Vortrag

am

13.10.2023

Rodheim am Äquator

Spannender Vortrag von Dr. Karsten Brunk zur Geschichte der Natur- und Kulturlandschaft von Wetterau, Taunus und Vogelsberg

Referent: Dr. Karsten Brunk

Dr. Brunk erläuterte zunächst die Wetterausenke als die nördliche Fortsetzung des Oberrheingrabens, des etwa 300 km langen und bis zu 40 km breiten Grabenbruchs zwischen Basel und Frankfurt am Main. Die Gesteine des angrenzenden Taunus waren ehemals in einem Meeresbecken abgelagert und anschließend als Teil des Rheinischen Schiefergebirges aufgefaltet und zu Schiefer und Quarzit umgewandelt worden. Wesentlich jünger ist der Vogelsberg-Vulkan, dessen ausgedehnte Basaltdecke das größte geschlossene Basaltmassiv in Europa ist. Seine Entstehung, wie auch die Heraushebung des Taunus als Mittelgebirge, steht in Zusammenhang mit dem Einbruch des Oberrheingrabens im Erdzeitalter des Tertiärs.

Zum Verständnis der langwierigen und großräumigen erdgeschichtlichen Entwicklung ging Karsten Brunk auch auf die Theorie der Plattentektonik ein. Die Erdplatten „schwimmen“ quasi auf dem Erdmantel und können sich wie Meereisschollen aneinander vorbei-, voneinander weg- oder aufeinander zubewegen und dabei kollidieren. Die Umrisse und die Lage der Erdplatten auf dem Globus unterlagen dadurch im Laufe der seit mehreren 100 Millionen Jahren rekonstruierten Entwicklung einem vielfältigen Wandel. Der Referent hat es fertiggebracht unsere Heimatregion während dieser Zeitreise von der Südhalbkugel bis ins heutige Mitteleuropa zu lokalisieren und zu verfolgen, und wahrhaftig, hätte es Rodheim vor 300 Mio. Jahren schon gegeben, es hätte nahe am Äquator gelegen!

Waren die natürlichen Veränderungen im Laufe der Erdgeschichte langwierige Prozesse, nahm das Geschehen nach der letzten Kaltzeit im Holozän Fahrt auf. Mit dem Beginn der Sesshaftwerdung des Menschen in der Jungsteinzeit kam es durch die zunehmende landwirtschaftliche Nutzung, später durch den Abbau notwendiger Rohstoffe, sei es zur Material- oder zur Energiegewinnung, zu gravierenden Umbauprozessen der Natur- zur Kulturlandschaft.

Die Wetterau gehört als klimatisch günstig gelegene und fruchtbare Region dabei zu den bereits besonders früh besiedelten Gebieten. Die Dynamik der Veränderungen steigerte sich mit Beginn der Industrialisierung vor etwa 200 Jahren und hat sich in den letzten Jahrzehnten weiter beschleunigt. Auffallend leise wurde es im großen Auditorium, als der Referent die fatalen Auswirkungen der immer stärker werdenden menschlichen Einflussnahme auf Natur und Umwelt im lokalen, wie im globalen Bezug darstellte. Wir sind im Anthropozän angekommen, einer Epoche, in der der Mensch zur wichtigsten formenden Kraft auf unserem Planeten geworden ist.