Als prominenten Besucher konnten der RGHV, vertreten durch dessen Vorsitzenden Karsten Brunk, sowie die Rodheimer und Rosbacher Feuerwehren am 27. und 28. Juni 2024 den inzwischen im Ruhestand befindlichen obersten Feuerwehrmann der USA begrüßen. 2019-2020 hatte Gary Ludwig auch die Präsidentschaft der IAFC (International Association of Fire Chiefs) inne.
Anlass für den Besuch war, dass seine Vorfahren aus Rodheim stammen und 1853 in die USA ausgewandert waren. Zu den Höhepunkten seines Aufenthaltes gehörten in Rodheim ein Ortsrundgang mit direkten Bezügen zur Familiengeschichte, die emotionale Zusammenkunft mit der letzten Rodheimer Ludwig-Nachfahrin und der Besuch der ehemaligen lutherischen Kirche, wo Gary Ludwig als Organist die Klänge der Orgel genießen konnte. Seine Rodheimer Vorfahren hatten der lutherischen Gemeinde angehört. Als historische Überleitung mit Bezug zum Feuerlöschwesen war beim Ortsrundgang auch das 1854 gebaute erste Rodheimer Spritzenhaus in der Nieder-Wöllstadter Straße aufgesucht worden.
Artikel aus WZ (16.07.2024): Ein Firefighter sucht seine Ahnen
Gary Ludwig aus South Missouri zählt in den USA zu den bekanntesten und erfahrensten Feuerwehrmännern. In über fünfhundert Publikationen, sieben Büchern und auf zahlreichen Kongressen, bei denen er als Redner auftrat, hat er seit fast fünfzig Jahren sein Fachwissen weitergegeben. Während seiner Dienstjahre als Feuerwehrmann diente er in drei Departements und hatte sogar von 2019 bis 2020 den Vorsitz in der „International Association of Fire Chiefs“ inne, einer der ranghöchsten Feuerwehr-Organisationen der Vereinigten Staaten, die einen jährlichen Wechsel in den Vorstandsämtern vorsieht. Ob bei Präsident Biden oder beim Dalai Lama – Ludwig war im Laufe seiner Karriere auf vielen Bühnen zu Hause und warb unermüdlich und international nicht nur für die Ziele der amerikanischen Wehrleute.
Mit Eintritt in den Ruhestand erfüllte er sich nun einen lange gehegten Wunsch und begab sich auf Spurensuche nach seinen Vorfahren, dem Ehepaar Conrad und Margarethe Ludwig aus Rodheim, das 1853 den Sprung über den großen Teich wagte. Zusammen mit seiner Frau Patricia besuchte er am 27. und 28. Juni 2024 Karsten Brunk, den Vorsitzenden des Rodheimer Geschichts- und Heimatgeschichtsvereins (RGHV), an der einstigen Wirkungsstätte seiner Ahnen. „Es war immer der Wunsch meiner Mutter gewesen, hierhin zu kommen, doch es wurde nie etwas daraus, weil mein Vater unter Flugangst litt“, sagt Ludwig. Nun hat er die Reise stellvertretend für seine zwischenzeitlich verstorbene Mutter angetreten. Eigentlich hatte er schon weit früher kommen wollen, doch – wie so oft – hatte Corona den Reiseplänen entgegengestanden.
Den beiden Auswanderern von 1853, die von Rodheim aus in Amerika eine neue Heimat suchten, sollte das Glück nicht hold sein: schon zwei Wochen nach ihrer Ankunft in der neuen Welt verstarben beide kurz hintereinander, und ihr Sohn Caspar, der direkte Vorfahr von Gary Ludwig, verdingte sich zunächst als Soldat und baute sich im Alter von gerade mal 24 Jahren als Brauerei-Besitzer eine eigene Existenz auf. Während der Name Ludwig in den Vereinigten Staaten inzwischen viele Nachkommen hervorgebracht hat, gibt es heute in Rodheim nur noch eine einzige Nachfahrin, die 91jährige Hildegard Jacobi geborene Ludwig. Auch beim Erkunden der Adressen war die Suche teilweise mühselig, denn nicht alle Häuser von damals stehen heute, sechs Generationen später, noch – oder sie befinden sich inzwischen im Besitz anderer Familien. Dank des Brandkatasters im städtischen Archiv, dessen Pflege sich der Heimatgeschichtsverein widmet, ließen sich aber diverse Spuren ausfindig machen. Die Adressen Hauptstraße 11 und Amtsgasse 3 konnten mit Karsten Brunks Hilfe den Ludwigs zugeordnet werden. Brunk: „An diesem Beispiel sieht man, wie wichtig und aussagekräftig das Stadtarchiv auch für die Ahnenforschung ist.“ Dank der unermüdlichen Arbeit der Ehrenamtlichen lassen sich viele Nachforschungen erfolgreich zu Ende führen.
Neben der Spurensuche in eigener Sache war es dem Gast aus Amerika auch wichtig, das Feuerwehrwesen in Europa am Beispiel von Rosbach kennenzulernen. Wehrführer Martin Schneider und Gerätewart Matthias Maurer nahmen sich Zeit, ihn zusammen mit Bürgermeister Steffen Maar durch die Räumlichkeiten der Feuerwache zu führen und ihm die moderne Technik zu präsentieren, auf die die Rosbacher Wehrleute im Ernstfall zurückgreifen können. Vor allem die tipptopp gepflegten und hochmodernen Löschfahrzeuge oder die Schlauchwaschanlage hatten es Ludwig angetan, denn Letzteres kannte er gar nicht aus den Vereinigten Staaten, wo die Feuerwehren außer dem Löschdienst auch noch Erste-Hilfe-Leistungen zu erbringen haben. „Durch die nahe gelegene Autobahn A 5 und das benachbarte Munitionslager im Wald haben wir hier außergewöhnliche Anforderungen, da ist eine moderne und allzeit verfügbare Ausrüstung unumgänglich“ erklärte Schneider.
Insgesamt zehn Tage wollen die Ludwigs in Deutschland verbringen. Mit Hamburg, Hannover, Köln, Nürnberg und Berlin haben sie sich ein strammes Reisepensum vorgenommen. Höhepunkt soll ein Besuch auf Neuschwanstein sein – dem Prachtbau des Bayernkönigs Ludwigs II. Was könnte auch besser zu einer Familie namens Ludwig passen?
Text: Edelgard Halaczinsky, Fotos: Lothar Halaczinsky