Nach einer Busfahrt durch schöne Schwälmer Ortschaften und einer herausfordernden Auffahrt vom Fritzlarer Ortsteil Ungedanken zum Büraberg wurde die Exkursionsgruppe auf dem Gipfelplateau von der Stadtführerin Wicke, Mitglied der Stadtführergilde Fritzlar, begrüßt.
In einer mitreißenden Führung berichtete sie von der Besiedlungsstruktur des Büraberges seit der Jungsteinzeit – spätere eisenzeitliche und römische Befunde konnten bei archäologischen Untersuchungen belegt werden. Im frühen Mittelalter wurde hier die Büraburg als Grenzbefestigung zwischen sächsischem und fränkischem Hoheitsgebiet oberhalb einer Furt durch die Eder errichtet. Die Innenfläche von etwa 8 ha wurde mit einer starken Umgebungsmauer umfasst, in die mehrere Türme und drei Tore integriert waren.
Für Bonifatius, 722 n. Chr. vom Papst mit der Missionierung v.a. der Chatten beauftragt, diente die Büraburg als Operationsbasis, 742 n. Chr. erhob er die Büraburg zum ersten hessischen Bischofssitz, denn bereits um 600 n. Chr. war auf dem Gipfel-Plateau die St. Brigida-Kapelle erbaut worden, deren ältester Bauteil die erhaltene Chorbogenwand ist. „In diesem Raum stand Bonifatius“, so Frau Wicke.
Nach einem überwältigenden Blick vom Büraberg auf Fritzlar erreichten wir die beeindruckende Fachwerkstatt mit ihren vielen wunderbaren Gebäudeensembles, Türmen und Warten. Am Marktplatz gab es erst einmal ein schmackhaftes Mittagessen, bevor uns Frau Flemming, ebenfalls Mitglied der Stadtführergilde, zu einer kenntnisreichen Stadtführung in Empfang nahm. Auch Fritzlar verdankt seine Entstehung Bonifatius durch eine Kirchen- und Klostergründung. Am Kreuzungspunkt mehrerer mittelalterlicher Straßen gelegen, war Fritzlar bevorzugter Aufenthaltsort von Kaisern und Königen, v.a. im 11. und 12. Jhd. und bereits zur Zeit Karls des Großen war eine nicht erhalten gebliebene Pfalz erbaut worden. Viele Reichstage und Synoden hat Fritzlar erlebt.
Unweit der Stelle, an der Bonifatius die den Chatten heilige Donareiche fällen ließ, steht heute der beindruckende spätromanische Dom, dessen ältester Vorgängerbau ins 8. Jhd. datiert.
Voll interessanter Eindrücke blieb noch Zeit für einen Kaffee auf dem Fritzlarer Marktplatz in wunderbarer Spätsommersonne!
Gemeinsam sind wir stark! So hätte man die Fahrrad-Exkursion der beiden Rosbacher Geschichtsvereine überschreiben können. Dr. Michael Limlei vom Heimatgeschichtsverein Rosbach (HGV) und Dr. Karsten Brunk vom Rodheimer Geschichts- und Heimatverein (RGHV) hatten eine historisch interessante und sportlich nicht zu verachtende Exkursion zusammengestellt.
Die Rosbacher Teilnehmer waren bereits die Wegstrecke nach Rodheim geradelt, wo man sich am Bürgerhaus mit den Rodheimer Teilnehmern traf. Ganz in der Nähe, in der Wethgasse 14, stand die 1863 eingeweihte Synagoge. Sie wurde in der unmittelbaren Nähe der „Weth“ errichtet, war doch die Mikwe als rituelles Tauchbad mit fließendem Wasser Voraussetzung für die Ausstattung einer Synagoge. Es gibt keine Pläne aus der Bauphase der Synagoge, die auch den zur jüdischen Synagogengemeinde zählenden Mitbürgern aus Petterweil, Holzhausen und Ober-Rosbach als Gotteshaus diente, glücklicherweise aber eine Bauzeichnung von 1890, als das Gebäude mit einer Feuerungsanlage ausgestattet werden sollte. Dr. Brunk zeichnete ein Bild des jüdischen Lebens in Rodheim, das etwa 1640 erstmals nachgewiesen werden kann, bis nach der Zerstörung der Synagoge im Rahmen des Pogromgeschehens am 10. November 1938.
