Exkursion/Führung

am

24.09.2011

Mit dem Rodheimer Geschichtsverein unterwegs!

Exkursion zum Weltkulturerbe Kloster Lorsch und auf die Mathildenhöhe in Darmstadt am 24. September 2011

Strahlendes Herbstwetter begleitete die diesjährige Exkursion zu zwei besonderen historischen Örtlichkeiten in Südhessen, wozu der Rodheimer Geschichts- und Heimatverein eingeladen hatte. Da der bestellte Bus wegen technischer Probleme nicht eintraf, hatten sich bald mehrere Grüppchen aus Fahrern und Mitfahrern zusammengefunden und es konnte mit eigenen PKWs zum ersten Exkursionsziel nach Lorsch aufgebrochen werden.  

Das Kloster Lorsch ist mit der Rodheimer Geschichte ja auf besondere Art verbunden, findet man doch hier die urkundliche Ersterwähnung unseres Dorfes im „Lorscher Codex“, die anlässlich einer Schenkung an das Kloster im Jahr 805 protokolliert wurde. Am Museum auf dem Klostergelände erwartete uns Dr. Bernhard Pinsker, der Kurator der aktuellen Ausstellung „Kloster Lorsch – vom Reichskloster Karls des Großen zum Weltkulturerbe der Menschheit“. Eben dieser UNESCO-Welterbetitel, dessen 20. Jahrestag in diesem Jahr gefeiert wird, war Anlass zur Sonderausstellung, die vom Hessischen Landesmuseum Darmstadt in Kooperation mit der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten auf den Weg gebracht worden war. Dr. Pinsker, von Hause aus Prähistoriker, hatte am Vorabend bereits im Rahmen eines Vortrags im Rodheimer evangelischen Gemeindehaus „Arche“ in die Geschichte und die mannigfaltigen Überlegungen zu neuen und älteren Grabungsbefunden des Klosterkomplexes eingeführt. Nun war es möglich, die Eindrücke in eigener Anschauung zu vertiefen.

Kloster Lorsch – vor dem Museumszentrum. Bild: U. Veit

Das Kloster Lorsch erfuhr seine Ersterwähnung im Jahr 764 n. Chr., gestiftet von Graf Cancor und seiner Mutter Williswinda aus dem fränkischen Adelsgeschlecht der Rupertiner, gebaut auf einer Weschnitzinsel, unweit des heutigen Klosterareals. Von diesem Vorgängerkloster „Altenmünster“ existieren nur noch Grabungsbefunde. Durch Vermittlung von Bischof Chrodegang von Metz kamen im Jahr 765 die Gebeine des römischen Märtyrers Nazarius nach Lorsch, Grundlage für die zunehmende Bedeutung des Klosters als religiöses Zentrum. Dem folgten vielfache Schenkungen an die Benediktinerabtei, dessen Besitzungen sich zur Blütezeit des Klosters in der Karolinger- und Ottonen-Zeit vom Mündungsgebiet des Rheins bis südlich des Bodensees mit Konzentration im Rhein-Main-Neckar-Raum erstreckten. Dem raschen Wachstum folgte die Verlegung des Klosters an den heutigen Standort.

Kloster Lorsch wuchs zum politischen Machtzentrum, aber auch zum Zentrum der geistigen und kulturellen Entwicklung heran. Zwistigkeiten zwischen den Gründern und dem Bruder Chrodegangs erforderten ein Urteil Karls des Großen. Dadurch wurde Lorsch mit den Privilegien der Immunität und der freien Abtwahl ausgestattet, in ottonischer Zeit kamen Markt- und Zollrechte hinzu.

Der erste Niedergang erfolgte im 11. Jahrhundert im Rahmen des Investiturstreits und nicht zuletzt durch eine Brandkatastrophe im Jahr 1090 n. Chr. Im 13. Jahrhundert wurde es dem Erzstift Mainz unterstellt und zum Zisterzienserkloster, später, von Prämontratensern bewirtschaftet, unterstand es bis 1623 kurpfälzischer Verwaltung. 1621 kam es im 30-jährigen Krieg zur nahezu vollständigen Zerstörung.

Heute sehen wir von der ehemals so mächtigen Benediktinerabtei nur noch den romanischen Kirchenrest und die allseits bekannte wunderbare Torhalle, deren ursprüngliche Verwendung noch immer diskutiert wird. Wie es „dazwischen“ ausgesehen hat, davor und dahinter, ließ Dr. Pinsker in seinen kenntnisreichen Schilderungen anhand alter und neuester Grabungsbefunde in seinen Zuhörern lebendig werden. Die zeitlich klare Gliederung der Ausstellung in optisch hoch ansprechender Präsentation der baugeschichtlichen und Besiedlungsfunde trug hierzu ebenso bei wie die geführte Begehung des Klostergeländes.

Nach dem Mittagessen ging es weiter zum zweiten Höhepunkt des Tages: die Mathildenhöhe in Darmstadt mit ihrem herrlichen Jugendstil-Ensemble war das Ziel. Darmstadt war neben München das zweite Zentrum dieser Kunstrichtung in Deutschland, neben Karlsruhe, Halle, Bad Nauheim, Hagen und Berlin. Initiator in Darmstadt war Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein, ein Enkel von Königin Victoria von England, der sich in England von der „Arts-and-Crafts-Bewegung“ hatte anstecken lassen. Er holte den Architekten Joseph Maria Olbrich nach Darmstadt und berief 1899 7 junge Künstler in die Künstlerkolonie.

Mathildenhöhe Darmstadt. Bild: K. Brunk

Vorstandsmitglied Dieter Mehring führte die interessierten Teilnehmer in die historischen und künstlerischen Entwicklungen und das Empfinden dieser Epoche des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts ein. Die der Natur entlehnten Stil-Elemente, die geschwungenen Linien sind die charakteristischen Merkmale des Jugendstils und finden sich im Baustil, in Möbeln, Geschirr, Glas, Textilien, Schmuck wieder und bilden so ein „Gesamtkunstwerk“, wovon sich die Teilnehmer beim Besuch der Sonderausstellung „Glanz einer Epoche – Jugendstilschmuck aus Europa“ mit Exponaten aus mehreren europäischen Ländern überzeugen konnten.

Das Kaffeetrinken im Schatten alter Bäume, die in der Herbstsonne goldglänzenden Kuppeln der Russischen Kapelle und den Hochzeitsturm im Blick, rundete diese gelungene Exkursion des RGHV gemütlich ab.