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Gedenkveranstaltung zum Novemberpogrom
Zum Gedenken an die Zerstörung der Rodheimer Synagoge am 10. November 1938 und die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft haben der RGHV, die Stadt Rosbach, der VdK Rodheim, die Katholische und die Evangelische Kirche am Volkstrauertag eine gemeinsame Gedenkveranstaltung durchgeführt.
Ein Besucher der Veranstaltung hat sich dazu wie folgt geäußert (hier in leicht überarbeiteter und gekürzter Fassung):
Die Veranstalter veranschaulichten mit konkreten Beispielen an drei historischen Stätten in Rodheim unter anderem die Gewalttaten gegen die Juden in Deutschland und Österreich im November 1938. Die Zerstörung der Rodheimer Synagoge durch ein gelegtes Feuer und die Plünderung der Wohnungen der jüdischen Familien wurden mittels Zitaten aus einem Verhörprotokoll und weiteren Fakten nahegebracht. Zahlreiche Teilnehmer, junge Konfirmanden bis zu noch lebenden Zeitzeugen, spürten dabei hautnah, wozu Hass und Diskriminierung damals genutzt wurden. Das Bewusstsein um die Gräueltaten und der Wunsch, solches in Zukunft zu verhindern, einigten die Teilnehmer an der Gedenkveranstaltung.
Gedenkveranstaltung zum Novemberpogrom
Die vorgesehene Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an das Novemberpogrom 1938 konnte in diesem Jahr nicht wie vorgesehen stattfinden.
Stattdessen, und stellvertretend für die beiden Kirchengemeinden in Rodheim, den Rodheimer Geschichts- und Heimatverein und die Stadt Rosbach vor der Höhe, haben Pfarrer Lothar Berger und der RGHV-Vorsitzende Dr. Karsten Brunk unter Glockengeläut ein Gesteck am Synagogengedenkstein in Rodheim niedergelegt.
Reichspogromnacht vor 80 Jahren
Unter der Anteilnahme von fast 100 Besuchern fand am 9. November 2018 die Gedenkveranstaltung anlässlich des gegen die örtlichen jüdischen Mitbewohner gerichteten Pogromgeschehens vor 80 Jahren statt.
Eingeführt durch Pfarrer Lothar Berger und nicht nur musikalisch hervorragend begleitet duch Karola Bausum mit der Schola der kath. Kirchengemeinde, hielten der RGHV-Vorsitzende Dr. Karsten Brunk und der Rosbacher Bürgermeister Thomas Alber ihre Ansprachen.
Als Abschluss seiner Ausführungen zum Schicksal der letzten Rodheimer Juden zitierte Karsten Brunk einen Auszug aus dem Schreiben eines jüdischen Nachkommen, dessen Mutter als einzige Überlebende ihrer Familie noch rechtzeitig die Flucht von Rodheim ins südliche Afrika gelungen war. Der Brief ist 2008 verfasst worden:
„… Ich […] wuchs im (ehemaligen) Deutsch-Südwestafrika auf, und Deutsch war für mich eine Sprache, die wir zu Hause sprachen. Unsere Familie […] Stern lebte Jahrhunderte in Rodheim […]. Für meinen Vater, meine Mutter und Generationen meiner Familie war Rodheim Heimat. Sie gingen hier zur Schule und gingen in diesen Dörfern ihren Viehgeschäften nach. In dieser Gegend trieben sie Sport und gründeten ihre Familien. Es gab Synagogen und ein reiches jüdisches Gemeinleben. Die Grabsteine vieler verstorbener Mitglieder meiner Familie stehen in einem würdigen Park ausserhalb von Rodheim.
Natürlich haben die Geschehnisse zwischen 1933 und 1945 einen langen Schatten auf die Geschichte der Juden in Deutschland geworfen. Am […] 10. November 1938 wurde unsere Rodheimer Synagoge während der Geschehnisse der Kristallnacht zerstört. Die Jahre danach waren furchtbare Jahre für das jüdische und das deutsche Volk.
Und dennoch sind wir heute fähig, auch gute Gefühle zu feiern. Ich bin dankbar dafür, dass sich gut gesinnte Menschen darum bemüht haben, positive Erinnerungen und die guten Seiten unseres Zusammenlebens wiederzuentdecken. Wir sind wirklich dankbar dafür, und wir schätzen die Gastfreundschaft, mit der Mitglieder unserer Familie hier wieder empfangen werden. Rodheim ist Teil unseres gemeinsamen Erbes, und wir sind dankbar für den guten Willen und die Freundschaft, (die uns hier entgegen gebracht werden). Das jüdische Museum [in Berlin, 2001 eröffnet] ist ein positives Zeichen für Bemühungen, auf das Gute und Schöpferische (in diesen Beziehungen) zu schauen, auch wenn das Traurige und die schwierige Erinnerung für alle von uns immer gegenwärtig sind.“
Was für großartige und versöhnliche Worte, für die vor allem wir besonders dankbar sein müssen!
Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung in der ev. Kirche begaben sich die Anwesenden zum Mahnmal für die am 10. November 1938 zerstörte Synagoge in der Wethgasse. Dort wurde ein Gesteck abgelegt und nach einer Gedenkminute mit abschließendem Gebet wurde die Veranstaltung beendet.
Unsere Doris Fischer ist am 20. März 2012 im 72. Lebensjahr verstorben!
Ja, ich sage bewusst unsere Doris, denn ich spreche hier nicht nur für den Rodheimer Geschichts- und Heimatverein (in der Folge kurz: Geschichtsverein) sondern insbesondere für dessen Vorstand, der diesen Verein gemeinsam mit Doris in den vergangenen Jahren immer in freundschaftlicher Verbundenheit geleitet und vorangebracht hat. Doris Fischer war nicht nur Mitglied in diesem Vorstand, sondern noch vieles mehr, was durch die ihr im März 2007 verliehene Ehrenmitgliedschaft nur andeutungsweise zum Ausdruck gebracht werden kann. Ich möchte deshalb einen kurzen Abriss ihres Wirkens im Geschichtsverein und für die Rodheimer Ortsgeschichte geben.
Doris Fischer war seit der Vereinsgründung im März 1982 Mitglied des Rodheimer Geschichtsvereins. Diesem Stand damals der Initiator der Vereinsgründung, Hermann Fornoff, bis zu dessen frühem Tod im Dezember 1986 vor. Als in dieser prekären Lage niemand aus dem verbliebenen Vorstand den Vorsitz übernehmen wollte, war Doris Fischer Anfang 1987 bereit nicht nur einen Vorstandsposten zu übernehmen, sondern zum gleichen Zeitpunkt auch als Vorsitzende zu kandidieren. Trotz ihrer Bedenken, dass sie „[als] Frau ohne jegliche Erfahrung in Vereinsarbeit und mit rudimentären Geschichtskenntnissen für alle Vorstands- und Vereinsmitglieder akzeptabel war“, wurde sie als Vereinsvorsitzende gewählt.
Und das war eine wirklich gute Wahl, denn immerhin hatte Doris Fischer dieses Amt 20 Jahre lang, bis zum März 2007 inne. Bei der ausgezeichneten und engagierten Amtsführung, die ich persönlich seit 1995 als Mitglied im Vorstand wahrnehmen konnte, kam ihr sicher auch zu gute, dass sie eine „führungsstarke“ Frau war, wenn auch bei ihrer Wahl 1987 ein älteres Vereinsmitglied skeptisch äußerte, „…ich habe Dich gewählt, obwohl Du eine Frau bist!“
Aber dieses Mitglied hatte auch gesagt, weshalb er Doris Fischer gewählt hatte, nämlich weil sie Rodheimerin war. Und genau durch diese „Qualifikation“ konnte sich das entfalten, was für den Verein und natürlich auch für alle Rodheimer ein großer Gewinn werden sollte. Ich meine hier ihre besondere Vertrautheit mit Rodheim, mit den Rodheimern – egal welcher Herkunft und Religion – und mit der jüngeren Rodheimer Geschichte seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ihr besonderes Interesse galt dem Alltagsleben in der Dorfgemeinschaft im historischen Kontext. Mit ihren Arbeiten darüber hat sie weit mehr als die von ihr selbst nur als rudimentär eingeschätzten Geschichtskenntnisse bewiesen. Ihre Beiträge sind von überaus großem Wert für die Rodheimer Geschichtsschreibung.
Ich darf die wichtigsten, größtenteils inzwischen gedruckten Arbeiten erwähnen:
Ende April 1992 hielt Doris Fischer die Festansprache anlässlich des 150-jährigen Bestehens des Rodheimer Gesangvereins. Im Jahr 2000 erschienenen in den Rodheimer Heften die von ihr bearbeiteten und erläuterten Aufzeichnungen zu den Verhältnissen in Rodheim während des 1.Weltkrieges.
Besondere Anerkennung, diese auch weit über Rodheim hinaus, gebührt ihr für die herausragenden Beiträge zur Aufarbeitung der Geschichte und des Schicksals der jüdischen Gemeinschaft in Rodheim. Diese jahrelang zusammengetragenen Forschungsergebnisse konnten schließlich im entsprechenden Themenband der Rodheimer Hefte, mit dem Titel „300 Jahre jüdisches Leben in Rodheim vor der Höhe“, veröffentlicht werden.
Neben den umfangreichen Vorbereitungen des Vereins zum Ortsjubiläum 2005 recherchierte sie für die Festschrift die historischen Geschehnisse um das „Wasser aus dem Ketzerborn“ im Jahre 1848. An der inhaltlichen und praktischen Gestaltung der aufwendigen Ausstellung „Aspekte Rodheimer Geschichte“ war sie natürlich maßgeblich beteiligt, und der Katalog der Ausstellung wurde mit ergänzenden Textbeiträgen von ihr zur Kindheit und Schulzeit sowie zum dörflichen Alltag in Rodheim bereichert. Zum 25-jährigen Vereinsjubiläum im Jahr 2007 dokumentierte sie die ersten Jahrzehnte der Vereinsgeschichte in einem Vortrag bei der Jubiläumsfeier.
