Vortrag

am

24.10.2008

Von Rodheim in die Welt

Vortrag von Manfred Bausum (RGHV) am 24.10.2008

Einen spannenden Abend erlebten die zahlreichen Zuhörer am 24. Oktober im Rodheimer Bürgerhaus, als Vereinsmitglied Manfred Bausum sie mit auf die Lebensreise seines Vorfahren Johann Georg Bausum nimmt. Etwa 50 Jahre Recherchen und „Puzzlearbeit“ sind dem hervorragend dargebrachten Vortrag vorausgegangen. Manfred Bausum war auf seinen Vorfahren bereits 1958 während Aufräumungsarbeiten im Rodheimer Pfarrarchiv aufmerksam geworden. Der Bleistiftvermerk „nach England“, neben dem Geburtseintrag des Vorfahren, musste die Neugier des Geschichtsvereins-Mitgliedes wecken.

John George Bausum – wie er sich später nennt – wird am 8. Juni 1812 als Sohn eines Leinewebers geboren. Doch was veranlasst ihn, in Alter von 22 Jahren „von Rodheim in die Welt“ zu ziehen?

Manfred Bausum zeichnet seinen Zuhörern zunächst ein lebendiges Bild der Lebensumstände in unserer Region im ersten Drittel des 19.Jahrhunderts: Eine karge Kindheit als Weber-Sohn in Zeiten schwindender Absatzmärkte infolge zunehmender Industrialisierung, die Verarmung nach dem Tod des Vaters. Die politische Umbruchzeit des Vormärz, 1830 mit Bauernunruhen in nahe liegenden Orten, die, militärisch niedergeschlagen, als „Blutbad von Södel“ in die Geschichte eingehen.

Die religiöse Entwicklung mit Erweckungspredigten des katholischen Holzhäuser Pfarrers Helfrich, die eine mächtige Geistesbewegung ins Rollen bringen, und zuletzt von 4000-5000 Herbeigeströmten gehört werden. Höchst suspekt für Landeskirche und Landesregierung! Repressalien folgend tritt Helfrich , das „begabte Talent und Hoffnungsträger unter den jungen Priestern“, 1835 mit 46 seiner Gemeindemitglieder zum evangelischen Glauben über.

Möglicherweise war Letzteres auslösender Faktor für die Auswanderung, denn die Spur von Johann Georg Bausum findet sich in der London Missionary Society wieder, wo er eine Ausbildung zum Missionar erhält. Eine von der Angelikanischen Kirche angetragene Ordination lehnt er aus inhaltlichen Gründen ab und bleibt zeitlebens freier Missionar.

Sein Weg führt ihn nach Südostasien, wo er auf der malaiischen Halbinsel zunächst außerhalb, später innerhalb des British Empire als Missionar tätig wird. Er heiratet Maria Tarn Dyer, eine verwitwete Missionarin, die 1845 in einem Brief schreibt: „Aber mein himmlischer Vater hat in seiner unendlichen Gnade und Barmherzigkeit einen wahrhaft ergebenen Missionar, Mr. Bausum, mir seine Hand antragen lassen und – ich habe seinen Antrag angenommen“. Mit ihr übernimmt er in eigener Verantwortung eine große durch die politischen Wirren des Opiumkrieges verwaiste Missionsstation in Penang. Beide erweisen sich als überaus tüchtig, doch im ersten aufblühenden Erfolg stirbt Maria 1846.

Im Mai 1848 tritt er erneut in den Ehestand mit der 30-jährigen Miss Jemima Poppy, ebenso Missionarin. 5 Kinder werden dem Ehepaar geschenkt, von denen zwei früh sterben. Das Ehepaar führt die Missionsstation weiter, beide betreiben Schulen, die von 80 Jungen und 30 Mädchen besucht werden, darunter Waisen, die völlig von den Bausums abhängig sind. Am 1. August 1855 stirbt John George Bausum in den Armen seiner Frau. Er wird in Penang beerdigt. Sein Grabstein steht noch heute.

Die Nachfahren leben über die USA verstreut, mit manch einem von ihnen steht Manfred Bausum in Kontakt. Die Lebenstüchtigkeit von John Georg Bausum belegt nicht zuletzt der Nachlass-Verkauf der zur Missionsstation gehörenden Ländereien: 60.000 qm bepflanzt mit 900 Muskatbäumen, 350 Gewürznelkenpalmen, 27 Kokospalmen, 200 Betelpalmen und angeschlossener Baumschule!