Nach dem vom Rodheimer Geschichts- und Heimatverein (RGHV) am Vortag organisierten Internationalen Freundschaftsfest hatte der RGHV am Sonntag, dem 17. Juni 2012, zu einem Tag der Offenen Tür – oder eher der „Offenen Türen“ – eingeladen. Anlass war das 30jährige Vereinsjubiläum sowie der erfreuliche Umstand, dass die Vereinsräumlichkeiten bis zum Frühjahr 2012 nach jahrelanger Enge endlich den tatsächlichen Bedürfnissen angepasst werden konnten. Dies wollte man der Öffentlichkeit im Rahmen mehrerer Führungen vorstellen.
Zu besichtigen waren die neuen Magazinräume der Rodheimer Sammlung im Obergeschoss des alten Rathauses, in denen auch das Inventar der alten Rodheimer Apotheke durch Ute Veit präsentiert wurde. Dieter Mehring hatte die Führungen durch den neuen Veranstaltungsraum „Forum Faselstall“ und das Rodheimer Gemeindearchiv im Gebäude des Faselstalls übernommen, wo die Mitglieder des Geschichtsvereins im Auftrag der Stadt als ehrenamtliche Archivverwalter tätig sind.
Den Auftakt des Festtages bildete bei herrlichem Sonnenschein ein origineller Gottesdienst auf dem idyllischen Gelände um den Faselstall, der vom Posaunenchor umrahmt wurde. Auch bei der anschließenden musikalischen Frühschoppen-Begleitung war der Posaunenchor wieder aktiv. Zur Bewirtung der Gäste und Besucher der Führungen wurden Gulaschsuppe und diverse Getränke angeboten. Für die vielfältige Unterstützung bei der Ausrichtung des Festes sei den vielen Helfern und vor allem dem Rodheimer Gesangverein herzlich gedankt.
Auf besonderes Interesse stieß neben den Führungen durch die Vereinsräumlichkeiten auch das zusätzliche Angebot, die beiden Kirchtürme von innen zu besichtigen. Pfarrer Berger erläuterte den Besuchern das Innenleben des Turms der kleinen Kirche und der Vorsitzende des RGHV, Dr. Karsten Brunk, konnte gleich dreimal hintereinander ein interessiertes Publikum durch den alten Kirchturm am Marktplatz führen, der mit seinen 102 Stufen eine beträchtliche Höhe vorweisen kann und schon von Weitem als Wahrzeichen von Rodheim zu erkennen ist.
Zu dem aus dem späten 15. Jahrhundert stammenden Turm gehörte ein prächtiges Kirchenschiff. Aber auch vor dessen Erbauung war das Kirchengelände bereits mehrfach die Stelle gewesen, wo „die Kirche im Dorf stand“. Brunk: „Wir gehen von drei Vorgängerkirchen aus, die hier ihren Platz hatten.“ Aus dieser frühen Zeit sind ein steinerner Sarkophag und das „Rodheimer Tympanon“ (steinerner Türsturz) erhalten und im Turm deponiert.
Ursprünglich im spätgotischen Stil erbaut, erhielt der Turm nach einem Sturmschaden im Jahr 1715 eine neu gestaltete, barocke Haube. „Das war der Stil der damaligen Zeit.“ Im Jahr 1847/48 wurde das Kirchenschiff der „alten Kirche“ abgerissen und durch einen Neubau, die sog. „Große Kirche“, ersetzt. Lange sollte dieses Bauwerk allerdings nicht halten: schon in den späten 1920er Jahren war es wegen Baufälligkeit unbenutzbar und wurde dem Verfall preisgegeben. Im Jahr 1956 entschloss man sich in Rodheim, das inzwischen stark heruntergekommene Schiff der Großen Kirche abzureißen und auf dem ehemaligen Kirchengelände einen Kindergarten und ein Dorfgemeinschaftshaus zu errichten. Der Turm blieb stehen und wurde saniert.
Zwar verkünden die Kirchturmglocken im Viertelstunden-Rhythmus die Uhrzeit, und ein funkgesteuertes Uhrwerk gibt schon von Weitem Auskunft über Stunden und Minuten, ansonsten kommt dem Turm außer seiner Wahrzeichen-Funktion nur wenig Bedeutung zu. Das würde Karsten Brunk gern ändern und sieht in der geplanten Neugestaltung des benachbarten Kita-Außengeländes auch reale Chancen, den historischen Zusammenhang dieses stattlichen Bauwerkes wieder mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.