Exkursion/Führung

am

15.08.2010

Auf den Spuren Johann Rosenmüllers im Kloster Eberbach

Besuch des Rheingau Musik Festivals am 15. August 2010

Arno Paduch, ‚Rodheimer Bub‘, Gründer und langjähriger Leiter des bekannten Johann Rosenmüller Ensembles, hatte für den diesjährigen Konzertreigen des Rheingau Musik Festivals eine Einladung der Konzertgesellschaft für die Gestaltung der traditionellen Marienvesper erhalten. Grund genug für den Rodheimer Geschichts- und Heimatverein (RGHV) einmal mehr eine Exkursion zur Aufführung dieses für seine musikalische Qualität und seine innovative Arbeit im Bereich der Alten Musik weithin bekannten Orchesters zu organisieren. Erste unmittelbare Kontakte mit den Künstlern hatte der RGHV bereits im Rodheimer Jubiläumsjahr 2005 mit dem Konzert „Musik an hessischen Städten und Residenzen“ in der evangelischen Kirche in Rodheim geschaffen, sowie im  Jahr 2006, als eine Gruppe örtlicher Musikinteressierter der ‚Coronatio solemnissima‘, der Krönungsmesse für Kaiser Leopold I., im Frankfurter St. Bartholomäus-Dom beiwohnte.

Arno Paduch, Dirigent und Zinkenist, studierte Musikwissenschaft in Frankfurt am Main und anschließend Zink und historische Aufführungspraxis an der Schola Cantorum Baseliensis in Basel. Das Johann Rosenmüller-Ensemble wurde 1995 von ihm in Leipzig gegründet, wo Paduch als Dozent für Zink und Ensemblemusik in der Abteilung für Alte Musik an der dortigen Musikhochschule tätig ist. Das Ensemble hat sich einen festen Platz in der Alten Musik erarbeitet, kann auf hervorragende Kritiken einer großen Anzahl von Konzerten im In- und Ausland und eine umfassende Discographie zurückblicken. Schwerpunkt seiner Arbeit ist die Wiederaufführung vor allem unbekannter Musiken des 17. und 18. Jahrhunderts in authentischer Interpretation. Je nach Aufführung engagiert Paduch zusätzliche Solisten.

Johann Rosenmüller, zeitlebens als Hitzkopf bezeichnet und wohl gelegentlich auch im Focus der Justiz, wurde im August 1617 im Vogtland geboren. Seine Ausbildung spannte sich von der Lateinschule Oelsnitz über die Leipziger theologische Fakultät und Musikunterricht beim Leipziger Thomaskantor Tobias Michael, als dessen Nachfolger er kurze Zeit gehandelt wurde, bis zu Reisen nach Italien, die vor allem seinen geistlichen Kompositionen Prägung gaben.

Ab 1651 lebte er unter dem Namen Giovanni Rosenmiller für 24 Jahre in Venedig, arbeitete als Posaunist am Markusdom und setzte wenig später seine Tätigkeit als Komponist fort. Von 1658 bis 1682 war er am Ospedale della Pietà  – Kloster, Waisenhaus und späteres Mädchenkonservatorium -, tätig, ehe er mit Herzog  Anton Ulrich von Braunschweig-Lüneburg nach Deutschland zurückkehrte. Viele seiner auf lateinischen Texten beruhenden Kompositionen sind wohl dort entstanden. Am Ospedale wurde Antonio Vivaldi etwa ab 1702 sein Nachfolger.

Zeitlich und musikalisch anzusiedeln ist Rosenmüller in der Generation zwischen Heinrich Schütz (1585 – 1672) und Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) – „und er ist nach meiner Meinung der Beste“ – so Arno Paduch in seinem einführenden Vortrag. Er zeichnete den zahlreichen Zuhörern, die bereits zur Werkseinführung in die Basilika des Klosters Eberbach gekommen waren, ein Bild aus der Zeit des Komponisten, als der Zugang zur Musik, fern von unserer heutigen Dauerbeschallung, ein ganz besonderes Ereignis war.

Und so erlebten die 50 Rodheimer, Rosbacher und mitgereisten Musikliebhaber in der vollbesetzten Basilika an diesem Marienfest (15.8.) eines dieser besonderen Ereignisse: die Hymnen und Psalmen einer liturgischen Feier der abendlichen Vesper über 10 Sätze, beginnend mit gregorianischen Klängen, über die lateinisch gesungenen Psalmen und das gregorianische Ave Maria bis hin zum raumfüllenden Salve Regina und das sanft ausklingende ‚Benedictus Dominum‘ – vom Ensemble perfekt und einfühlsam dargeboten, die Stimmen – besonders der beiden Sopranistinnen und der im Altus singenden beiden Tenöre – fast engelsgleich.

„Erloschen ist die Leuchte, die weit über Europa hin strahlte“ – so ein Ausschnitt aus der Inschrift des Rosenmüller-Grabsteins von 1684 im Bereich der Wolfenbütteler Kirche St. Johannis.

Möge das Licht des Johann Rosenmüller Ensembles weiter strahlen – wir freuen uns darauf!