Archiv 0

„Rosbach rollt“ mit dem RGHV: Eine Geschichts- und Landschaftstour durch die Gemarkungen

Unter dem Motto „Rosbach rollt“ nimmt die Stadt Rosbach v.d. Höhe auch in diesem Frühsommer wieder an der deutschlandweiten Klimaaktion STADTRADELN teil. Mit Unterstützung verschiedener Vereine und Organisationen wurden interessante Radtouren angeboten. So führte der Rodheimer Geschichts- und Heimatverein (RGHV) mit Unterstützung des Heimatgeschichtsvereins Rosbach (HGV) am 3. Juni eine Geschichts- und Landschaftstour durch die Rosbacher Gemarkung durch. Geleitet wurde sie von Dr. Karsten Brunk, dem Vorsitzenden des RGHV, der die Route auch ausgearbeitet hatte.

Pünktlich um 14.00 Uhr versammelten sich an der Adolf-Reichwein-Halle in Rosbach die angemeldeten Tour-Teilnehmer. Schon nach einer kurzen Wegstrecke gab es den ersten Halt. An der Wasserburg in Nieder-Rosbach wurden die Radler von Dr. Michael Limlei, Vorstand des HGV, begrüßt. Danach informierte sein Vereinskollege Herr Heinz Rahn über die wechselvolle Geschichte der Wasserburg.

Nachdem die Gruppe Nieder-Rosbach verlassen hatte, erreichte sie eine Anhöhe am Rande der ehemaligen Kiesgrube “Auf dem Köppel“. Von dort konnte sie einen wunderbaren Ausblick über die Wetterau bis hin zum Vogelsberg genießen. Dieser Standort bot Dr. Karsten Brunk die Gelegenheit, anschaulich die geologischen Ursachen, die zur Entstehung dieser Landschaft geführt hatten, zu erläutern.

Die nächste Station der Radtour waren die Hügelgräber im Beinhardswald. Dieses vorgeschichtliche Grabhügelfeld war hier in der Bronze- oder frühen Eisenzeit angelegt worden – wie damals üblich auf Anhöhen. Leider hat es immer wieder Grabräuber gegeben, die Hügelgräber im Laufe der Zeit ausgeplündert hätten.

Von hieraus führte die Route entlang von Getreidefeldern bis zum Hamstergraben östlich von Rodheim. Hier stellte Dr. Karsten Brunk den Teilnehmern den unsichtbaren „vierten und ältesten Ortsteil“ in der Rosbacher Gemarkung vor. Es handelt sich um den heute nicht mehr existierenden Ort Leichen (auch Lichen), der im Jahr 775 erstmals urkundlich erwähnt und vermutlich im Spätmittelalter aufgegeben wurde. Noch heute deuten alte Flurnamen, wie „Hinter der Leicher Kirche“ oder „Im Leicher Feld“, auf die Existenz dieses Ortes hin. Auch wenn von dem Ort selbst nichts mehr zu erkennen ist, so zeichnet sich die Leicher Straße, eine wichtige Nord-Süd-Verbindung in der Wetterau, durch eine deutlich sichtbare Vertiefung im Gelände ab.

Der nächste Halt in Rodheim war nun schnell erreicht. Dort auf dem Marktplatz angekommen, berichtete Herr Joachim Beuck vom RGHV-Vorstand den Teilnehmern, dass Rodheim dank eines Privilegs Kaiser Karl IV mit einer mittelalterlichen Befestigung versehen werden konnte, deren Mauer den Ort umschloss und nur von den beiden Toren, dem Ober- und dem Untertor, unterbrochen wurde. Joachim Beuck wies darauf hin, dass zu dieser Zeit der Marktplatz noch ein ganz anderes Aussehen gehabt hatte. Zwei Gebäude, die prägend für diesen Platz waren, nämlich das alte Rathaus und die spätmittelalterliche Kirche seien im 19. Jahrhundert abgerissen worden. Da auch der Nachfolgebau der Kirche bereits in den 1950er Jahren wegen Baufälligkeit ebenfalls abgebrochen wurde, entstand die heutige Situation, dass der mittelalterliche Kirchturm nun ohne Kirchenschiff dasteht.

