Archiv 2024

Vortrag

am

15.11.2024

Theaterleben in Rodheim vor der Höhe

Wolf Fitzner berichtete über eine beeindruckende Ära nach dem 2. Weltkrieg.

Referent: Wolf Fitzner

Hermann Fornoff und Hans Kurt Jacobi, beim Kriegsende 21 und 20 Jahre jung, waren die Protagonisten einer bis 1954 dauernden Phase eines vielfältigen und erfolgreichen Vereins- und Theaterlebens in Rodheim nach dem 2. Weltkrieg. Um „die dörfliche Geselligkeit zu pflegen und zu unterstützen“, aber auch Zuversicht und lebensbejahender Optimismus in schwieriger Zeit waren die Triebfedern.

Der „Rodheimer Dorfspiegel“ war eine 1946 gegründete Vereinigung, bezeichnet aber auch die etwa 400-seitige Chronik, die Fornoff in der Phase des Theaterspielens zusammengestellt hat. Sie befand sich in dessen Nachlass, den der RGHV vor einigen Jahren von Fornoffs Enkelin übernehmen konnte, und der nun von Wolf Fitzner ausgewertet und zu diesem Vortrag wie auch ausführlicher zu einem Beitrag, der demnächst in den „Rodheimer Heften“ erscheinen wird, bearbeitet hat.

Wurden zunächst Unterhaltungsabende gegeben mit Sketchen und Parodien, trauten sich Fornoff und Jacobi ab 1949 auch an historische Stoffe. Die Kenntnisse hierzu lieferte die Ortschronik im Rodheimer Pfarrarchiv. Im Rahmen des 1949 in Rodheim stattfindenden Landjungendtreffens wurde das im Jahr 1670 angesiedelte Stück „Der Wald brennt“ uraufgeführt und machte die Theatergruppe über die Grenzen Rodheims hinaus bekannt, so dass mehrere Aufführungen in der Umgebung folgten. 1950 traten sie auf dem Hessischen Bauerntag in Fulda auf und 1951 wurde ein kompletter Heimatabend vom Hessischen Rundfunk aufgezeichnet. 1952 folgte ein weiteres Stück mit historischem Hintergrund, „Wasser aus dem Ketzerborn“, das im Revolutionsjahr 1848 spielt. 1953 hatte die Theatergruppe mit ihrem Auftritt auf dem 5. Raiffeisentag in der Frankfurter Messehalle einen letzten Höhepunkt erreicht. Im Jahr 1954 fanden die Theateraktivitäten, auch durch neue Lebensplanungen bedingt, ihr Ende.

Mit der „Jubiläumstheatergruppe 1200 Jahre Rodheim“ lebten die Theateraktivitäten aber im Jubiläumsjahr 2005 anlässlich der Rodheimer 1200-Jahrfeier mit der Renaissance des Stücks „Wasser aus dem Ketzerborn“ wieder auf. Im Jahr 2010 folgte „Der Wald brennt“ und ab 2013 übernahm Wolfgang Wien als Autor eigener „Rodheim-Stücke“ und als Regisseur das Zepter für inzwischen vier Aufführungen.

Zur „Abrundung“ des Abends konnten die begeisterten Zuhörer noch Leckereien aus Margot Mehrings kreativer Küche genießen – darunter auch echt hessische Kriebekratzkuche.

Text: Ute Veit, Fotos: Carine Brunk

Exkursion/Führung

am

21.09.2024

Bonifatius, Büraburg und Fritzlar

Nach einer Busfahrt durch schöne Schwälmer Ortschaften und einer herausfordernden Auffahrt vom Fritzlarer Ortsteil Ungedanken zum Büraberg wurde die Exkursionsgruppe auf dem Gipfelplateau von der Stadtführerin Wicke, Mitglied der Stadtführergilde Fritzlar, begrüßt.

