„Die schwarzen Linien sind die Wege“ – so ein kleiner Germane, den Plan vom Rodheimer Maislabyrinth in der Hand. Gesagt und ab ins Maisfeld, um die Leute seines Spähtrupps zu suchen.
Das Rodheimer Maislabyrinth, seit dem Erfolg im Jubiläumsjahr 2005 in diesem Jahr erstmals wieder aufgelegt um den Bau des Sport-Zentrums Rodheim zu unterstützen, war am ersten September-Samstag (04.09.2010) Schauplatz eines historischen Spektakels. Etwa 300 Besucher und Mitglieder der teilnehmenden Vereine hatten sich aufgemacht, um an einem Live-Action-Spiel für die ganze Familie teilzunehmen.
Der römische Geschichtsschreiber Tacitus, alias Dirk Springenberg vom Waldritter e.V., gab zuvor einen kurzen geschichtlichen Abriss der Ereignisse um das Jahr 83 n. Chr. „im Gebiet um Rodheim“, als Kaiser Domitian, dem es bis dahin an militärischen Ehren mangelte, einen Feldzug gegen die Chatten führte und so auch das Gebiet der Wetterau unterwarf. Auf Domitian geht der Beginn des Limes-Baus zurück.
Und so strömten Mann, Frau, Kind und auch solche im Kinderwagen ins Maislabyrinth, neugierig auf das Kommende. Schon am Feldeingang wurden alle heftig umworben vom römischen Centurio Decimus (Daniel Steinbach) und Ariovist (Thomas Erkwoh), dem Anführer der Chatten, denen die jeweils eigene Truppenstärke am Herzen lag.
Im Labyrinth hatten die Aktiven zahlreiche Stationen aufgebaut. Hier galt es, die gestellten Aufgaben zu lösen und schöne weiße Kieselsteine als Belohnung einzusammeln. Die mussten verschiedentlich auch als Zahlungsmittel herhalten, um sich freizukaufen, wenn man in einen Hinterhalt des Gegners geraten war. Mal galt es, ein Rätsel der vestalischen Priesterin zu lösen, mal einen Brief durch feindliche Linien zum Liebsten der Bäuerin zu bringen – oder beim Kaiser, der sein fürstliches Domizil, umgeben von Bediensteten, am zentralen Turm aufgeschlagen hatte, um eine Audienz für den Mattiakerfürsten Ingolf zu bitten. Die Mattiaker waren der Chattenstamm, der den Römern am ehesten zugetan war.
Non scholae sed vitae discimus – nicht für die Schule, für das Leben lernen wir – so stand es an der Wand des luftigen Klassenzimmers des griechischen Hausleherers Aléxios (Wolfgang Fitzner) geschrieben, der die aufmerksam lauschenden Schüler augenzwinkernd in Musik, Rhetorik und Rechnen unterrichtete. Ein paar Labyrinth-Kurven weiter wurden die strikten Regeln für den Umgang mit dem Schwert vermittelt und praktisch eingeübt – für den großen Kampf Römer gegen Germanen am frühen Abend, den die Germanen jubelnd für sich entscheiden konnten.
Am Sonntagmorgen (5.9.) ging es dann bei strahlendem Sonnenschein mit dem Bus an den Rhein. Das Römisch-Germanische Zentralmuseum (RGZM) im Mainzer Kurfürstlichen Schloss war das Ziel einer vom Rodheimer Geschichts- und Heimatverein lange vorbereiteten Exkursion speziell für Kinder, um die Thematik des Vortages noch einmal historisch-kindgerecht aufzuarbeiten.
Im Museum wurden wir von zwei netten Mitarbeitern der Museumspädagogik erwartet. Eine Gruppe der Kinder lernte eifrig durch Erklärung und eigene Experimente die Prinzipien der römischen Zeitmessung, unter anderem demonstriert an der Sonnenuhr im Hof des Museums.
„Wie haben sich zwei römische Kinder zum Spielen verabredet?“ war die Frage. Am Nachbau eines Sonnenuhr-Fundes aus Wiesbaden konnten sich die kleinen Wissenschaftler selbst von der Genauigkeit dieser Zeitmesser überzeugen. Die Prinzipien eines römischen Kalenders wurden beispielhaft erläutert und Modelle davon lagen zum Ausprobieren bereit. Kalender gab es in vielen römischen Haushalten, war es doch lästig, sich immer auf den Weg zum Marsfeld außerhalb Roms aufzumachen, um am Obelisken nachzusehen, welcher Tag gerade geschrieben wurde!
Die zweite Gruppe von Kindern erforschte die spätrömische Zeit und den Übergang zum Frühmittelalter. In kleinen Gruppen wurden die archäologischen Funde aus Gräbern beschrieben, wobei die „Zwiebelknopffibeln“ schon wegen ihres zungenbrecherischen Namens besonders aufmerksam betrachtet wurden. Was wurde Frauen, was Männern mit ins Grab gegeben? Wie kam es dazu, dass der riesige Silberteller in 2 Teile zerschlagen in der Erde gefunden wurde? Diebe, die sich ihre Beute geteilt hatten und gestört wurden? Was gibt es auf den beiden riesigen Mosaiken aus einer Kirche von Ravenna zu entdecken? Wie kamen die kostbaren Almandine, die die Funde aus dem Grab des Merowinger-Königs Childerich schmücken, aus Indien nach Europa?
Es war eine Freude, das Eintauchen der Kinder in die Vergangenheit mitzuerleben, deren Interesse und Diskussionsbereitschaft zu beobachten und die professionelle Präsentation der Ergebnisse durch die 8-12-Jährigen ließ Staunen aufkommen.
Den krönendem Abschluss fand die Exkursion dann in einem Picknick in den Rheinauen mit ausschließlich römischen Speisen, die von unserem Vorstandmitglied Ute Veit hervorragend vorbereitet, zubereitet und dargeboten wurden. Mit Blick auf den Rhein, bei warmem Spätsommerwetter mit Panicelli, Moretum, lukanischen Würstchen und Globi, wurde das Thema ‚Römer‘ noch einmal mit allen Sinnen genossen!
Siehe auch Berichterstattung zu dieser Veranstaltung in der Wetterauer Zeitung (WZ) vom 11.9.2010