Außerhalb von Rodheim folgte die Tour zunächst dem Kreuzweg. Dort machte Herr Dr. Karsten Brunk die Gruppe auf die rechts vom Weg gelegene „Lettkaut“ aufmerksam. An dieser Stelle wurde, wie an vielen Stellen in der näheren Umgebung von Rodheim, früher Lehm für die Ziegelherstellung abgebaut. Möglicherweise gehen die Anfänge der Abgrabungen auch schon auf das Mittelalter zurück, als die Töpfer der nahe gelegenen Wüstung Wirtheim hier ihren Rohstoff gewannen.

Weiter Richtung Westen fahrend, erreichte die Gruppe schließlich die Weinstraße, der sie dann nordwärts folgte. Deren Name hat nichts mit dem Getränk zu tun, sondern leitet sich von „Wän“ oder „Waan“ für Wagen ab und bedeutet somit eigentlich „Wagenstraße“. Am westlichen Rand des Beinhardswaldes wies Dr. Karsten Brunk auf tiefe Geländeeinschnitte (Hohlwege) hin. Hierbei handelt es sich um die deutlich sichtbaren Errosionsspuren, die eine Jahrhunderte dauernde Benutzung der Weinstraße hervorgerufen hatte.

Südwestlich von Ober-Rosbach gab es nochmals auffällige Geländeformationen zu betrachten. Sie sind, wie Dr. Karsten Brunk ausführte, Zeugnisse des früheren Bergbaus in diesem Gebiet. Bis in die 1920er Jahre wurde dort Manganerz gewonnen und zwar sowohl bergmännisch als auch im Tagebau. Sichtbar geblieben sind nur die Abraumhalden.

Als letzte Station entlang der ca. 3-stündigen Rundtour erreichten die Radler den Marktplatz von Ober-Rosbach. Hier wurden sie wieder von Mitgliedern des HGV erwartet, von denen Herr Horst Pauly Interessantes über die Gebäude rings um den Marktplatz zu berichten hatte. Nachdem die Gruppe anschließend die 1883 in Ober-Rosbach gepflanzte Luthereiche passiert hatte, kehrte sie mit gut 18 Radelkilometern zum Startpunkt zurück.

Text: Joachim Beuck, Fotos: Carine Brunk

Kaiserpfalz Ingelheim und Ober-Ingelheim

Ober- und Nieder-Ingelheim sind und waren bedeutende Orte „auf der anderen Seite des Feldbergs“. Bereits auf der Hinfahrt konnte uns Jochen Beuck, Schriftführer des RGHV und Jurist, über die ‚Ingelheimer Haderbücher‘  (Hader = Streit) berichten, die zum Teil erhalten sind und die mittelalterliche Gerichtsbarkeit widerspiegeln.

In Ober-Ingelheim angekommen, präsentierte uns Gästeführer Hartmut Geißler die aktuelle Ausgrabung mit noch nicht eindeutig interpretierten Befunden der Merowingerzeit. Ein merowingisches Gräberfeld mit rund 3.200 Bestattungen in unmittelbarer Nähe belegt die vor-karolingische Besiedlung seit dem 6. Jahrhundert.

Dann ging es zur Burgkirche von Ober-Ingelheim, die mit einer mittelalterlichen Wehranlage umgeben ist und als eine der am besten erhaltenen befestigen Kirchenbauten gilt. Die Wehrmauer ist begehbar und so konnten die zahlreichen Um- und Erweiterungsbauten des hohen und späten Mittelalters, die sich nicht nur in den Stilelementen, sondern auch in den unterschiedlichen Höhen der Dachkonstruktion zeigen, aus nächster Nähe bestaunt werden.

Hinauf zum Restaurant am Bismarckturm zu einem guten Mittagessen bei bester Aussicht auf den Rheingau und kurzem Besuch im Tigergarten, wo den Großkatzen vom Restaurantbetreiber eine Heimstatt gegeben wird.