In einer mitreißenden Führung berichtete sie von der Besiedlungsstruktur des Büraberges seit der Jungsteinzeit – spätere eisenzeitliche und römische Befunde konnten bei archäologischen Untersuchungen belegt werden. Im frühen Mittelalter wurde hier die Büraburg als Grenzbefestigung zwischen sächsischem und fränkischem Hoheitsgebiet oberhalb einer Furt durch die Eder errichtet. Die Innenfläche von etwa 8 ha wurde mit einer starken Umgebungsmauer umfasst, in die mehrere Türme und drei Tore integriert waren.

Für Bonifatius, 722 n. Chr. vom Papst mit der Missionierung v.a. der Chatten beauftragt, diente die Büraburg als Operationsbasis, 742 n. Chr. erhob er die Büraburg zum ersten hessischen Bischofssitz, denn bereits um 600 n. Chr. war auf dem Gipfel-Plateau die St. Brigida-Kapelle erbaut worden, deren ältester Bauteil die erhaltene Chorbogenwand ist. „In diesem Raum stand Bonifatius“, so Frau Wicke.

Nach einem überwältigenden Blick vom Büraberg auf Fritzlar erreichten wir die beeindruckende Fachwerkstatt mit ihren vielen wunderbaren Gebäudeensembles, Türmen und Warten. Am Marktplatz gab es erst einmal ein schmackhaftes Mittagessen, bevor uns Frau Flemming, ebenfalls Mitglied der Stadtführergilde, zu einer kenntnisreichen Stadtführung in Empfang nahm. Auch Fritzlar verdankt seine Entstehung Bonifatius durch eine Kirchen- und Klostergründung. Am Kreuzungspunkt mehrerer mittelalterlicher Straßen gelegen, war Fritzlar bevorzugter Aufenthaltsort von Kaisern und Königen, v.a. im 11. und 12. Jhd. und bereits zur Zeit Karls des Großen war eine nicht erhalten gebliebene Pfalz erbaut worden. Viele Reichstage und Synoden hat Fritzlar erlebt.

Unweit der Stelle, an der Bonifatius die den Chatten heilige Donareiche fällen ließ, steht heute der beindruckende spätromanische Dom, dessen ältester Vorgängerbau ins 8. Jhd. datiert.

Voll interessanter Eindrücke blieb noch Zeit für einen Kaffee auf dem Fritzlarer Marktplatz in wunderbarer Spätsommersonne!

Text: Ute Veit, Fotos: Ute Veit und Carine Brunk

Vereinsmitteilung

am

29.06.2024

Fire Chief Gary Ludwig mit Ehefrau Pat zu Gast beim RGHV

Als prominenten Besucher konnten der RGHV, vertreten durch dessen Vorsitzenden Karsten Brunk, sowie die Rodheimer und Rosbacher Feuerwehren am 27. und 28. Juni 2024 den inzwischen im Ruhestand befindlichen obersten Feuerwehrmann der USA begrüßen. 2019-2020 hatte Gary Ludwig auch die Präsidentschaft der IAFC (International Association of Fire Chiefs) inne.

Anlass für den Besuch war, dass seine Vorfahren aus Rodheim stammen und 1853 in die USA ausgewandert waren. Zu den Höhepunkten seines Aufenthaltes gehörten in Rodheim ein Ortsrundgang mit direkten Bezügen zur Familiengeschichte, die emotionale Zusammenkunft mit der letzten Rodheimer Ludwig-Nachfahrin und der Besuch der ehemaligen lutherischen Kirche, wo Gary Ludwig als Organist die Klänge der Orgel genießen konnte. Seine Rodheimer Vorfahren hatten der lutherischen Gemeinde angehört. Als historische Überleitung mit Bezug zum Feuerlöschwesen war beim Ortsrundgang auch das 1854 gebaute erste Rodheimer Spritzenhaus in der Nieder-Wöllstadter Straße aufgesucht worden.

