Verfasser der Eppsteiner
Chronik, schöpfte aus dem Fundus seiner jahrzehntelangen historischen
Forschertätigkeit. Nach seinem Vortrag im Vorjahr über "Die Herren von
Eppstein und Eppstein-Königstein, ehemalige Landesherren von Rodheim" im
Faselstall rundete sich das Bild der knapp 30 Exkursionsteilnehmer nun vor
Ort in Eppstein ab. Das sehenswerte Museum in der Burg war dazu die perfekte
Ergänzung.
Ein Besuch der Talkirche wurde zum kleinen
musikalischen Highlight, die Organistin und eine Sopranistin übten gerade
und konnten vom lauschenden Publikum unerwarteten Applaus entgegen nehmen.

Gottfried VII. von Eppstein-Münzenberg, der 1. "Rodheimer Eppsteiner"
(Epitaph in der Talkirche
Eppstein)
Was gehört zu einem gelungenen Ausflug?
Natürlich die Einkehr zu einem guten Essen, von Margot und Dieter Mehring
wieder gekonnt ausgesucht und vorab erprobt! Ein herzliches Dankeschön dafür
und für die gelungene Organisation der Exkursion!
Die Freude war groß, als die Exkursionsteilnehmer
nach kurzer Busfahrt in Mainz von Pfarrer Alexander Liermann, unserem
ehemaligen Gemeindepfarrer, in Empfang genommen wurden.
Er führte die Gruppe zu einer
Auswahl der in Mainz vielfach erlebbaren römischen Spuren. Etwa
ab 16 v. Chr. drang ein
Stiefsohn
Augustus', Nero Claudius Drusus, ins
mittelrheinische Gebiet ein und etwa ab 12/13 v. Chr. wird die Errichtung
eines römischen Legionslagers auf den Höhen gegenüber der Mainmündung
vermutet, von hier aus nahm die Entwicklung von 'Mongontiacum' wohl ihren
Lauf. Der Drususturm am südlichen Zipfel der Zitadelle sei sein
favorisiertes Relikt der Römerzeit in Mainz, so Liermann, ein noch etwa 20 m
hoher Kenotaph (Scheingrab) für den genannten Drusus. Durch Liermanns
Ausführungen erschlossen sich den Zuhörern die Bedeutung eines solchen
Denkmals für den Kampfgeist der Truppe und für die Emotionen des einzelnen
Legionärs.

Vor dem Drususturm in Mainz
Römische Legionäre im kalten Germanien ohne Brot und
Spiele – undenkbar! Bereits 1884 stieß man beim Bau der Eisenbahn auf eine
Art Bühnenbau, 1916 erfolgte eine erste Suchgrabung, die belegte, dass es
sich dabei um Reste eines römischen Theaters handelt. Erst 1999 legte die
gezielte Ausgrabung des etwa 10.000 Zuschauer fassenden wohl größten
römischen Theaters nördlich der Alpen dessen Reste frei.
Weiter ging's zum Museums für Antike Schifffahrt, in
dem die fünf in den Jahren 1981 und 1982 gefundenen spätantiken römischen
Militärschiffe bestaunt und deren Restaurierung nachvollzogen werden
konnten, bevor Kaffee und Kuchen die gelungene Exkursion gemütlich
beschlossen.
Text und Bilder: Ute Veit