Der zur jüdischen Gemeinde gehörige Friedhof lag an der Weinstraße in (Burg)Holzhausen und war das nächste Ziel der Radler. Dort beeindruckte die Ruhe des Ortes. Die noch erhaltenen Grabsteine wurden später entlang der Außenbegrenzung aufgestellt, nachdem auch der Friedhof dem Pogromgeschehen 1938 zum Opfer gefallen war.
Nach einer etwas holprigen Fahrt wurde Ober Rosbach erreicht. Dort befindet sich oberhalb der Kapersburgstraße der hiesige jüdische Friedhof. Es gibt dort keine Grabsteine mehr, aber einen Gedenkstein und ein im letzten Jahr neu gestalteter sehr beeindruckender Eingangsbereich. Beides erinnert an die hier bestatteten jüdischen Bewohner, die soweit bekannt, namentlich genannt werden, sowie an die Geschichte der Juden in Ober-Rosbach. Unterlagen, die das jüdische Leben in Ober Rosbach genauer nachzeichnet könnten, seien nicht erhalten geblieben, so Dr. Limlei.
Zu der vierten von Dr. Karsten Brunk geleiteten Gemarkungswanderung des Rodheimer Geschichts- und Heimatvereins e. V. (RGHV) hatten sich am Vormittag 23 Personen auf dem Parkplatz „Bestattungswald“ beim Köpperner Hundesportplatz eingefunden. Von dort brachen wir mit einer kleinen Autokolonne, ausgestattet mit der erforderlichen Genehmigung, zum eigentlichen Startpunkt der Wanderung im Rodheimer Oberwald auf.
Unser erstes Ziel war das ehemalige Waldhaus am Graueberg. Hierbei handelt es sich um ein Jagdhaus aus dem 19. Jahrhundert, das von dem bekannten Bad Homburger Architekten Louis Jacobi entworfen worden war. Es diente den Homburger Kurgästen, die zur Jagd gehen wollten, als Unterkunft. Von dem kleinen Plateau am südöstlichen Abhang des Grauen Berges, auf dem das Haus errichtet worden war, muss „man eine wundervolle Aussicht auf die Nidda- und Maingegend“ gehabt haben. Heute wird der Blick allerdings durch einen schönen Buchenhochwald verstellt. Auch von dem „château de chasse de Rodheim“ (Jagdschloss von Rodheim), als das es sogar in einem zeitgenössischen französischen Reiseführer erwähnt wurde, ist heute außer einigen losen Steinen des Fundaments nichts mehr zu sehen. Als nächstes machten wir einen kleinen Abstecher zum Grauborn, einer mit Steinen eingefassten Quelle.
Bald darauf erreichten wir die sog. Grenzschneise. Hier erläuterte Karsten Brunk, dass Rodheim und Köppern seit dem Mittelalter ein großes Waldgebiet beiderseits dieser Schneise gemeinsam nutzten. Diese sog. Rodheim-Köpperner Mark wurde von einem Gremium aus dreizehn Personen verwaltet, an deren Spitze der Märkermeister und der Obermärker standen. Wegen der Waldnutzung kam es zwischen Köppern und Rodheim immer wieder zu Konflikten. Im 17./18. Jahrhundert war schließlich der Höhepunkt erreicht und es kam zur Teilung der Mark. Die 1738 neu gezogene Grenze zwischen dem Köpperner und dem Rodheimer Teil verlief genau entlang der jetzigen Grenzschneise, an der noch heute zahlreiche Grenzsteine zu finden sind.
An der Fuchslöcher-Hütte erwartete uns schon ein Team des RGHV, das uns mit Brötchen, warmem Fleischkäse sowie Kuchen und Getränken versorgte. Hier gesellte sich auch Bürgermeister Maar zu uns, der uns nach der Mittagspause noch bis zum Aussichtpunkt am Quarzit-Steinbruch begleitete. Von dort hat man einen grandiosen Blick auf das riesige Abbaugebiet. In seinen erdgeschichtlichen Erläuterungen führte Karsten Brunk aus, wie es zur Entstehung des Taunus-Quarzits kam, der hier bereits seit 1901 gebrochen wird. Heute wird der Steinbruch, dessen Wände bis zu 150 Meter in die Höhe ragen, von der Firma Holcim betrieben.