Artikel aus WZ (16.07.2024): Ein Firefighter sucht seine Ahnen

Gary Ludwig aus South Missouri zählt in den USA zu den bekanntesten und erfahrensten Feuerwehrmännern. In über fünfhundert Publikationen, sieben Büchern und auf zahlreichen Kongressen, bei denen er als Redner auftrat, hat er seit fast fünfzig Jahren sein Fachwissen weitergegeben. Während seiner Dienstjahre als Feuerwehrmann diente er in drei Departements und hatte sogar von 2019 bis 2020 den Vorsitz in der „International Association of Fire Chiefs“ inne, einer der ranghöchsten Feuerwehr-Organisationen der Vereinigten Staaten, die einen jährlichen Wechsel in den Vorstandsämtern vorsieht. Ob bei Präsident Biden oder beim Dalai Lama – Ludwig war im Laufe seiner Karriere auf vielen Bühnen zu Hause und warb unermüdlich und international nicht nur für die Ziele der amerikanischen Wehrleute.

Mit Eintritt in den Ruhestand erfüllte er sich nun einen lange gehegten Wunsch und begab sich auf Spurensuche nach seinen Vorfahren, dem Ehepaar Conrad und Margarethe Ludwig aus Rodheim, das 1853 den Sprung über den großen Teich wagte. Zusammen mit seiner Frau Patricia besuchte er am 27. und 28. Juni 2024 Karsten Brunk, den Vorsitzenden des Rodheimer Geschichts- und Heimatgeschichtsvereins (RGHV), an der einstigen Wirkungsstätte seiner Ahnen. „Es war immer der Wunsch meiner Mutter gewesen, hierhin zu kommen, doch es wurde nie etwas daraus, weil mein Vater unter Flugangst litt“, sagt Ludwig. Nun hat er die Reise stellvertretend für seine zwischenzeitlich verstorbene Mutter angetreten. Eigentlich hatte er schon weit früher kommen wollen, doch – wie so oft – hatte Corona den Reiseplänen entgegengestanden.

Den beiden Auswanderern von 1853, die von Rodheim aus in Amerika eine neue Heimat suchten, sollte das Glück nicht hold sein: schon zwei Wochen nach ihrer Ankunft in der neuen Welt verstarben beide kurz hintereinander, und ihr Sohn Caspar, der direkte Vorfahr von Gary Ludwig, verdingte sich zunächst als Soldat und baute sich im Alter von gerade mal 24 Jahren als Brauerei-Besitzer eine eigene Existenz auf. Während der Name Ludwig in den Vereinigten Staaten inzwischen viele Nachkommen hervorgebracht hat, gibt es heute in Rodheim nur noch eine einzige Nachfahrin, die 91jährige Hildegard Jacobi geborene Ludwig. Auch beim Erkunden der Adressen war die Suche teilweise mühselig, denn nicht alle Häuser von damals stehen heute, sechs Generationen später, noch – oder sie befinden sich inzwischen im Besitz anderer Familien. Dank des Brandkatasters im städtischen Archiv, dessen Pflege sich der Heimatgeschichtsverein widmet, ließen sich aber diverse Spuren ausfindig machen. Die Adressen Hauptstraße 11 und Amtsgasse 3 konnten mit Karsten Brunks Hilfe den Ludwigs zugeordnet werden. Brunk: „An diesem Beispiel sieht man, wie wichtig und aussagekräftig das Stadtarchiv auch für die Ahnenforschung ist.“ Dank der unermüdlichen Arbeit der Ehrenamtlichen lassen sich viele Nachforschungen erfolgreich zu Ende führen.