Am Nachmittag wurden wir in die karolingische Zeit entführt. In Nieder-Ingelheim finden sich Reste der bedeutenden Pfalzanlage, die auf Geheiß Karls des Großen im antiken Stil erbaut und von ihm mehrfach besucht wurde. Sein erster Besuch datiert ins Jahr 774. Friedrich Barbarossa ‚renovierte‘ die Pfalz im 12. Jahrhundert. Mauerreste der ausgedehnten Pfalzanlage sind teils oberirdisch erhalten und hervorragend restauriert oder als Bodenbefunde bekannt und im Straßenpflaster kenntlich gemacht.

Das Thema Reise-Königtum wurde in der anschließend besuchten Sonderausstellung „Der charismatische Ort – Stationen der reisenden Könige im Mittelalter“ vertieft, einer hochkarätigen Präsentation des politischen Wirkens der jeweiligen Herrscher anhand von Schriftstücken und teils originaler Funde.

Die Rotweinkönigin eröffnete pünktlich das Ingelheimer Rotweinfest, wo manch einer der Exkursionsteilnehmer gerne noch verweilt hätte!

Der Feldberg als Erinnerungsort

Der Feldberg – für die einen mag er nur die höchste Erhebung des Taunus‘ sein. Für Gregor Maier, Leiter des Fachbereichs Kultur des Hochtaunuskreises und des Kreisarchivs, ist er ein Ort lebendiger Geschichte und Gegenwart und das vermochte er in einem wahren Feuerwerk an Informationen den Zuhörern im voll besetzten Forum Faselstall des Rodheimer Geschichts- und Heimatvereins (RGHV) am letzten Freitag nahe zu bringen.

Ein Ort der Mystik – bereits 1046 wurde der Brunhildisfelsen auf dem Feldbergplateau erstmals erwähnt. Erasmus Alber, Humanist, Theologe und Fabeldichter des frühen 16. Jahrhunderts, war der Feldberg einen Exkurs in seinen Reisebeschreibungen wert. Die veränderte Naturbetrachtung, die Höhe, die „Erhabenheit“, das Panorama, sprach die Menschen in der Romantik an, wobei die Taunusromantik als das kleine Geschwisterchen der Rheinromantik folgte, so Maier.

Natürlich war Goethe hier und als „ästhetisches Erlebnis“ beschreibt Johann Ludwig Christ, seit 1776 Pfarrer in Rodheim, ab 1786 Oberpfarrer in Kronberg und bekannter Pomologe, sein Empfinden beim Blick von dort in die Weite der Landschaft. Sogar die Turmspitze des Straßburger Münsters, des damals mit 142 m höchsten Gebäudes der Welt, meinte man von dort gesehen zu haben! (Anmerkung: Aufgrund der Erdkrümmung und topographischer Hindernisse, wie der östliche Rand des Pfälzer Waldes, ist dies jedoch nicht möglich).

Politische Strömungen eroberten den Feldberg ab Oktober 1814, dem Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig, der Feldberg wurde zum festlichen Symbol von „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Die patriotisch orientierte Turnerbewegung, maßgeblich vorangetrieben durch den „Frankfurter Turnvater“ August Ravenstein, fand im Feldbergplateau das Ziel von Wander- und Turnfahrten und ab 1844 den Austragungsort für die Feldberg-Turnfeste. 1868 wurde hier der Taunus-Club gegründet, August Ravenstein, Kartograph, war einer der treibenden Kräfte hierfür wie auch für die Planung und Finanzierung des Baus von festen Unterkünften auf dem Gipfelplateau. Damit war die touristische Blütezeit des Feldbergs eingeläutet, der ab der 1920-er Jahre die Erschließung für den Autoverkehr folgte.

Große Entwicklung hätte der Feldberg nehmen können: Ernst Ritter von Marx, ab 1904 Landrat des Obertaunuskreises, hatte ihn als Austragungsort Olympischer Spiele angedacht und konnte ihn sich als patriotischen Symbolort im Rahmen des Wagner-Booms als „Zweites Bayreuth“ vorstellen. Die Pläne für die Freiluft-Arena waren bereits fertig!

