Im Gedenken an Geburts- und Todestage der Urheber der 1834 verbreiteten revolutionären Flugschrift „Der Hessische Landbote“ hat der RGHV an den Schriftsteller Georg Büchner (1813-1837) und den Freiheitskämpfer Friedrich Ludwig Weidig (1791-1837) erinnert. Dies geschah zunächst im Rahmen eines Vortrages am 6. September durch den Butzbacher Museumsleiter Dr. Dieter Wolf. Unter dem Titel „Weidig, Büchner und ihr oberhessischer Mitarbeiterkreis – Oppositioneller Widerstand und revolutionäres Fahrwasser im Vormärz“ wurden die Lebenswege und die Leistungen der beiden wichtigen Vorkämpfer für unsere heutigen Freiheitsrechte präsentiert.
Der Weg des Butzbacher Lehrers, Pfarrers, Turners und Freiheitskämpfers Weidig vom Oppositionellen bis zum Revolutionär ist mehr als anderthalb Jahrzehnte nachvollziehbar. Das Eintreten des später als Schriftsteller zu Weltruhm gelangten Georg Büchner in der konspirativen „Gesellschaft der Menschenrechte“ und seine Kontakte zum ein Leben lang für rechtsstaatliche Grundsätze und die Schaffung einer Verfassung für das Großherzogtum Hessen kämpfenden Rektor Weidig standen im Zentrum des Vortrages. Dabei wurde deutlich, dass weder der Medizinstudent Büchner wie besonders auch der langjährige Butzbacher Pädagoge Weidig diese Kampfschrift nur verbreiten konnten, weil hinter ihnen ein gut organisiertes Netzwerk von Mitarbeitern stand, zu denen aber leider auch Verräter gehörten. Das Landbotenprojekt war bereits vor dem Verbreiten verraten worden, weshalb die polizeilichen Fahndungen sehr früh einsetzten, letztlich Büchner zur Flucht nach Frankreich zwangen, während der mittlerweile in den Vogelsberg als Pfarrer zwangsversetzte Weidig verhaftet wurde und in den Händen eines unmenschlichen Untersuchungsrichters in den Selbstmord getrieben wurde.
Die ebenfalls von Dieter Wolf geleitete und kommentierte Busexkursion am 28. September führte bei herrlichem Herbstwetter zu den wenig bekannten frühen Stationen im Leben von Friedrich Ludwig Weidig. Der aus alter hessischer Försterfamilie stammende Weidig wurde 1791 in dem kleinen Dörfchen Oberkleen geboren. Die Familie zog bereits bald danach ins nahe Cleeberg, wo der Vater das Oberförsteramt des Großvaters übernahm. Auf der Exkursionsroute entlang des Kleebachtales westlich von Butzbach lagen zunächst die alte Bergbausiedlung Espa, das malerisch gelegene Cleeberg und Oberkleen. Am ersten Exkursionsstopp in Cleeberg wurde deutlich, welch verborgenes Kleinod sich hinter diesem Städtchen mit seiner mindestens bis ins frühe 12. Jahrhundert zurückgehenden Burg verbirgt.
Zweites Exkursionsziel war der frühere hessen-darmstädtische Verwaltungssitz Butzbach, der Ort, in den die Familie Weidig bereits 1803 umziehen musste und wo F.L. Weidig aufwuchs und, mit Unterbrechung des Theologiestudiums, bis 1834 wohnte und wirkte. Zu den frühen Butzbacher Wirkungsstätten Weidigs gehörte der Turnplatz auf dem Schrenzer am Limes. Hier hatte Weidig ab etwa 1814 nach dem Vorbild Friedrich Ludwig Jahns mit seinen Schülern Turn- und Exerzierübungen durchgeführt. Von späteren Historikern und Biographen wurde er deshalb auch als „hessischer Turnvater“ tituliert. Nach dem Mittagessen im Traditionsrestaurant „Zum Stern“ in der Butzbacher Innenstadt standen einige der vielen Stätten und Ecken, die mit dem Wirken Weidigs in „seiner“ Stadt in Verbindung gebracht werden können, auf dem Programm. Ergänzend zu diesem Rundgang rundete ein Besuch des stadthistorischen Museums mit seinen ausgezeichneten Präsentationen die Themen Vormärz und Weidig ab. Ihren Abschluss fand die von Dieter Wolf überaus informativ, kompetent und sympathisch geführte Exkursion nach einer Kaffeepause am Butzbacher Marktplatz und der Besichtigung der Wendelinskapelle, der ältesten Fachwerkskirche Hessens.