Neben der Spurensuche in eigener Sache war es dem Gast aus Amerika auch wichtig, das Feuerwehrwesen in Europa am Beispiel von Rosbach kennenzulernen. Wehrführer Martin Schneider und Gerätewart Matthias Maurer nahmen sich Zeit, ihn zusammen mit Bürgermeister Steffen Maar durch die Räumlichkeiten der Feuerwache zu führen und ihm die moderne Technik zu präsentieren, auf die die Rosbacher Wehrleute im Ernstfall zurückgreifen können. Vor allem die tipptopp gepflegten und hochmodernen Löschfahrzeuge oder die Schlauchwaschanlage hatten es Ludwig angetan, denn Letzteres kannte er gar nicht aus den Vereinigten Staaten, wo die Feuerwehren außer dem Löschdienst auch noch Erste-Hilfe-Leistungen zu erbringen haben. „Durch die nahe gelegene Autobahn A 5 und das benachbarte Munitionslager im Wald haben wir hier außergewöhnliche Anforderungen, da ist eine moderne und allzeit verfügbare Ausrüstung unumgänglich“ erklärte Schneider.

Insgesamt zehn Tage wollen die Ludwigs in Deutschland verbringen. Mit Hamburg, Hannover, Köln, Nürnberg und Berlin haben sie sich ein strammes Reisepensum vorgenommen. Höhepunkt soll ein Besuch auf Neuschwanstein sein – dem Prachtbau des Bayernkönigs Ludwigs II. Was könnte auch besser zu einer Familie namens Ludwig passen?

Text: Edelgard Halaczinsky, Fotos: Lothar Halaczinsky

Exkursion/Führung

am

30.05.2024

Fahrrad-Rundtour zu Kultuseinrichtungen der jüdischen Gemeinde Rodheim v. d. Höhe

Gemeinsam sind wir stark! So hätte man die Fahrrad-Exkursion der beiden Rosbacher Geschichtsvereine überschreiben können. Dr. Michael Limlei vom Heimatgeschichtsverein Rosbach (HGV) und Dr. Karsten Brunk vom Rodheimer Geschichts- und Heimatverein (RGHV) hatten eine historisch interessante und sportlich nicht zu verachtende Exkursion zusammengestellt.

Die Rosbacher Teilnehmer waren bereits die Wegstrecke nach Rodheim geradelt, wo man sich am Bürgerhaus mit den Rodheimer Teilnehmern traf. Ganz in der Nähe, in der Wethgasse 14, stand die 1863 eingeweihte Synagoge. Sie wurde in der unmittelbaren Nähe der „Weth“ errichtet, war doch die Mikwe als rituelles Tauchbad mit fließendem Wasser Voraussetzung für die Ausstattung einer Synagoge. Es gibt keine Pläne aus der Bauphase der Synagoge, die auch den zur jüdischen Synagogengemeinde zählenden Mitbürgern aus Petterweil, Holzhausen und Ober-Rosbach als Gotteshaus diente, glücklicherweise aber eine Bauzeichnung von 1890, als das Gebäude mit einer Feuerungsanlage ausgestattet werden sollte. Dr. Brunk zeichnete ein Bild des jüdischen Lebens in Rodheim, das etwa 1640 erstmals nachgewiesen werden kann, bis nach der Zerstörung der Synagoge im Rahmen des Pogromgeschehens am 10. November 1938.

Der zur jüdischen Gemeinde gehörige Friedhof lag an der Weinstraße in (Burg)Holzhausen und war das nächste Ziel der Radler. Dort beeindruckte die Ruhe des Ortes. Die noch erhaltenen Grabsteine wurden später entlang der Außenbegrenzung aufgestellt, nachdem auch der Friedhof dem Pogromgeschehen 1938 zum Opfer gefallen war.

Nach einer etwas holprigen Fahrt wurde Ober Rosbach erreicht. Dort befindet sich oberhalb der Kapersburgstraße der hiesige jüdische Friedhof. Es gibt dort keine Grabsteine mehr, aber einen Gedenkstein und ein im letzten Jahr neu gestalteter sehr beeindruckender Eingangsbereich. Beides erinnert an die hier bestatteten jüdischen Bewohner, die soweit bekannt, namentlich genannt werden, sowie an die Geschichte der Juden in Ober-Rosbach. Unterlagen, die das jüdische Leben in Ober Rosbach genauer nachzeichnet könnten, seien nicht erhalten geblieben, so Dr. Limlei.

