Archiv 2015

Exkursion/Führung

am

19.09.2015

Wie der Wal nach Eppstein kam und ausgesuchte Relikte römischer Besiedlung in Mainz

Exkursion des RGHV am 19. September 2015

Wie kam der Wal nach Eppstein? Sicher war er nicht über Nordsee, Rhein und Main in den Schwarzbach geschwommen, so Dr. Berthold Picard. Eher habe ihn ein mittelalterlicher Reisender mitgebracht. Zunächst in der um 1577 zerstörten Burgkapelle präsentiert, kam der linke Unterkiefer eines Finn- oder Blauwals über Umwege ins Wiesbadener Museum. 2006 wurde eine Kopie davon am Inneren Tor der Eppsteiner Burg angebracht. In Kirchen seien häufig Walknochen zu finden gewesen in Erinnerung an Jonas im Bauch des Wals, womit eine Verbindung zur Auferstehungsgeschichte geschaffen wird. In Eppstein lässt sich der Knochen noch vorzüglich mit einer der Gründungssagen verknüpfen – bestimmt eine Rippe des Riesen, der Bertha von Bremthal entführt und hier gefangen gehalten hat!

Kopie des Unterkiefer eines Wals am Inneren Burgtor der Burg Eppstein

Viele solcher Anekdoten würzten die Ausführungen zur Baugeschichte der seit 927 n. Chr. belegten zunächst frühmittelalterlichen Turmburg, zur Entwicklung der Stadt und der Herren von Eppstein, die seit 1419 Mitbesitzer von Rodheim waren.

Dr. Berthold Picard, früher Bibliotheksrat in Frankfurt, Archivar und langjähriger Leiter des Eppsteiner Heimatmuseums, Verfasser der Eppsteiner Chronik, schöpfte aus dem Fundus seiner jahrzehntelangen historischen Forschertätigkeit. Nach seinem Vortrag im Vorjahr über „Die Herren von Eppstein und Eppstein-Königstein, ehemalige Landesherren von Rodheim“ im Faselstall rundete sich das Bild der knapp 30 Exkursionsteilnehmer nun vor Ort in Eppstein ab. Das sehenswerte Museum in der Burg war dazu die perfekte Ergänzung.

Ein Besuch der Talkirche wurde zum kleinen musikalischen Highlight, die Organistin und eine Sopranistin übten gerade und konnten vom lauschenden Publikum unerwarteten Applaus entgegen nehmen.

Gottfried VII. von Eppstein-Münzenberg, der 1. „Rodheimer Eppsteiner“ (Epitaph in der Talkirche Eppstein)

Was gehört zu einem gelungenen Ausflug? Natürlich die Einkehr zu einem guten Essen, von Margot und Dieter Mehring wieder gekonnt ausgesucht und vorab erprobt! Ein herzliches Dankeschön dafür und für die gelungene Organisation der Exkursion!

Die Freude war groß, als die Exkursionsteilnehmer nach kurzer Busfahrt in Mainz von Pfarrer Alexander Liermann, unserem ehemaligen Gemeindepfarrer, in Empfang genommen wurden.

Er führte die Gruppe zu einer Auswahl der in Mainz vielfach erlebbaren römischen Spuren. Etwa ab 16 v. Chr. drang ein Stiefsohn Augustus‘, Nero Claudius Drusus, ins mittelrheinische Gebiet ein und etwa ab 12/13 v. Chr. wird die Errichtung eines römischen Legionslagers auf den Höhen gegenüber der Mainmündung vermutet, von hier aus nahm die Entwicklung von ‚Mongontiacum‘ wohl ihren Lauf. Der Drususturm am südlichen Zipfel der Zitadelle sei sein favorisiertes Relikt der Römerzeit in Mainz, so Liermann, ein noch etwa 20 m hoher Kenotaph (Scheingrab) für den genannten Drusus. Durch Liermanns Ausführungen erschlossen sich den Zuhörern die Bedeutung eines solchen Denkmals für den Kampfgeist der Truppe und für die Emotionen des einzelnen Legionärs.

