Exkursion/Führung

am

22.04.2012

Rund um Leichen

Wanderung (mit Picknick) im Gebiet der Wüstung Leichen, auf historischen Straßen und Landwehren

Etwa 40 wetterfest ausgerüstete Geschichtsinteressierte machten sich am Sonntag, dem 22.04.2012, auf den Weg ins Gebiet östlich von Rodheim. „Rund um Leichen“ war das Thema einer von Dr. Karsten Brunk fachlich geführten Wanderung zum Standort der größten, ältesten und am längsten besiedelt gewesenen Wüstung im Gebiet der Gemarkung Rodheim. Wüstungen sind Siedlungsbereiche, die vor der Neuzeit, vornehmlich im 14. und 15. Jahrhundert wieder aufgegeben wurden. Die Gründe hierfür, seien es Sicherheitserwägungen oder wirtschaftliche Zwänge, sind im Einzelfall nicht immer eindeutig.

Dr. Brunk, Diplom-Geograph und Vorsitzender des Rodheimer Geschichts- und Heimatvereins, berichtete, dass Leichen seine urkundliche Ersterwähnung im Jahr 775 bereits vor der ersten Nennung Rodheims erfuhr. Anhand von historischen Katasterkarten erläuterte er die Lage und Ausdehnung des Dorfes, auf dessen Existenz alte Flur- und Straßennamen hinweisen. In einer Straßenkarte aus dem frühen 16. Jahrhundert wird der Ortsname Lychen (Leichen/Laichen/Lichen) noch geführt. Das Dorf lag – namengebend – an der historischen Leicher Straße, der Heerstraße von Friedberg über Petterweil nach Frankfurt. Die Gegend, wo die Leicher Straße von dem von Rodheim nach Okarben verlaufenden „grässigten“ Weg gekreuzt wird, heißt noch heute der „Leicher Grund“. In der nördlich davon gelegenen Flur war der Standort einer Kapelle, wo sich noch bis ins 20. Jahrhundert bei Bearbeitung des Ackers, Spuren von Schiefersteinen gezeigt haben.

Über die Neue Leicher Straße – die alte Trasse befindet sich, teilweise noch als Geländedelle sichtbar, heute auf bewirtschaftetem Grund – ging es weiter nach Norden bis zum Streitberg. Der Anstieg zum Streitberg markiert besonders deutlich den Verlauf der historischen Leicher Straße, da sich hier sog. Hohlwege gebildet hatten. Die damit verbundene Bodenerosion hat schließlich zur Ausbildung einer tiefen und breiten Geländemulde geführt.

Endlich wartete in der Nähe des Alten Berges ein stärkendes „Wiesen-Picknick“! Wegen der angekündigten april-typischen Wetterkapriolen war es notwendig geworden, den Wanderern ein Dach über den Köpfen zu geben, und so waren zuvor schon zwei der vereinseigenen Pavillons aufgebaut worden. Auf den Wunsch „habt Ihr Glühwein?“ war man allerdings nicht vorbereitet. Dafür gab es aber andere Leckereien. Diese bestanden aus Mäuslaibchen, Brötchen mit Fleischkäse und Käse sowie diversen Blechkuchen, die von Ute Veit und Margot Mehring zubereitet worden waren. Des weiteren war Dieter Mehring im „Versorgungsteam“ eifrig engagiert.

Mit Hilfe vieler Hände war nach dem Picknick flugs alles abgebaut, eingeladen und picobello sauber, und weiter ging’s für alle, die sich für die „große Runde“ entschieden hatten, entlang des ehemaligen Wingerts (dem sog. Hartwiesen Weingarten) zum „Alten Berg“. Der Weg folgte der östlichen Rodheimer Gemarkungsgrenze bis zur Petterweiler Grenze. Im Gebiet südlich des Alten Berges konnte Karsten Brunk den Teilnehmern dann eine gut erhaltene Landwehr (grabenartige Grenzmarkierung) zeigen, die sich hier fast so imposant darstellt, wie andernorts der Limes. Bei der Umgehung des Alten Bergs, eines Basaltausläufers des Vogelsbergs, lachte dann wieder die Sonne vom Himmel und inspirierte die Teilnehmer zu kühnen Gedanken: Eigentlich sei der Bergsporn wie geschaffen als ehemaliger Burgen-Standort!

ber das Gebiet des Seegrundes und des Pfingstborns, wo die Lage der ehemaligen Quelle diskutiert wurde, ging es bei inzwischen herrlichem Wetter nach Rodheim zurück. Nicht nur über Wüstungen im Allgemeinen und Leichen im Speziellen hatten die Teilnehmer ihr Wissen erweitern können, auch der Blick für die Veränderungen der Kulturlandschaft durch Erosion und Bewirtschaftung war bei den Teilnehmern von Dr. Brunk geschult worden. Die Einschätzung der Teilnehmer: „Rund um Leichen – rundum gelungen“!