RGHV Exkursion nach Herborn

Begleitet von strahlendem Sonnenschein und in landschaftlich sehr reizvoller Lage im Tal der Dill gelegen, wurden die diesjährigen Exkursionsziele des RGHV angesteuert: Herborn und Dillenburg. Wenn auch den Autobahnbenutzern auf der A45 (sog. Sauerlandlinie) als Anschlussstellen bekannt, so bleiben diese beiden am 18. August besuchten Städte meist doch nur „links liegen“. Dass dies ein Versäumnis ist, belegt nicht zuletzt die Resonanz der Mitfahrer, die von der herausragenden touristisch-historischen Attraktivität und Bedeutung der beiden Orte überrascht waren.

Besonders die Fachwerk- und Reformationsstadt Herborn begeistert ihre Besucher und der Marktplatz war am Samstag (18.8.18) als malerische Hochzeitslokalität und -kulisse sehr gefragt. Diesem Treiben konnten wir während unseres Mittagessens auf dem Marktplatz beiwohnen.

Davor brachte uns eine ausgezeichnete Gästeführerin während eines Stadtrundganges die besonderen Reize des „nassauischen Rothenburgs“ und die historischen Örtlichkeiten näher. Die historische Bedeutung liegt vor allem darin begründet, dass Herborn mit seiner 1584 gegründeten Hohen Schule, eine der wichtigsten Bildungsstätten der Calvinistisch-Reformierten in Europa war. Ihr bedeutendster Student war der Pädagoge Johann Amos Comenius und auch der bedeutendste frühneuzeitliche Landesherr von Rodheim, der Hanauer Graf Philipp Ludwig II., hat hier studiert. Ein weiterer Bezug zu Rodheim ist durch die hiesige Studienzeit des langjährigen Rodheimer Pfarrers Arthur Vigelius gegeben. Wegen ihrer herausragenden Bedeutung wurde Herborn 2016 der Ehrentitel „Reformationsstadt Europas“ verliehen.

Die Exkursionsgruppe vor dem Denkmal für Wilhelm von Oranien in Dillenburg

Die benachbarte Stadt Dillenburg schmückt sich ebenfalls mit einem kürzlich verliehenen Beinamen, nämlich „Oranienstadt“. Denn Dillenburg war Stammsitz des oranischen Zweiges des Hauses Nassau und hier wurde 1533 Wilhelm von Oranien (Wilhelm I. von Nassau-Dillenburg), Namensgeber und Stammvater des niederländischen Königshauses, geboren. Als bedeutender Führer im niederländischen Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien starb er 1584 in Delft und Dillenburg ist deshalb heute ein wichtiges Reiseziel für zahlreiche niederländische Besucher. Wilhelm I. zu Ehren wurde auf dem Gelände des im 7-jährigen Krieg zerstörten Schlosses der Wilhelmsturm errichtet (heute Wahrzeichen der Stadt) und im Jahr 2000 von der niederländischen Königin ein Denkmal enthüllt.

Kasematten, Staufenmauer und Römer

In den Jahren 2008 bis 2011 baute die Waisenhausstiftung, eine über 300 Jahre alte Frankfurter Institution, die sich auch heute noch um die Belange benachteiligter Kinder und Jugendlicher kümmert, ein neues Verwaltungs- und Betreuungszentrum in der Bleichstraße. Bei den Erdarbeiten stieß man auf Reste einer barocken Verteidigungsanlage, Teil des ehemaligen Befestigungsrings um Frankfurt, der im 17. Jahrhundert erbaut und im frühen 19. Jahrhundert wieder geschleift worden war. In diesem Teil des Befestigungsrings, Friedberger Bastion genannt, stieß man auf eine unterirdische Galerie, wie sie nach bisherigen Erkenntnissen wohl nur in diesem Bereich der Befestigung zu finden ist.

Diese Galerie – Kasematten genannt (von ital. ‚casamatta‘ = Wallgewölbe) – war das erste Ziel der Rosbach-Rodheimer Geschichtsvereinsgruppe. Nach der Bahnanreise wurde die Gruppe von Dr. Carsten Wenzel, dem derzeitigen kommissarischen Leiter des Archäologischen Museums Frankfurt und Vorsitzenden des Heimatgeschichtsvereins Rosbach, an der Konstablerwache willkommen geheißen. Nach kurzem Fußweg war die Bleichstraße 10 erreicht, das Gelände der Waisenhausstiftung, die vor Zeiten übrigens auch Äcker in Rosbach und Rodheim besessen hat.