Vor dem Drususturm in Mainz

Römische Legionäre im kalten Germanien ohne Brot und Spiele – undenkbar! Bereits 1884 stieß man beim Bau der Eisenbahn auf eine Art Bühnenbau, 1916 erfolgte eine erste Suchgrabung, die belegte, dass es sich dabei um Reste eines römischen Theaters handelt. Erst 1999 legte die gezielte Ausgrabung des etwa 10.000 Zuschauer fassenden wohl größten römischen Theaters nördlich der Alpen dessen Reste frei.

Weiter ging’s zum Museums für Antike Schifffahrt, in dem die fünf in den Jahren 1981 und 1982 gefundenen spätantiken römischen Militärschiffe bestaunt und deren Restaurierung nachvollzogen werden konnten, bevor Kaffee und Kuchen die gelungene Exkursion gemütlich beschlossen.

Veranstaltung

am

30.05.2015

21. Internationales Freundschaftsfest und Drei-Städte-Jubiläum

20 Jahre Städtepartnerschaften mit St. Germain-lès-Corbeil (Frankreich) und Ciechanowiec (Polen)

Geschichtsverein interkulturell und international

Am letzten Maiwochenende wurde in Rodheim bereits zum 21. Mal das Internationale Freundschaftsfest gefeiert, das alljährlich vom Vorstand des dortigen Rodheimer Geschichts- und Heimatvereins (RGHV) organisiert und mit Unterstützung zahlreicher weiterer Personen und befreundeter Vereine durchgeführt wird. Denn der RGHV ist nicht nur lokal- und regionalgeschichtlich aktiv, sondern er sieht sich auch verpflichtet, Lehren aus Fehlern in der Vergangenheit zu ziehen und intoleranten Entwicklungen im gemeinschaftlichen Zusammenleben vorzubeugen.

Ein Schlüssel dazu ist die Schaffung von Plattformen und Angeboten, wo alle Rodheimer und Rosbacher Mitbürger und Gäste, gebürtige und solche mit ausländischer Herkunft, miteinander in Kontakt kommen können. Ideale Anknüpfungspunkte dafür ergeben sich zum Beispiel, wenn man sich auf eine kulinarische Entdeckungsreise bei seinen internationalen Mitbürgern begibt – immerhin gibt es allein in Rodheim ca. 50 verschiedene Nationalitäten. Dafür konnte der RGHV in diesem Jahr Anbieter mit sechs verschiedenen „Küchen“ gewinnen: Floran und Yosuf sowie Fari und Khosro boten afghanische beziehungsweise iranische Köstlichkeiten an. Europa war vertreten unter anderem mit finnischem Flammlachs, französischer Quiche und Crêpes, polnischen Krakauern und Pierogies, und zum ersten Mal dabei war Pino mit italienisch-kalabrischen Spezialitäten.

Für Unterhaltung auf der Bühne sorgte der Eintracht-Kinderchor „Goldkehlchen“ sowie die Kinder der Kita Regenbogen, die mit Gabi Seifert-Kahl ein Tänzchen einstudiert hatten und das Publikum erfreuten. Große Aufmerksamkeit war dem Jugendorchester COKiS aus der polnischen Partnerstadt gewidmet, das ein umfangreiches Repertoire an Folklore und eigenen Kompositionen im Gepäck hatte.

Der polnische „Bühnenbeitrag“ aus der weit entfernten Rosbacher Partnerstadt war möglich geworden, da am gleichen Wochenende das 20jährige Partnerschaftsjubiläum zwischen Rosbach, St.-Germain-lès-Corbeil (Frankreich) und Ciechanowiec (Polen) gefeiert wurde. Durch die vorangegangenen Festivitäten konnte der RGHV-Vorsitzende Karsten Brunk auch die Vertreter der Partnerstädte begrüßen, die zahlreich gekommen waren um mitzufeiern und alte Kontakte aufzufrischen oder neue zu knüpfen.