Der lange vorbereitete Rückzug als Vereinsvorsitzende im Februar 2007 hat das Engagement von Doris Fischer keineswegs gemindert, weder bezüglich der historischen Erforschung noch bezüglich der sonstigen Vereinsprojekte. Längst waren weitere historische Themen in Angriff genommen worden. Bereits im November 2007 referierte sie über das tödlich endende Pistolenduell eines Rodheimers im Jahr 1897.
Ihr besonderer „Quellenzugang“ zu den Rodheimern und dem Leben seiner Bewohner trug dann wieder reife Früchte im nächsten Vortrag mit dem Titel „Zuflucht, nicht Heimat – Zur Integration der Heimatvertriebenen in Rodheim v.d.Höhe“, den sie am 19. November 2010 vor einer das Fassungsvermögen des Vortragsraums sprengenden Zuhörerschaft präsentierte.
Niemand konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen oder sich überhaupt vorstellen, dass dies damals ihr letzter Vortrag sein würde. Denn die Recherchen zum nächsten Thema, dem Genossenschaftswesen in Rodheim, waren bereits im Gange. Was die Veröffentlichung ihres letzten Vortrages (Zuflucht, nicht Heimat) anbelangt, hatte Doris Fischer mit der Überarbeitung ihres Vortragsmanuskriptes begonnen, diese aber seit Mitte letzten Jahres nicht weiter verfolgen können. Glücklicherweise war es aber dann im Januar/Februar dieses Jahres möglich, die Fortführung und den Abschluss dieser Überarbeitung gemeinsam mit ihr vornehmen zu können. Dieser Beitrag wird im nächsten Band der Rodheimer Hefte erscheinen, dessen Druck für Ende des Jahres vorgesehen ist.
Neben diesem außergewöhnlichen Engagement für die Erforschung der Ortsgeschichte, die zugleich den enormen zukünftigen Verlust diesbezüglich offenbart, steht der Name Doris Fischer auch für ein besondere Veranstaltung, nämlich das Internationale Freundschaftsfest. Dank ihrer gut gepflegten Kontakte zu unseren ausländischen Mitbürgern hat sie nicht nur wichtige Brücken zur Integration gebaut, sondern auch die alljährliche Durchführung dieses Festes sehr befördert.
Seit 2007/08, nun als Vorstands- und Ehrenmitglied, hat sie bei der in Angriff genommenen Umstrukturierung der Vereinsräumlichkeiten und des Gemeindearchivs immer als vorbildlicher Motor gewirkt. Dies wurde uns als Vorstand spätestens seit dem Sommer letzten Jahres nicht nur bei den konkreten Vereinsaktivitäten deutlich. Ihre Abwesenheit in unserem sehr freundschaftlich verbundenen Vorstand hat uns einige male den gewohnten Schwung genommen.
Bezüglich der freundschaftlichen Verbundenheit, was auch die Familien der Vorstandsmitglieder mit einschließt, erinnern wir uns sehr gerne an die gemeinsamen Grillfeste bei Ute im Garten und die Restaurantbesuche zum Gansessen alljährlich im November oder zu sonstigen Anlässen. Als besonders schönes Familienfest bleibt uns die Rheintour anlässlich der 70. und 80. Geburtstage von Doris und Karl Fischer im Juli 2010 in Erinnerung.
Trotz der krankheitsbedingten Umstände waren die Besuche in den letzten Monaten bei ihr im Katharinen-Hospiz immer eine wohltuende und bereichernde Erfahrung. Bei jedem Besuch, seien es ein, zwei oder gar bis zu drei Stunden gewesen, war ihre rege und interessierte geistige Präsenz bestechend, sodass wir sie bis zum Schluss indirekt auch in die Vereinsaktivitäten einbinden konnten. Neben der ausgezeichneten und von ihr sehr geschätzten Betreuung durch das Hospizpersonal, hat ihr dies sicher auch gut getan. Doris hat ihre Situation in den letzten Wochen auf bewundernswerte Art und Weise angenommen und konnte so auch in Frieden gehen.
Für ihre Familie, für all jene die sie kannten, für den Rodheimer Geschichts- und Heimatverein und vor allem auch für Rodheim hat sie Großes geleistet. Wir werden ihr ein ehrendes Andenken bewahren.
Dr. Karsten Brunk
für den Rodheimer Geschichts- und Heimatverein und dessen Vorstand
Der Rodheimer Geschichts- und Heimatverein e.V.
Doris Fischer
verstorben am 20.3.2012
Ihr Engagement für die Rodheimer Ortsgeschichte,
ihre kompetente Führung des Vereins,
ihr Einsatz für die Integration ausländischer Mitbürger,
ihre Loyalität, Disziplin und Kommunikationsfähigkeit
haben ihr große Wertschätzung entgegen gebracht
und sind für uns vorbildlich und verpflichtend.
In freundschaftlicher Verbundenheit
Der Vorstand
Dr. Karsten Brunk