Dem Engagement des Denkmalamtes Frankfurt und der Bereitschaft der Waisenhausstiftung, das Bauvorhaben den Gegebenheiten der neu entdeckten Bodenfunde anzupassen, ist es zu verdanken, dass ein Teil der Friedberger Bastion dem Besucher von der Gartenseite des Anwesens zugänglich ist und die Kasematten über Außentreppen betreten werden können.

Über den Resten der Friedberger Bastion in den Wallanlagen
Dr. Carsten Wenzel zwischen Jupitersäulen im Archäologischen Museum

In den Kasematten angekommen, erschloss sich ein etwa 40 m langer und 4 m hoher beeindruckender Gewölbegang. Schießscharten belegen die ursprünglich geplante Nutzung. Carsten Wenzel wusste viele Fakten und Geschichten zu berichten. So auch, dass das aufgegebene Gewölbe – obwohl später aus unerklärlichen Gründen zu 2/3 mit Schutt aufgefüllt – im 2. Weltkrieg den Anwohnern als Schutzraum diente und bei einem Angriff durch Kohlenmonoxidbildung über 20 Tote zu beklagen waren. Nach der Wiederentdeckung der Kasematten, die nach dem 2. Weltkrieg in Vergessenheit geraten waren, wussten einige Zeitzeugen oder deren Nachkommen davon zu berichten.

Wieder an der Oberfläche, konnte Dr. Wenzel anhand von Informationstafeln die Entwicklung der Frankfurter Stadtbefestigungen erklären. Dazu gehören die ältesten noch sichtbaren Reste des erhaltenen Befestigungsringes, die Staufenmauer, die das nächste Ziel unserer Gruppe war. Um 1200 erbaut, umschloss die Staufenmauer das Gebiet der Frankfurter Altstadt.

Bei einem kurzen Halt im Dom machte uns Carsten Wenzel auf die Lage der 1992 ausgegrabenen fränkisch-merowingischen Bestattung eines adligen Mädchens aufmerksam. Auf das Grab weist heute eine Sandsteinplatte im Boden hin. Das Mädchen war etwa 5-jährig mit hochwertigen Beigaben in einer Vorgängerkirche des Doms bestattet worden. Die exponierte Lage des Grabes in der Längsachse des Doms unterstreicht die wohl herausragende Stellung des Kindes, dessen Grab möglicherweise eine Pilgerstätte war. Die Leiterin des Frankfurter Denkmalamtes, Dr. Andrea Hampel, hatte 2015 in einem Vortrag im Rodheimer Forum Faselstall hierüber berichtet.

Vorbei an der noch nicht abgeschlossenen Überbauung des römerzeitlich-mittelalterlichen Archäologischen Gartens, ging es weiter ins Foyer des erneuerten Historischen Museums. Hier konnte ein Stück der Kaimauer des mittelalterlichen Mainhafens besichtigt werden, der bei den Bauarbeiten gefunden und freigelegt wurde.

Nach dem Mittagessen im Steinernen Haus war das Archäologische Museum das Ziel des Nachmittags. Vom „Hausherrn“ geführt, erfuhren die Teilnehmer aus erster Hand viel Neues nicht nur über das römische Nida, das im Bereich des heutigen Heddernheim liegt. Die hervorragende museale Präsentation der Museumsstücke in der ehemaligen Karmeliterkirche wurde von der überaus engagierten und kenntnisreichen Führung noch übertroffen. Herzlichen Dank an Carsten Wenzel für diesen Tag in Frankfurt.