Wir folgten dann weiter der Grenzschneise, bis wir schließlich einen Dreimärker erreichten. Dieser Grenzstein markiert den westlichsten Punkt der Rodheimer Gemarkung, an dem die drei Gemarkungen von Rodheim, Köppern und Wehrheim aneinanderstoßen. Dieser Stein zeichnet sich durch eine Besonderheit aus, denn er befindet sich im Graben des Limes, jener römerzeitlichen Grenzmarkierung, die früher auch als Pfahlgraben bezeichnet wurde. Der Limes diente nach dem Abzug der Römer auch im Mittelalter noch über Jahrhunderte als Grenzmarkierung zwischen verschiedenen Gemarkungen bzw. Hoheitsgebieten. Obwohl diese Grenze deutlich zu erkennen ist, kam es bei einem Grenzgang im Jahr 1752 genau am Standort des Dreimärkers zum Streit zwischen der Abordnung von Rodheim und der von Wehrheim über den genauen Verlauf. Über diese Auseinandersetzung berichtet ein Protokoll dieses Grenzgangs, aus dem Karsten Brunk zitierte, sehr anschaulich: Bei Grenzgängen hatten sich die Vertreter eines Ortes nur auf ihrem eigenen Gebiet aufzuhalten, durften die Grenze also nicht überschreiten. Der Streit entzündete sich nun daran, dass sich die Wehrheimer Teilnehmer auf den Wall des Limes stellten, während die Rodheimer den Wall noch als ihr Hoheitsgebiet ansahen, denn nach ihrer Auffassung verlief die Grenze in der Mitte des Grabens, so dass der Wall noch zu Rodheimer Gebiet gehörte. Der Konflikt konnte gerade noch friedlich beigelegt werden.
Es ist erstaunlich, dass Wall und Graben des Limes noch heute nach knapp 2000 Jahren immer noch gut im Gelände zu erkennen sind. Wir folgten diesem bedeutenden historischen Bauwerk, zu dem auch noch erhaltene Reste von Wachtürmen gehören, noch ein Stück und erreichten am Nachmittag wieder unsere Autos.
Erneut ging es dieses Mal – nach der letzten Tagesexkursion des RGHV nach Ingelheim im Vor-Corona-Jahr 2019 – nach Rheinhessen. Oppenheim und Worms waren die Ziele.
Nach einer spätsommerlich-morgendlichen Fahrt am Rhein entlang wurde Oppenheim erreicht. Der Ort besticht durch sein Stadtbild, geprägt von der gotischen Katharinenkirche, die im 13. Jahrhundert erbaut wurde und die schöne historische Altstadt krönt. Unmittelbar hinter der Kirche in der Michaelskapelle das Beinhaus, eines der größten überhaupt, in das aus Platzmangel auf den Friedhöfen vom 15. bis Mitte des 18. Jahrhunderts die Skelette von etwa 20.000 Oppenheimern umgebettet worden waren. Danach erkundeten wir das „Oppenheimer Kellerlabyrinth“, ein einzigartiges Kulturdenkmal, das zwischen dem 12. und 17. Jahrhundert als Weinkeller und Lagerplatz gebaut wurde, kilometerlang, verschachtelt, aneinandergereiht, teilweise in mehreren Stockwerken übereinander angelegt.
Gestärkt durch ein gutes Mittagessen im Deutschen Weinbaumuseum zog es einige der Teilnehmer hinauf zur Ruine der Burg Landskron, während sich die anderen die Vielfalt der Exponate im Museum ansahen. Vom Traktor bis zur Mausefalle – es ist alles da!
Nachmittags nahm uns die Stadtführerin Frau Aßmann-Weinlich in Worms in Empfang und begleitete uns kenntnisreich durch die Stadt. Das UNESCO-Welterbe der jüdischen Zeugnisse in Worms war das Thema der Führung. 2021 waren die Relikte jüdischen Lebens der sogenannten SchUM-Städte (Mainz, Worms und Speyer) durch die UNESCO als 50. Welterbestätte in Deutschland erklärt worden. So führte unser Weg vom jüdischen Viertel mit der Judengasse und der beeindruckenden Synagoge, die auch von innen besichtigt werden konnte, zum jüdischen Friedhof „Heiliger Sand“, dem ältesten am Ort erhaltenen jüdischen Friedhof in Europa. Ebenfalls erhalten ist die Mikwe, das Ritualbad, die aber derzeit saniert wird und daher nicht besucht werden kann.