und
Drei-Städte-Jubiläum
20 Jahre Städtepartnerschaften mit
St.
Germain-lès-Corbeil (Frankreich) und Ciechanowiec (Polen)
Geschichtsverein
interkulturell und international
Am letzten Maiwochenende wurde in Rodheim bereits zum 21.
Mal das Internationale Freundschaftsfest gefeiert, das alljährlich vom
Vorstand des dortigen Rodheimer Geschichts- und Heimatvereins (RGHV)
organisiert und mit Unterstützung zahlreicher weiterer Personen und
befreundeter Vereine durchgeführt wird. Denn der RGHV ist nicht nur lokal-
und regionalgeschichtlich aktiv, sondern er sieht sich auch verpflichtet,
Lehren aus Fehlern in der Vergangenheit zu ziehen und intoleranten
Entwicklungen im gemeinschaftlichen Zusammenleben vorzubeugen.
Ein Schlüssel dazu ist die Schaffung von Plattformen
und Angeboten, wo alle Rodheimer und Rosbacher Mitbürger und Gäste,
gebürtige und solche mit ausländischer Herkunft, miteinander in Kontakt
kommen können. Ideale Anknüpfungspunkte dafür ergeben sich zum Beispiel,
wenn man sich auf eine kulinarische Entdeckungsreise bei seinen
internationalen Mitbürgern begibt – immerhin gibt es allein in Rodheim ca.
50 verschiedene Nationalitäten. Dafür konnte der RGHV in diesem Jahr
Anbieter mit sechs verschiedenen „Küchen“ gewinnen: Floran und Yosuf sowie
Fari und Khosro boten afghanische beziehungsweise iranische Köstlichkeiten
an. Europa war vertreten unter anderem mit finnischem Flammlachs,
französischer Quiche und Crêpes, polnischen Krakauern und Pierogies, und zum
ersten Mal dabei war Pino mit italienisch-kalabrischen Spezialitäten.
Für Unterhaltung auf der Bühne sorgte der
Eintracht-Kinderchor "Goldkehlchen" sowie die Kinder der Kita Regenbogen,
die mit Gabi Seifert-Kahl ein Tänzchen einstudiert hatten und das Publikum
erfreuten. Große Aufmerksamkeit war dem Jugendorchester COKiS aus der
polnischen Partnerstadt gewidmet, das ein umfangreiches Repertoire an
Folklore und eigenen Kompositionen im Gepäck hatte.
Der polnische „Bühnenbeitrag“ aus der weit entfernten
Rosbacher Partnerstadt war möglich geworden, da am gleichen Wochenende das
20jährige Partnerschaftsjubiläum zwischen Rosbach, St.-Germain-lès-Corbeil
(Frankreich) und Ciechanowiec (Polen) gefeiert wurde. Durch die
vorangegangenen Festivitäten konnte der RGHV-Vorsitzende Karsten Brunk auch
die Vertreter der Partnerstädte begrüßen, die zahlreich gekommen waren um
mitzufeiern und alte Kontakte aufzufrischen oder neue zu knüpfen.
Schon zur Kaffeezeit hatten sich die Plätze vor der
kleinen Bühne mit Besuchern gefüllt, die sich an der reichhaltigen
Kuchentheke im Faselstall bedienten oder sich am Abend ein Glas
wohlschmeckenden Weins einschenken ließen. Abendlicher Höhepunkt des
multikulturellen Treibens war schließlich der Auftritt der Folkgruppe
"tunefish", die in Rodheim längst keine Unbekannte mehr ist. Sie sorgte für
einen gelungenen Festausklang bei bester Laune.
Der Erlös der Veranstaltung wird wie immer gemeinnützigen oder karitativen
Zwecken zugeführt.
Text: Karsten Brunk
Bildimpressionen
zum 21.
Internationalen Freundschaftsfest am 30. Mai
Bilder: Karsten Brunk
Archäologielandschaft Frankfurt am Main
Nachbetrachtung
zum Vortrag von Dr. Andrea Hampel, Leiterin des Denkmalamtes in Frankfurt
Mitreißender und
informativer kann ein Überblick über die Boden-Denkmalpflege nicht sein. Dr.
Andrea Hampel ist tagtäglich mit den vielfältigen Facetten der hessischen
und speziell der Frankfurter
Boden- und Bau-Denkmalpflege beschäftigt und mit Herzblut dabei. Am Freitag,
dem 22. April 2015, ließ sie im
Forum Faselstall die Zuhörer beim Rodheimer Geschichts- und Heimatverein
teilhaben an ihrer spannenden Tätigkeit.
Die promovierte Archäologin Andrea Hampel, in
Frankfurt geboren und aufgewachsen, studierte an der Goethe-Universität und
jobbte schon zu dieser Zeit im Denkmalamt der Stadt,
das sie seit 1991 leitet. Unterstützt wird sie dabei von 15 weiteren
Mitarbeitern, eine im Land einzigartige Konstellation, gibt es doch sonst in
Hessen nur noch 5 weitere Kreisdenkmalpfleger. Ausgestattet mit einem Etat
von 350 Mill. Euro, werden von ihr zurzeit etwa 1.700
Bauvorhaben im ausgedehnten Stadtgebiet von Frankfurt archäologisch
begleitet und notwendig werdende Ausgrabungen selbst geleitet – eine
Mammutaufgabe, die aber immer wieder zu neuen und zum Teil sensationellen
Funden und Befunden geführt hat und führt.

In einem weit gespannten Bogen stellte Dr. Hampel
Funde von der Alt- über die Jungsteinzeit vor und berichtete über
Nachweise aus Bronze- und Eisenzeit, streifte die beeindruckende römische
Besiedlung Frankfurts und wusste Spannendes über merowingische
Siedlungsnachweise erzählen. Ihr persönliches Highlight aus dieser Zeit ist
das reich ausgestattete Mädchengrab des ausgehenden 7. Jahrhunderts aus dem
Frankfurter Dom, das sie 1992 gefunden hat.
Der
Domhügel als zentraler Ort, wurde mehrfach ergraben: im Archäologischen
Garten finden sich neben Relikten römischer Niederlassungen Reste des
merowingischen Königshofs, der karolingischen Königspfalz und
spätmittelalterlicher Keller.
Hampel erläuterte die Entwicklung der
Stadtbefestigung seit dem 11. Jahrhundert, die Staufermauer als deren
Erweiterung, die Landwehr des Hochmittelalters und rief die heute noch
sicht- und begehbaren Bauten ins Gedächtnis der Zuhörer. Immer im
historischen Bezug, gelang es ihr, ein lebendiges Bild der Stadtgeschichte
zu zeichnen.
Ganz nebenbei vermittelte sie moderne
Grabungstechniken, die den Blick in den Boden auch ohne Erdbewegungen
ermöglichen. Beeindruckend der Stadtwald, der durch Laserscan virtuell
seiner Bäume beraubt, den Blick auf etwa 400 Grabhügel frei gibt.
"Wir suchen uns unsere Grabungsstellen nicht, wir
werden gerufen", so Hampel. Durch die konsequente Verfolgung von Verstößen
gegen das Denkmalschutzgesetz durch die Stadt Frankfurt habe sich
mittlerweile ein Verständnis für die Wichtigkeit der Erfassung und des
Erhalts von Kulturgütern entwickelt.
Text und Bild: Ute Veit