Flur- und Grenzgang-Wanderung durchs Wirtheimer Feld und am Beinhards

Samstag, 16. April 2016, 5 Uhr – es regnet stark, 9 Uhr – es regnet stark, 10.30 Uhr – es regnet immer noch stark. Wird überhaupt jemand bei so einem Wetter zur Grenzgang-Wanderung, die um 11 Uhr beginnen soll, kommen? Sicher nicht mehr als fünf. Aber weit gefehlt. Am Treffpunkt hat sich eine beachtliche Anzahl an Regenschirmen eingefunden. Nach der Teilnehmerliste sind es 31 Personen, die sich nicht von den widrigen Umständen abhalten lassen. Sie alle sind gespannt auf die Ausführungen von Dr. Karsten Brunk, dem Vorsitzenden des Rodheimer Geschichts- und Heimatvereins (RGHV), der sie auf eine Wanderung durch die Zeit und die nordwestliche Gemarkung von Rodheim mitnehmen will. Dabei wird er die Teilnehmer zu zahlreichen historisch interessanten Punkten führen, die manchem vielleicht noch nicht bekannt sind.

Die Exkursion beginnt an der Kreuzung von Mainzer Straße und Kreuzweg und damit gleich an einer geschichtlich interessanten Stelle, denn beide Straßen waren früher wichtige, zumindest regional bedeutsame Verbindungswege. Der Kreuzweg dürfte schon seit der römischen Zeit bestehen und hat die römischen Stützpunkte in Heldenbergen und Okarben mit dem Kapersburg-Kastell verbunden. Die Mainzer Straße führte seit dem Hochmittelalter von Mainz bzw. Frankfurt nach Friedberg und weiter nach Norden.

Die Tour folgte zunächst ein Stück dem Kreuzweg, wo nach wenigen Metern der Standort einer ehemaligen Ziegelei aus der Zeit um 1900 passiert wurde. Heute ist hier nur noch eine ebene Fläche zu erkennen, die sich von dem sonst leicht abfallenden Gelände unterscheidet und nur dem geübten Auge auffällt. Karsten Brunk nennt weitere Beispiele, die deutlich machen, dass aufgrund der Ton- und Lehmvorkommen in diesem Teil der Rodheimer Gemarkung das Töpferhandwerk und Ziegeleien eine nicht unerhebliche Bedeutung hatten. So gab es an der Waldstraße von 1854 bis 1885 die sog. Ziegelhütte (heute Landwirtschaft) von Konrad Knaf und am Kreuzweg die Lettkaut, in der Ton und Lehm abgebaut wurde.

Südlich des Kreuzweges erstreckt sich der Wirtheimer Grund. Diese Flurbezeichnung weist auf den ehemaligen Ort bzw. Weiler Wirtheim hin. Er lag am Salzpfad, der in Nord-Süd-Richtung von Bad Nauheim kommend weiter nach Burgholzhausen führte. Der Name lässt vermuten, dass der Weg auch dem Transport von Salz aus der Saline in Bad Nauheim diente. Wirtheim wurde bereits in der Mitte des 14. Jahrhunderts aufgegeben (sog. Wüstung). Der Grund dafür war eine große Pestepidemie, der viele Menschen in der Region zum Opfer fielen. Die Bevölkerung wurde dadurch so stark dezimiert, dass das bisher bebaute Land nicht mehr im vollen Umfang genutzt werden konnte. So wurde der Ort ebenso wie die anderen Wüstungen um Rodheim (Stürzelheim, Leichen, teilweise auch Ober-Petterweil) aufgegeben und die wenigen verbliebenen Menschen in Rodheim angesiedelt.

Vom Wirtheimer Grund geht die Wanderung – der Regen hat inzwischen aufgehört – weiter auf dem Kreuzweg in westlicher Richtung, bis wir die Weinstraße erreichen. Der Name leitet sich von dem Wort „Waan“ (hess. für Wagen) ab und hat somit nichts mit Wein zu tun. Diese Straße war spätestens seit dem frühen Mittelalter eine der bedeutendsten Nord-Süd-Verbindungen in Deutschland. Zugleich markiert sie etwa den westlichen Rand des ehemaligen Wirtheimer Rodungsgebietes. Der Weinstraße folgend erreichen wir die sogenannte Ochsentränke, die heute ein Feuchtgebiet ist. Früher gab es hier einen Teich, der als Viehtränke genutzt wurde.