Ein toller Abschluss der Fahrt war die Einkehr ins Weingut Göhring in Flörsheim-Dalsheim zur Vesper mit Weinprobe, wo wir freudig empfangen wurden. Von dort kam 2005 im Jahr unserer 1200-Jahrfeier der „Jubiläumswein“, eine freundschaftliche Verbindung mit dem RGHV besteht seit Jahren.
Die Kelten, ihre Kultur und Lebensart, ihre Handelsbeziehungen, ihre Begräbnissitten und Jenseitsvorstellungen waren Thema eines Veranstaltungskomplexes des RGHV am 5. und 6. Mai 2023.
Stephan Medschinski, seit mehr als zwei Jahrzehnten am Glauberg und seit dessen Eröffnung 2011 im Glauberg-Museum tätig, quasi „ein Mann der ersten Stunde“, referierte am 5. Mai über die Entdeckung und die Bedeutung der drei Fürstengräber. Vor etwa 2500 war das exponiert liegende Plateau des „Tafelbergs“ Glauberg keltisch besiedelt auf einer etwa 12 Hektar großen Fläche, umgeben von einer 2 km langen hohen Schutzmauer. In den wissenschaftlichen Fokus rückte der Glauberg, nachdem Ende der 1980-er Jahre luftbildarchäologisch dort ein eingeebneter großer Grabhügel entdeckt wurde. Ausgrabungen förderten 3 Gräber mit herausragenden Grabbeigaben zutage. Die Sensation war perfekt, als 1996 am Grabhügel die lebensgroße Statue des „Keltenfürsten“ ausgegraben wurde, dessen steinerne Ausstattung sich in den Grabbeigaben in Grab 1 wiederfindet, die Waffen, der Schmuck und Teile der Mistel-Blattkrone, die den Bestatteten auch als einen frühen Druiden ausweisen könnte.
Die Theorie wurde durch Stephan Medschinki am Folgetag im Glauberg-Museum lebendig. In einer spannenden Führung konnten sich die Teilnehmer ein Bild von der hohen handwerklichen und künstlerischen Qualität der Grabbeigaben machen, die zum Teil im Rahmen der rekonstruierten Fundsituation dargestellt waren. Mit einem Blick vom Dach des Museums auf den Grabhügel, die Prozessionsstraße und in die Weite der rapsblühenden Landschaft verabschiedete der Referent die Teilnehmer zu Kaffee und Kuchen im Bistro. Bei ihm und der als Gast zum Vortragsabend gekommenen Direktorin der Keltenwelt am Glauberg, Frau Dr. Vera Rupp, die engagiert Aus- und Rückblicke in die Arbeit des Museums gab, bedankt sich der RGHV herzlich.
Mindestens 120 Teilnehmer strömten auf den Rodheimer Marktplatz am Kirchturm, wo am 9. Juli ein historischer Ortsrundgang seinen Ausgang nahm. Im Laufe der Begrüßung und Einführung durch den RGHV-Vorsitzenden Dr. Karsten Brunk und Schriftführer Joachim Beuck trafen außerdem noch die rund 20 Gäste aus den Rosbacher Partnerstädten Netschkau (Vogtland), Saint-Germain-lès-Corbeil (Frankreich) und Ciechanowiec (Polen) ein. Der Rodheimer Geschichts- und Heimatverein hatte im Rahmen der Festlichkeiten zum 50-jährigen Stadtjubiläum von Rosbach v. d. Höhe zu dieser Führung eingeladen. Und die Rodheimer Landfrauen boten mit ihrem Kaffee-Kuchen-Angebot auf dem Marktplatz eine überaus willkommene kulinarische Ergänzung dazu an.
