Unter der Anteilnahme von fast 100 Besuchern fand am 9. November 2018 die Gedenkveranstaltung anlässlich des gegen die örtlichen jüdischen Mitbewohner gerichteten Pogromgeschehens vor 80 Jahren statt.
Eingeführt durch Pfarrer Lothar Berger und nicht nur musikalisch hervorragend begleitet duch Karola Bausum mit der Schola der kath. Kirchengemeinde, hielten der RGHV-Vorsitzende Dr. Karsten Brunk und der Rosbacher Bürgermeister Thomas Alber ihre Ansprachen.
Als Abschluss seiner Ausführungen zum Schicksal der letzten Rodheimer Juden zitierte Karsten Brunk einen Auszug aus dem Schreiben eines jüdischen Nachkommen, dessen Mutter als einzige Überlebende ihrer Familie noch rechtzeitig die Flucht von Rodheim ins südliche Afrika gelungen war. Der Brief ist 2008 verfasst worden:
„… Ich […] wuchs im (ehemaligen) Deutsch-Südwestafrika auf, und Deutsch war für mich eine Sprache, die wir zu Hause sprachen. Unsere Familie […] Stern lebte Jahrhunderte in Rodheim […]. Für meinen Vater, meine Mutter und Generationen meiner Familie war Rodheim Heimat. Sie gingen hier zur Schule und gingen in diesen Dörfern ihren Viehgeschäften nach. In dieser Gegend trieben sie Sport und gründeten ihre Familien. Es gab Synagogen und ein reiches jüdisches Gemeinleben. Die Grabsteine vieler verstorbener Mitglieder meiner Familie stehen in einem würdigen Park ausserhalb von Rodheim.
Natürlich haben die Geschehnisse zwischen 1933 und 1945 einen langen Schatten auf die Geschichte der Juden in Deutschland geworfen. Am […] 10. November 1938 wurde unsere Rodheimer Synagoge während der Geschehnisse der Kristallnacht zerstört. Die Jahre danach waren furchtbare Jahre für das jüdische und das deutsche Volk.
Und dennoch sind wir heute fähig, auch gute Gefühle zu feiern. Ich bin dankbar dafür, dass sich gut gesinnte Menschen darum bemüht haben, positive Erinnerungen und die guten Seiten unseres Zusammenlebens wiederzuentdecken. Wir sind wirklich dankbar dafür, und wir schätzen die Gastfreundschaft, mit der Mitglieder unserer Familie hier wieder empfangen werden. Rodheim ist Teil unseres gemeinsamen Erbes, und wir sind dankbar für den guten Willen und die Freundschaft, (die uns hier entgegen gebracht werden). Das jüdische Museum [in Berlin, 2001 eröffnet] ist ein positives Zeichen für Bemühungen, auf das Gute und Schöpferische (in diesen Beziehungen) zu schauen, auch wenn das Traurige und die schwierige Erinnerung für alle von uns immer gegenwärtig sind.“
Was für großartige und versöhnliche Worte, für die vor allem wir besonders dankbar sein müssen!
Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung in der ev. Kirche begaben sich die Anwesenden zum Mahnmal für die am 10. November 1938 zerstörte Synagoge in der Wethgasse. Dort wurde ein Gesteck abgelegt und nach einer Gedenkminute mit abschließendem Gebet wurde die Veranstaltung beendet.