Nähere Informationen zur Geschichte der jüdischen Gemeinde und zur Synagoge in Rodheim v. d. Höhe unter dem folgenden Link: https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/gsrec/current/2/sn/syn?q=rodheim

Text: Ute Veit, Fotos: Carine Brunk

Vortrag

am

17.05.2024

Frankfurter Messegeleit und die Geleitstraßen in der Wetterau

Referent: Dr. Dieter Wolf

Frankfurt wurde seit dem späten Mittelalter zu einer prosperierenden Handelsstadt. Die Stadt war verkehrsgünstig gelegen an den dort kreuzenden Fernstraßen und hatte über Main und Rhein großräumige Anbindungen zu den wichtigsten Wirtschaftsräumen der damaligen Zeit. Zunächst wurde eine Herbstmesse abgehalten, seit Anfang des 14.Jahrhunderts auch eine Frühjahrsmesse, beide jeweils eine Herausforderung für die Organisationsstrukturen der Stadt, kamen doch zu den Messen oft mehr Menschen, als Frankfurt damals Einwohner zählte.

Bereits 1240 gewährte Kaiser Friedrich II. in zunehmend unsicheren Zeiten mit einem Messeprivileg ein Schutzgeleit für alle Reisenden zur dortigen Messe, das heißt, die Sicherheit auf bestimmten festgelegten Straßen, den Geleitstraßen, für Leib und Leben der Handelsreisenden und deren Ware wurde zugesichert. Die Geleitshoheit wurde den Landesherren übertragen, von diesen meist an deren Amtsleute delegiert, die den bewaffneten Geleitschutz mit Ross und Reitern und die dazugehörende Versorgungslogistik im jeweiligen Herrschaftsgebiet umzusetzen hatten. Wichtig war zudem, dass die begleiteten Kaufmannszüge auch jeweils an die richtige Zollstelle geführt wurden, nur durch die Zölle rechnete sich der Aufwand für die Landesherren, deckte doch das abzuführende Geleitsgeld häufig nur die Unkosten.

Der Referent hatte ein Füllhorn von Karten, Zeichnungen und Bildern mitgebracht, die einen Einblick in das Geleitswesen gaben und auch die wochenlangen Einflüsse auf das Leben der Menschen in den betroffenen Verkehrsräumen und den anliegenden Orten beleuchteten. Die großen Geleitsstraßen verliefen von Nürnberg, von Augsburg/Ulm, von Basel/Straßburg, von Köln, von Leipzig/Erfurt und von den Hansestädten im Norden nach Frankfurt. Letztere streifte auch Kassel, Marburg und Friedberg und führte so durch die Wetterau. Die Geleitstrecken durch die Wetterau wurden bereits auf einer Karte aus dem Jahr 1512 dokumentiert, die Karten wurden später verfeinert, die letzte bekannte Karte datiert aus den Jahren 1790-1792. Das Wetterauer Geleit oblag seit Mitte des 16. Jahrhunderts den Landgrafen von Hessen-Darmstadt.

Text: Ute Veit, Foto: Carine Brunk

Exkursion/Führung

am

04.05.2024

Zum Rodheimer Waldhaus am Graueberg und zum Limes –„Jagdschloss“, Grenzkonflikte und Dreimärker

Gemarkungswanderung

Zu der vierten von Dr. Karsten Brunk geleiteten Gemarkungswanderung des Rodheimer Geschichts- und Heimatvereins e. V. (RGHV) hatten sich am Vormittag 23 Personen auf dem Parkplatz „Bestattungswald“ beim Köpperner Hundesportplatz eingefunden. Von dort brachen wir mit einer kleinen Autokolonne, ausgestattet mit der erforderlichen Genehmigung, zum eigentlichen Startpunkt der Wanderung im Rodheimer Oberwald auf.