Sechs markante Ziele innerhalb der Mitte des 19. Jahrhunderts abgerissenen mittelalterlichen Ortsbefestigung wurden angesteuert. Zunächst die untere Wethgasse, wo über frühere Großbrände und Löschwasserversorgung informiert wurden. In unmittelbarer Nähe befand sich auch die im Pogromgeschehen am 10. November 1938 niedergebrannte Synagoge, an die ein Gedenkstein dort erinnert. Weiter ging es zur Hauptstraße zum Standort der frühesten lutherischen Kirche und über den Park, der bis 1906 der Rodheimer Friedhof war, zur Pfortgasse. Dort stand ehemals das Obertor der ab 1362 gebauten Ortsbefestigung. Im letzten Jahr war im Rahmen von Straßenbauarbeiten eine archäologisch begleitete Grabung erfolgt mit neuen Erkenntnissen zur Bausituation.
Nächstes Ziel war die Alte Schule (seit 2001 Kita „Alte Schule“) in der Junkergasse, die 1864 als erste staatliche Schule erbaut worden war, wie der nahe Junkernhof auf damals Bellersheim’schen Grund. Die Herren von Bellersheim waren im 16. Jahrhundert von dem wüst gefallenen Ort Stürzelheim nach Rodheim übergesiedelt.
Über die Königstraße, wo an einer Stelle noch ein kleines Stück der alten Ortsbefestigung zu sehen ist, zur Thurngasse, dem Standtort des ehemals markanten Kriminalturms, vom dem heute keine Reste mehr erhalten sind. Wir kennen ihn aber aus der Ortsansicht von 1714. Letzte Station waren die Evangelische Kirche und das ehemalige Hanauer Amtshaus, das spätere Rodheimer Rathaus, und danach rief zum gemeinsamen Ausklang das köstliche Kuchenbuffet der Rodheimer Landfrauen!
Wie im vergangenen Jahr hat der RGHV im Rahmen der Aktion Stadtradeln 2022 wieder eine Radtour angeboten. Unter dem Motto „Rosbach rollt – Auf die Räder, fertig, los!“ fanden sich dazu am 26. Mai zahlreiche Teilnehmer auf dem Rodheimer Marktplatz ein. Nach einem Abriss zur Ortsgeschichte durch das Vorstandsmitglied Joachim Beuck, ging es unter der Leitung des RGHV-Vorsitzenden Dr. Karsten Brunk auf einen 20 km langen Rundkurs durch die Landschaft.
Entlang der Fahrtstrecke der Radtour „Geschichte unserer Kulturlandschaft“ gab es an einer Reihe von Punkten Wissenswertes zur Geschichte der Landschaft und deren vielfältige und nachhaltige Überprägung durch die menschliche Nutzung zu vermitteln. Hier nur eine Auswahl der vor Ort erläuterten Merkmale und Erscheinungen, wie die Entstehung von Wüstungen und Hohlwegen, die Entstehungs- und Nutzungsgeschichte des Alten Berges, die Entwicklung und Ausprägung von Hoheits- und Gemarkungsgrenzen, die Geschichte der Altstraßen in der Region, die Spuren der Gewinnung von Lehm, Sand, Kies und Steinen in der Landschaft, die Grabhügel aus der Bronzezeit und ein Rückblick über die geologische Entwicklung des Senkungsgebietes Wetterau mit ihren seit Jahrtausenden geschätzten Vorzügen.
Das Gras ist regennass und es ist kalt am 30. April – dennoch starten unter der Leitung von Karsten Brunk am späten Vormittag rund 30 Personen zu einer geschichtlichen Wanderung durch die ehemalige Stürzelheimer Terminey und bis zu den Rodheimer Mühlen am Erlenbach. Das an Burgholzhausen angrenzende Gebiet der Wüstung Stürzelheim ist heute Teil der Rodheimer Gemarkung.
Jenseits der Stürzelheimer Weide war bald der noch genau lokalisierbare Standort des burgartigen Hofes der Familien von Stürzelheim bzw. von Bellersheim erreicht. Das Anwesen im „Großen Garten“ hatte sogar den Wüstungsprozess im Gefolge der Pestwellen in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts überdauert, von dem der Weiler Stürzelheim betroffen war. Spätestens im Laufe des 16. Jahrhunderts haben die von Bellersheim aber im befestigten Nachbarort Rodheim Besitz erlangt und später dort auch Wohnrecht erhalten. Das Anwesen Junkernhof zeugt bis heute davon.
