war das Thema eines sehr gut besuchten Vortrages, den Professor Dr. Hermann Ament, Prähistoriker aus Mainz, am Freitag, dem 8. April 2011, im Rahmen der Vortragsreihe ‚Archäologie der Wetterau‘ des Rodheimer Geschichts- und Heimatvereins hielt.
Die Alamannen, vom römischen Historiker Asinius Quadratus als ‚Alama noí – zusammengespülte und vermengte Menschen‘ bezeichnet (was allerdings nur durch den spätantiken byzantinischen Schriftsteller Agathias überliefert ist), waren demnach eine heterogene Bevölkerungsgruppe hauptsächlich elbgermanischer Abstammung, deren Entwicklung etwa im 3. nachchristlichen Jahrhundert begonnen hat. Nach dem römischen Geschichtsschreiber Tacitus zählen hierzu alle elb- und ostgermanischen und damit auch suebische Stammesgruppen. Deren ursprüngliche Heimat muss vorwiegend in Mecklenburg, im Mittelelbe- und Saalegebiet gelegen haben. Neuerer Forschung entsprechend gilt als erste sichere Nennung des Namens Alamannen eine Textstelle aus einer im Jahr 289 n. Chr. von Claudius Mamertinus (römischer Politiker und Konsul) verfassten Lobrede auf Kaiser Maximianus.
Etwa um den Zeitraum 259/260 n. Chr. wird der Obergermanisch-Rätische Limes von den Römern aufgegeben, Rhein und Donau werden die neue Grenzlinie. Das sogenannte Dekumatland zwischen Limes und den Grenzflüssen steht der allmählichen Landnahme durch germanische/alamannische Stämme ohne wesentliche militärische Konflikte offen. Dennoch muss die Alamannia, wie das Siedlungsgebiet später genannt wird, mehrfach gegen römische Angriffe verteidigt werden, und auch alamannisches Vordringen in Grenzgebiete ist bezeugt.
Es gab wohl keinen alleinigen Stammesführer aller Alamananen. Ammianus Marcellinus, ebenfalls römischer Gesichtsschreiber, berichtet in seiner ‚Res Gestae‘ von zahlreichen alamannischen Kleinkönigen. Durch ihn sind auch die Namen einzelner alamannischer Bevölkerungsstämme überliefert, für unserer Gebiet der Stamm der Bucinobanten.
Bereits die Römer hatten ja – obwohl geradlinige Grenzverläufe bevorzugend – einen Bogen um die fruchtbare Wetterau geschlagen und diese so in ihr Territorium einbezogen, das nun zum Dekumatland gehörte. Die Besiedlung durch die Alamannen/Bukinobanten ist für die Kulturlandschaft Wetterau anhand zahlreicher archäologischer Funde belegt. Ein Beispiel hierfür ist die großflächige alamannische Siedlung „Am Mühlbach“ in Echzell. Neben zahlreichen ergrabenen Häusern konnten hier mehrere Brunnen dokumentiert werden, deren Holzkonstruktionen in dendrochronologischen Untersuchungen ein Fälldatum um 317 n. Chr. belegen. Gefundene Steinfragmente stellen den Bezug zum nur wenige Meter entfernten römischen Kastell her.
So zeigen Ausgrabungen generell, dass nicht nur die Bodenqualität oder das Klima die Wahl eines Siedlungsplatzes bestimmten, alamannische Siedler ließen sich bevorzugt im Umfeld der offen gelassenen und zu Teil zerstörten römischen Villae rusticae oder der Kastelle und ihrer Vici nieder. Sie nutzen die verlassenen Anwesen als Rohstoff-Resourcen, profitierten aber auch von der vormals römischen Infrastruktur wie Rodungsflächen und Wegeanbindung. Das damals neue Siedlungsmuster in der Landschaft ist im Altsiedelland dem heutigen Verbreitungsmuster durchaus ähnlich und unter so manchem historischen Ortskern kann eine bis in die alamannische Zeit zurückreichende erste Besiedlung vermutet werden. Auf dem Gebiet der Stadt Rosbach konnte südlich der Brunnenmühle ein alamannischer Siedlungsplatz in typischer Hangfußlage archäologisch nachgewiesen werden.
Für alamannische Ansiedlungen typisch sind Hofanlagen mit Haupthaus, eine viereckige Einraumanlage mit innen offenem Dachstuhl, Speichergebäuden und Grubenhäusern, letztere eingetieft, im Schnitt etwa 8 qm groß und vorwiegend als Handwerksräume genutzt. Zum Teil sind Anlagen nachgewiesen, die als Badehäuser interpretiert werden. Umgeben war die gesamte Anlage von einem Palisadenzaun. Seltener findet man Weiler, also Zusammenschlüsse mehrerer Hofanlagen.
Aber auch bestehende Höhensiedlungen wurden bevorzugt besiedelt und befestigt, so nachgewiesen für den Glauberg und den Runden Berg bei Urach, möglicherweise zur Unterscheidung von den eher bäuerlich geprägten Talsiedlungen. Sie können als Fürstensitze bezeichnet werden. Inwieweit sie als Fluchtburgen dienten, ist ungewiss.
Jede Ansiedlung von Menschen benötigt einen Platz, an dem die Verstorbenen abgelegt werden können. Die ursprüngliche Bestattungsform aller Stämme, aus deren Zusammenschluss sich die Alamannen entwickelten, war die Brandbestattung. Diese fand sich in der Alamannia nicht. Zunächst wurden nur einzelne Gräber oder kleine Grabgruppen angelegt. Das änderte sich im Verlauf des 5. Jahrhunderts. Es entstanden nun Körper-Gräberfelder, die lange benutzt und auf denen offensichtlich alle Stammesangehörige beigesetzt wurden, jeweils nach Osten gerichtet. Diese archäologisch als Reihengräberfelder bezeichneten Anlagen setzten sich bis zum 6. Jahrhundert n.Chr. als die übliche Bestattungssitte durch.
Die Verstorbenen wurden in der Regel in ihrer Tracht beigesetzt und mit Grabbeigaben ausgestattet, deren Qualität und Quantität Rückschlüsse auf den sozialen Status des Bestatteten zulassen und die die Vorstellung der Alamannen an eine „Fortexistenz der verstorbenen Person“ – so Ament, belegen. Als herausragendes Beispiel untermauerte der Referent seine Aussagen mit der Präsentation des Reihengräberfeldes von Eschborn. Hier wurden anhand der Funde die unterschiedlichen Beigabensitten bei Männern, Frauen und Kindern erläutert, die dem Publikum die Vorstellungswelt der Alamannen näherbrachten.
Zahlreiche Fragen und kenntnisreiche Diskussionsbeiträge belegten zum Ende der Veranstaltung das rege Interesse des Publikums an diesem historisch-archäologischen Thema.