Unser erstes Ziel war das ehemalige Waldhaus am Graueberg. Hierbei handelt es sich um ein Jagdhaus aus dem 19. Jahrhundert, das von dem bekannten Bad Homburger Architekten Louis Jacobi entworfen worden war. Es diente den Homburger Kurgästen, die zur Jagd gehen wollten, als Unterkunft. Von dem kleinen Plateau am südöstlichen Abhang des Grauen Berges, auf dem das Haus errichtet worden war, muss „man eine wundervolle Aussicht auf die Nidda- und Maingegend“ gehabt haben. Heute wird der Blick allerdings durch einen schönen Buchenhochwald verstellt. Auch von dem „château de chasse de Rodheim“ (Jagdschloss von Rodheim), als das es sogar in einem zeitgenössischen französischen Reiseführer erwähnt wurde, ist heute außer einigen losen Steinen des Fundaments nichts mehr zu sehen. Als nächstes machten wir einen kleinen Abstecher zum Grauborn, einer mit Steinen eingefassten Quelle.

Bald darauf erreichten wir die sog. Grenzschneise. Hier erläuterte Karsten Brunk, dass Rodheim und Köppern seit dem Mittelalter ein großes Waldgebiet beiderseits dieser Schneise gemeinsam nutzten. Diese sog. Rodheim-Köpperner Mark wurde von einem Gremium aus dreizehn Personen verwaltet, an deren Spitze der Märkermeister und der Obermärker standen. Wegen der Waldnutzung kam es zwischen Köppern und Rodheim immer wieder zu Konflikten. Im 17./18. Jahrhundert war schließlich der Höhepunkt erreicht und es kam zur Teilung der Mark. Die 1738 neu gezogene Grenze zwischen dem Köpperner und dem Rodheimer Teil verlief genau entlang der jetzigen Grenzschneise, an der noch heute zahlreiche Grenzsteine zu finden sind.

An der Fuchslöcher-Hütte erwartete uns schon ein Team des RGHV, das uns mit Brötchen, warmem Fleischkäse sowie Kuchen und Getränken versorgte. Hier gesellte sich auch Bürgermeister Maar zu uns, der uns nach der Mittagspause noch bis zum Aussichtpunkt am Quarzit-Steinbruch begleitete. Von dort hat man einen grandiosen Blick auf das riesige Abbaugebiet. In seinen erdgeschichtlichen Erläuterungen führte Karsten Brunk aus, wie es zur Entstehung des Taunus-Quarzits kam, der hier bereits seit 1901 gebrochen wird. Heute wird der Steinbruch, dessen Wände bis zu 150 Meter in die Höhe ragen, von der Firma Holcim betrieben.

Wir folgten dann weiter der Grenzschneise, bis wir schließlich einen Dreimärker erreichten. Dieser Grenzstein markiert den westlichsten Punkt der Rodheimer Gemarkung, an dem die drei Gemarkungen von Rodheim, Köppern und Wehrheim aneinanderstoßen. Dieser Stein zeichnet sich durch eine Besonderheit aus, denn er befindet sich im Graben des Limes, jener römerzeitlichen Grenzmarkierung, die früher auch als Pfahlgraben bezeichnet wurde. Der Limes diente nach dem Abzug der Römer auch im Mittelalter noch über Jahrhunderte als Grenzmarkierung zwischen verschiedenen Gemarkungen bzw. Hoheitsgebieten. Obwohl diese Grenze deutlich zu erkennen ist, kam es bei einem Grenzgang im Jahr 1752 genau am Standort des Dreimärkers zum Streit zwischen der Abordnung von Rodheim und der von Wehrheim über den genauen Verlauf. Über diese Auseinandersetzung berichtet ein Protokoll dieses Grenzgangs, aus dem Karsten Brunk zitierte, sehr anschaulich: Bei Grenzgängen hatten sich die Vertreter eines Ortes nur auf ihrem eigenen Gebiet aufzuhalten, durften die Grenze also nicht überschreiten. Der Streit entzündete sich nun daran, dass sich die Wehrheimer Teilnehmer auf den Wall des Limes stellten, während die Rodheimer den Wall noch als ihr Hoheitsgebiet ansahen, denn nach ihrer Auffassung verlief die Grenze in der Mitte des Grabens, so dass der Wall noch zu Rodheimer Gebiet gehörte. Der Konflikt konnte gerade noch friedlich beigelegt werden.