Nächster Standort der Wanderung war die sogenannte Stürzelheimer Landwehr an der Grenze mit Burgholzhausen. Wie häufig und nachhaltig um den exakten Verlauf der Grenzmarken gestritten wurde, und das auch mit direkten Eingriffen und Disputen vor Ort, konnte mit Zitaten aus Grenzgangsprotokollen und mit Grenzrissen (Karten) dokumentiert werden. Entlang der letztlich seit 1783 ausgesteinten Gemarkungsgrenze ging es weiter bis an die Weinstraße, wo die Grenze der Stürzelheimer Landwehr im rechten Winkel nach Norden abknickt.
Der Weinstraße folgend, war an dieser historischen Wagenstraße oberhalb des Steilufers des Erlenbachs schon früh eine Schutzburg entstanden, die sogenannte Alte Burg von Holzhausen. Die Burganlage war bereits 1241 zerstört und nie wieder aufgebaut worden. Einige Personen mit dem Namenszusatz der damals ansässigen Lehensleute auf der Burg und im benachbarten Holzhausen, die sich ab etwa 1200 als von Holzhausen bezeichneten, haben vor allem im Stadtadel von Frankfurt nachhaltige Spuren hinterlassen.
Spätestens im 18. Jahrhundert sind die Burggräben verschüttet worden, auf deren südlichen Abschnitten später der Friedhof der Rodheimer Synagogengemeinde, zu der u.a. auch Burgholzhausen gehörte, angelegt wurde. Um 1830, 1842 und 1882/83 kam es zu Erweiterungen des Areals, das in der Nacht zum 10. November 1938 Nazi-Schergen geschändet und zerstört haben.
In Anbetracht des kühlen Wetters war anschließend eine Picknick-Pause am Erlenbach sehr willkommen. Im Windschutz eines Pavillons hatten hier Margot Mehring und Ute Veit etwas Leckeres zum Verzehr im Angebot.
Auch Rodheim hat mindestens eine ehemalige Mühle am Erlenbach, nämlich die Dickmühle. Sie wurde, wie auch die oberhalb am gleichen Mühlgraben liegende Tannenmühle, über lange Zeit von Müllern der Familie Vorbach betrieben, von denen seit langem ein Zweig bis heute in Rodheim beheimatet ist. Unterschiedliche Auffassungen gibt es seit Jahrhunderten bezüglich der territorialen Zugehörigkeit der Tannenmühle (auch bekannt als gebrannte Mühle oder Grunermühle). Also wieder Streitigkeiten mit teilweise kuriosen Ereignissen, die ihren Niederschlag in historischen Grenzrissen und Protokollen gefunden haben. Noch heute teilt die Gemarkungsgrenze das Gelände der seit 1959 nicht mehr betriebenen Mühle.
Auf dem Rückweg über den alten Mühlweg war schließlich ein Bauwerk auf dem Stotzenberg der letzte Haltepunkt. Der mit „Wasserversorgung Rodheim und Holzhausen 1927“ beschriftete Hochbehälter gehört zu den wichtigsten Meilensteinen in der langen Geschichte der örtlichen Wasserversorgung, als eine neue Wasserleitung aus Ober-Rosbach die Trinkwasserversorgung aus den innerörtlichen Brunnen ersetzte. Zu dem 1928 fertiggestellten Großprojekt gehörte neben individuellen Hausanschlüssen für das Leitungswasser auch der Bau einer Kanalisation. Bemessungsgrundlagen für den Wasserverbrauch waren bis 1953 nicht die tatsächlichen Wassermengen in m³, sondern Kriterien wie u.a. die Personenzahl im Haushalt, das Vorhandensein von Bad/Klo und die Anzahl an Stück Großvieh/Kleinvieh.
Unter dem Motto „Rosbach rollt“ nimmt die Stadt Rosbach v.d. Höhe auch in diesem Frühsommer wieder an der deutschlandweiten Klimaaktion STADTRADELN teil. Mit Unterstützung verschiedener Vereine und Organisationen wurden interessante Radtouren angeboten. So führte der Rodheimer Geschichts- und Heimatverein (RGHV) mit Unterstützung des Heimatgeschichtsvereins Rosbach (HGV) am 3. Juni eine Geschichts- und Landschaftstour durch die Rosbacher Gemarkung durch. Geleitet wurde sie von Dr. Karsten Brunk, dem Vorsitzenden des RGHV, der die Route auch ausgearbeitet hatte.