Schon zur Kaffeezeit hatten sich die Plätze vor der kleinen Bühne mit Besuchern gefüllt, die sich an der reichhaltigen Kuchentheke im Faselstall bedienten oder sich am Abend ein Glas wohlschmeckenden Weins einschenken ließen. Abendlicher Höhepunkt des multikulturellen Treibens war schließlich der Auftritt der Folkgruppe „tunefish“, die in Rodheim längst keine Unbekannte mehr ist. Sie sorgte für einen gelungenen Festausklang bei bester Laune.

Der Erlös der Veranstaltung wird wie immer gemeinnützigen oder karitativen Zwecken zugeführt.

Exkursion/Führung

am

22.04.2015

Archäologielandschaft Frankfurt am Main

Nachbetrachtung zum Vortrag von Dr. Andrea Hampel, Leiterin des Denkmalamtes in Frankfurt

Mitreißender und informativer kann ein Überblick über die Boden-Denkmalpflege nicht sein. Dr. Andrea Hampel ist tagtäglich mit den vielfältigen Facetten der hessischen und speziell der Frankfurter Boden- und Bau-Denkmalpflege beschäftigt und mit Herzblut dabei. Am Freitag, dem 22. April 2015, ließ sie im Forum Faselstall die Zuhörer beim Rodheimer Geschichts- und Heimatverein teilhaben an ihrer spannenden Tätigkeit.

Die promovierte Archäologin Andrea Hampel, in Frankfurt geboren und aufgewachsen, studierte an der Goethe-Universität und jobbte schon zu dieser Zeit im Denkmalamt der Stadt, das sie seit 1991 leitet. Unterstützt wird sie dabei von 15 weiteren Mitarbeitern, eine im Land einzigartige Konstellation, gibt es doch sonst in Hessen nur noch 5 weitere Kreisdenkmalpfleger. Ausgestattet mit einem Etat von 350 Mill. Euro, werden von ihr zurzeit etwa 1.700 Bauvorhaben im ausgedehnten Stadtgebiet von Frankfurt archäologisch begleitet und notwendig werdende Ausgrabungen selbst geleitet – eine Mammutaufgabe, die aber immer wieder zu neuen und zum Teil sensationellen Funden und Befunden geführt hat und führt.

In einem weit gespannten Bogen stellte Dr. Hampel Funde von der Alt- über die Jungsteinzeit vor und berichtete über Nachweise aus Bronze- und Eisenzeit, streifte die beeindruckende römische Besiedlung Frankfurts und wusste Spannendes über merowingische Siedlungsnachweise erzählen. Ihr persönliches Highlight aus dieser Zeit ist das reich ausgestattete Mädchengrab des ausgehenden 7. Jahrhunderts aus dem Frankfurter Dom, das sie 1992 gefunden hat.

Der Domhügel als zentraler Ort, wurde mehrfach ergraben: im Archäologischen Garten finden sich neben Relikten römischer Niederlassungen Reste des merowingischen Königshofs, der karolingischen Königspfalz und spätmittelalterlicher Keller.

Hampel erläuterte die Entwicklung der Stadtbefestigung seit dem 11. Jahrhundert, die Staufermauer als deren Erweiterung, die Landwehr des Hochmittelalters und rief die heute noch sicht- und begehbaren Bauten ins Gedächtnis der Zuhörer. Immer im historischen Bezug, gelang es ihr, ein lebendiges Bild der Stadtgeschichte zu zeichnen.

Ganz nebenbei vermittelte sie moderne Grabungstechniken, die den Blick in den Boden auch ohne Erdbewegungen ermöglichen. Beeindruckend der Stadtwald, der durch Laserscan virtuell seiner Bäume beraubt, den Blick auf etwa 400 Grabhügel frei gibt.

„Wir suchen uns unsere Grabungsstellen nicht, wir werden gerufen“, so Hampel. Durch die konsequente Verfolgung von Verstößen gegen das Denkmalschutzgesetz durch die Stadt Frankfurt habe sich mittlerweile ein Verständnis für die Wichtigkeit der Erfassung und des Erhalts von Kulturgütern entwickelt.