Es ist erstaunlich, dass Wall und Graben des Limes noch heute nach knapp 2000 Jahren immer noch gut im Gelände zu erkennen sind. Wir folgten diesem bedeutenden historischen Bauwerk, zu dem auch noch erhaltene Reste von Wachtürmen gehören, noch ein Stück und erreichten am Nachmittag wieder unsere Autos.

Text: Joachim Beuck, Foto: Carine Brunk

Vortrag

am

02.02.2024

Historische Betrachtungen über den Wolf im Taunus

Referent: Wolfgang Ettig

Wolfgang Ettig aus Treisberg, Buchautor, Träger des Saalburgpreises 2021 und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Geschichts- und Heimatvereine des Hochtaunuskreises, referierte im evangelischen Gemeindehaus „Arche“ zur Geschichte des Wolfes, zur Entwicklung der Wolfspopulationen im Taunus und in der Wetterau in vergangenen Jahrhunderten bis in unsere Zeit und über die Bedeutung des Wolfes für die Menschen. Die Präsenz des Wolfes im Bewusstsein der Bevölkerung zeige sich nicht nur in seinem Namen, so der Referent schmunzelnd, sondern auch in zahlreichen Flurbezeichnungen vieler Gemeinden. In Rodheim finden wir u.a. den Wolf-Garten, die Wolfslache und die Wolfsgraben-Landwehr.

Am 23. Januar 1841 war der letzte Wolf in unserer Region erlegt worden.

In den Jahrhunderten davor war unsere Region lange „Wolfsland“, die Populationsstärke immer abhängig vom jeweiligen Nahrungsangebot, und das war umso besser je mehr kriegerische Auseinandersetzungen es gab, boten doch Schlachtfelder den Tieren einen reich gedeckten Tisch! Der 30-jährige Krieg steht hierfür beispielhaft. Die Wölfe wurden zunehmend zur Landplage. Zu deren Bekämpfung, auch durch Bejagen, waren die Untertanen aufgefordert und zu Zeiten verpflichtet, war die Jagd doch sonst nur dem Adel vorbehalten. Immense Zahlen an Wolfstötungen berichten historische Unterlagen, die aber teils angezweifelt werden müssten, so Ettig.

„Wölfe haben immer schon eine besondere Faszination auf den Menschen ausgeübt und auch seine Fantasie angeregt, doch auch die Furcht vor ihm sitzt tief“.

Das Publikum hörte einen facettenreichen Vortrag, der einen Bogen von mythologischen Erzählungen, über die Dämonisierung des Wolfes ­– die auch im Rahmen der Hexenverfolgungen ihren Ausdruck fand –, die Bedrohung der Bevölkerung durch Problemtiere und die Dezimierung der Wölfe bis hin zu ihrer Ausrottung in unserer Region spannte. Auch die Neu-Einwanderung einzelner Wölfe und Rudel in unser Gebiet in den letzten Jahren und deren Bedürfnisse sowie ihre Stellung im Ökosystem wurden beleuchtet. Das Foto einer Wildkamera vom Januar 2024 zeigt einen Wolf im Rodheimer Oberwald. Der Wolf ist zurück!

Text: Ute Veit, Foto: Carine Brunk