Ober- und Nieder-Ingelheim sind und waren bedeutende Orte „auf der anderen Seite des Feldbergs“. Bereits auf der Hinfahrt konnte uns Jochen Beuck, Schriftführer des RGHV und Jurist, über die ‚Ingelheimer Haderbücher‘ (Hader = Streit) berichten, die zum Teil erhalten sind und die mittelalterliche Gerichtsbarkeit widerspiegeln.
In Ober-Ingelheim angekommen, präsentierte uns Gästeführer Hartmut Geißler die aktuelle Ausgrabung mit noch nicht eindeutig interpretierten Befunden der Merowingerzeit. Ein merowingisches Gräberfeld mit rund 3.200 Bestattungen in unmittelbarer Nähe belegt die vor-karolingische Besiedlung seit dem 6. Jahrhundert.
Dann ging es zur Burgkirche von Ober-Ingelheim, die mit einer mittelalterlichen Wehranlage umgeben ist und als eine der am besten erhaltenen befestigen Kirchenbauten gilt. Die Wehrmauer ist begehbar und so konnten die zahlreichen Um- und Erweiterungsbauten des hohen und späten Mittelalters, die sich nicht nur in den Stilelementen, sondern auch in den unterschiedlichen Höhen der Dachkonstruktion zeigen, aus nächster Nähe bestaunt werden.
Hinauf zum Restaurant am Bismarckturm zu einem guten Mittagessen bei bester Aussicht auf den Rheingau und kurzem Besuch im Tigergarten, wo den Großkatzen vom Restaurantbetreiber eine Heimstatt gegeben wird.
Am Nachmittag wurden wir in die karolingische Zeit entführt. In Nieder-Ingelheim finden sich Reste der bedeutenden Pfalzanlage, die auf Geheiß Karls des Großen im antiken Stil erbaut und von ihm mehrfach besucht wurde. Sein erster Besuch datiert ins Jahr 774. Friedrich Barbarossa ‚renovierte‘ die Pfalz im 12. Jahrhundert. Mauerreste der ausgedehnten Pfalzanlage sind teils oberirdisch erhalten und hervorragend restauriert oder als Bodenbefunde bekannt und im Straßenpflaster kenntlich gemacht.
Das Thema Reise-Königtum wurde in der anschließend besuchten Sonderausstellung „Der charismatische Ort – Stationen der reisenden Könige im Mittelalter“ vertieft, einer hochkarätigen Präsentation des politischen Wirkens der jeweiligen Herrscher anhand von Schriftstücken und teils originaler Funde.
Die Rotweinkönigin eröffnete pünktlich das Ingelheimer Rotweinfest, wo manch einer der Exkursionsteilnehmer gerne noch verweilt hätte!