Pünktlich um 14.00 Uhr versammelten sich an der Adolf-Reichwein-Halle in Rosbach die angemeldeten Tour-Teilnehmer. Schon nach einer kurzen Wegstrecke gab es den ersten Halt. An der Wasserburg in Nieder-Rosbach wurden die Radler von Dr. Michael Limlei, Vorstand des HGV, begrüßt. Danach informierte sein Vereinskollege Herr Heinz Rahn über die wechselvolle Geschichte der Wasserburg.
Nachdem die Gruppe Nieder-Rosbach verlassen hatte, erreichte sie eine Anhöhe am Rande der ehemaligen Kiesgrube “Auf dem Köppel“. Von dort konnte sie einen wunderbaren Ausblick über die Wetterau bis hin zum Vogelsberg genießen. Dieser Standort bot Dr. Karsten Brunk die Gelegenheit, anschaulich die geologischen Ursachen, die zur Entstehung dieser Landschaft geführt hatten, zu erläutern.
Die nächste Station der Radtour waren die Hügelgräber im Beinhardswald. Dieses vorgeschichtliche Grabhügelfeld war hier in der Bronze- oder frühen Eisenzeit angelegt worden – wie damals üblich auf Anhöhen. Leider hat es immer wieder Grabräuber gegeben, die Hügelgräber im Laufe der Zeit ausgeplündert hätten.
Von hieraus führte die Route entlang von Getreidefeldern bis zum Hamstergraben östlich von Rodheim. Hier stellte Dr. Karsten Brunk den Teilnehmern den unsichtbaren „vierten und ältesten Ortsteil“ in der Rosbacher Gemarkung vor. Es handelt sich um den heute nicht mehr existierenden Ort Leichen (auch Lichen), der im Jahr 775 erstmals urkundlich erwähnt und vermutlich im Spätmittelalter aufgegeben wurde. Noch heute deuten alte Flurnamen, wie „Hinter der Leicher Kirche“ oder „Im Leicher Feld“, auf die Existenz dieses Ortes hin. Auch wenn von dem Ort selbst nichts mehr zu erkennen ist, so zeichnet sich die Leicher Straße, eine wichtige Nord-Süd-Verbindung in der Wetterau, durch eine deutlich sichtbare Vertiefung im Gelände ab.
Der nächste Halt in Rodheim war nun schnell erreicht. Dort auf dem Marktplatz angekommen, berichtete Herr Joachim Beuck vom RGHV-Vorstand den Teilnehmern, dass Rodheim dank eines Privilegs Kaiser Karl IV mit einer mittelalterlichen Befestigung versehen werden konnte, deren Mauer den Ort umschloss und nur von den beiden Toren, dem Ober- und dem Untertor, unterbrochen wurde. Joachim Beuck wies darauf hin, dass zu dieser Zeit der Marktplatz noch ein ganz anderes Aussehen gehabt hatte. Zwei Gebäude, die prägend für diesen Platz waren, nämlich das alte Rathaus und die spätmittelalterliche Kirche seien im 19. Jahrhundert abgerissen worden. Da auch der Nachfolgebau der Kirche bereits in den 1950er Jahren wegen Baufälligkeit ebenfalls abgebrochen wurde, entstand die heutige Situation, dass der mittelalterliche Kirchturm nun ohne Kirchenschiff dasteht.
Außerhalb von Rodheim folgte die Tour zunächst dem Kreuzweg. Dort machte Herr Dr. Karsten Brunk die Gruppe auf die rechts vom Weg gelegene „Lettkaut“ aufmerksam. An dieser Stelle wurde, wie an vielen Stellen in der näheren Umgebung von Rodheim, früher Lehm für die Ziegelherstellung abgebaut. Möglicherweise gehen die Anfänge der Abgrabungen auch schon auf das Mittelalter zurück, als die Töpfer der nahe gelegenen Wüstung Wirtheim hier ihren Rohstoff gewannen.
Weiter Richtung Westen fahrend, erreichte die Gruppe schließlich die Weinstraße, der sie dann nordwärts folgte. Deren Name hat nichts mit dem Getränk zu tun, sondern leitet sich von „Wän“ oder „Waan“ für Wagen ab und bedeutet somit eigentlich „Wagenstraße“. Am westlichen Rand des Beinhardswaldes wies Dr. Karsten Brunk auf tiefe Geländeeinschnitte (Hohlwege) hin. Hierbei handelt es sich um die deutlich sichtbaren Errosionsspuren, die eine Jahrhunderte dauernde Benutzung der Weinstraße hervorgerufen hatte.
Südwestlich von Ober-Rosbach gab es nochmals auffällige Geländeformationen zu betrachten. Sie sind, wie Dr. Karsten Brunk ausführte, Zeugnisse des früheren Bergbaus in diesem Gebiet. Bis in die 1920er Jahre wurde dort Manganerz gewonnen und zwar sowohl bergmännisch als auch im Tagebau. Sichtbar geblieben sind nur die Abraumhalden.
Als letzte Station entlang der ca. 3-stündigen Rundtour erreichten die Radler den Marktplatz von Ober-Rosbach. Hier wurden sie wieder von Mitgliedern des HGV erwartet, von denen Herr Horst Pauly Interessantes über die Gebäude rings um den Marktplatz zu berichten hatte. Nachdem die Gruppe anschließend die 1883 in Ober-Rosbach gepflanzte Luthereiche passiert hatte, kehrte sie mit gut 18 Radelkilometern zum Startpunkt zurück.
Ober- und Nieder-Ingelheim sind und waren bedeutende Orte „auf der anderen Seite des Feldbergs“. Bereits auf der Hinfahrt konnte uns Jochen Beuck, Schriftführer des RGHV und Jurist, über die ‚Ingelheimer Haderbücher‘ (Hader = Streit) berichten, die zum Teil erhalten sind und die mittelalterliche Gerichtsbarkeit widerspiegeln.
In Ober-Ingelheim angekommen, präsentierte uns Gästeführer Hartmut Geißler die aktuelle Ausgrabung mit noch nicht eindeutig interpretierten Befunden der Merowingerzeit. Ein merowingisches Gräberfeld mit rund 3.200 Bestattungen in unmittelbarer Nähe belegt die vor-karolingische Besiedlung seit dem 6. Jahrhundert.
Dann ging es zur Burgkirche von Ober-Ingelheim, die mit einer mittelalterlichen Wehranlage umgeben ist und als eine der am besten erhaltenen befestigen Kirchenbauten gilt. Die Wehrmauer ist begehbar und so konnten die zahlreichen Um- und Erweiterungsbauten des hohen und späten Mittelalters, die sich nicht nur in den Stilelementen, sondern auch in den unterschiedlichen Höhen der Dachkonstruktion zeigen, aus nächster Nähe bestaunt werden.
Hinauf zum Restaurant am Bismarckturm zu einem guten Mittagessen bei bester Aussicht auf den Rheingau und kurzem Besuch im Tigergarten, wo den Großkatzen vom Restaurantbetreiber eine Heimstatt gegeben wird.
Am Nachmittag wurden wir in die karolingische Zeit entführt. In Nieder-Ingelheim finden sich Reste der bedeutenden Pfalzanlage, die auf Geheiß Karls des Großen im antiken Stil erbaut und von ihm mehrfach besucht wurde. Sein erster Besuch datiert ins Jahr 774. Friedrich Barbarossa ‚renovierte‘ die Pfalz im 12. Jahrhundert. Mauerreste der ausgedehnten Pfalzanlage sind teils oberirdisch erhalten und hervorragend restauriert oder als Bodenbefunde bekannt und im Straßenpflaster kenntlich gemacht.
Das Thema Reise-Königtum wurde in der anschließend besuchten Sonderausstellung „Der charismatische Ort – Stationen der reisenden Könige im Mittelalter“ vertieft, einer hochkarätigen Präsentation des politischen Wirkens der jeweiligen Herrscher anhand von Schriftstücken und teils originaler Funde.
Die Rotweinkönigin eröffnete pünktlich das Ingelheimer Rotweinfest, wo manch einer der Exkursionsteilnehmer gerne noch verweilt hätte!