Durch die Erläuterung während des bisherigen Teils der Exkursion ist deutlich geworden, wie stark sich die Landnutzung über die Jahrhunderte hinweg gewandelt und, damit einhergehend, sich auch die Bedeutung von Landschaft und Natur für die Menschen verändert hat. Dies geschah in Abhängigkeit von der jeweiligen historischen Epoche und den damit zusammenhängenden Möglichkeiten der Menschen, sich Dinge zu Nutze zu machen. Aufgrund fehlender Maschinen und eingeschränkter Transportmöglichkeiten konnten die wesentlichen Rohstoffe wie Holz, Ton oder sonstiges Baumaterial in der Regel nur aus der unmittelbaren Umgebung beschafft werden. Fast verborgene Spuren dieser Bewirtschaftung und Landnutzung konnten wir heute Vormittag beobachten.

Rechtzeitig zur Mittagspause gegen 13 Uhr erreichen wir die Rotkäppchenhütte, in der vom RGHV-Vereinsvorstand zubereitete Brötchen mit Fleischkäse oder Käse sowie Kuchen und Getränke gereicht werden. Nachdem sich alle gestärkt haben, wandern wir – inzwischen bei schönstem Frühlingswetter! – weiter entlang der nördlichen Rodheimer Gemarkungsgrenze, die dem Verlauf des Lohgrabens am Beinhardswald folgt. Karsten Brunk erläutert, dass es wegen des Verlaufs dieser Grenze insbesondere im 17. und 18. Jahrhundert immer wieder zu Streitigkeiten kam, die wiederholt zu tätlichen Auseinandersetzungen führten, wie sich aus den Akten ergibt. In einem besonders bemerkenswerten Fall wurde vom Verwalter auf dem Beinhardshof sogar der Lohgraben umgelenkt und auf Rodheimer Gemarkungsgelände geleitet, um das Gebiet von Solms-Rödelheim, zu der der Beinhardswald gehörte, zu vergrößern.

Endpunkt des historischen Teils der Wanderung ist der sog. Dreimärker am östlichen Ende des Beinhardswaldes. Dieser 1710 gesetzte dreieckige Grenzstein markiert die Grenze zwischen den Gemarkungen Beinhards (ehemals Solms-Rödelheim), Nieder-Rosbach (ehemals Hessen-Darmstadt) und Rodheim (bis 1806 Grafschaft Hanau).

Am gleichen Standort lenkt Karsten Brunk, als abschließendes „Schmankerl“ der Wanderung, noch das Augenmerk auf ein imposantes Naturdenkmal (als solches aber nicht gekennzeichnet), nämlich die stattliche Hute-Eiche am südöstlichen Rand des Beinhardswaldes. Leider ist dieser Baum in den letzten Jahrzehnten so stark von dem sich ausbreitenden Waldsaum umschlungen worden, dass er als herausregendes Monument kaum mehr in Erscheinung tritt. Eine behutsame Entfernung des buschartigen Niederwaldes unter seiner Baumkrone würde diese wohl mächtigste Eiche in der Rosbacher Gemarkung wesentlich besser zur Geltung kommen lassen.

Wie der Wal nach Eppstein kam und ausgesuchte Relikte römischer Besiedlung in Mainz

Wie kam der Wal nach Eppstein? Sicher war er nicht über Nordsee, Rhein und Main in den Schwarzbach geschwommen, so Dr. Berthold Picard. Eher habe ihn ein mittelalterlicher Reisender mitgebracht. Zunächst in der um 1577 zerstörten Burgkapelle präsentiert, kam der linke Unterkiefer eines Finn- oder Blauwals über Umwege ins Wiesbadener Museum. 2006 wurde eine Kopie davon am Inneren Tor der Eppsteiner Burg angebracht. In Kirchen seien häufig Walknochen zu finden gewesen in Erinnerung an Jonas im Bauch des Wals, womit eine Verbindung zur Auferstehungsgeschichte geschaffen wird. In Eppstein lässt sich der Knochen noch vorzüglich mit einer der Gründungssagen verknüpfen – bestimmt eine Rippe des Riesen, der Bertha von Bremthal entführt und hier gefangen gehalten hat!

Kopie des Unterkiefer eines Wals am Inneren Burgtor der Burg Eppstein

Viele solcher Anekdoten würzten die Ausführungen zur Baugeschichte der seit 927 n. Chr. belegten zunächst frühmittelalterlichen Turmburg, zur Entwicklung der Stadt und der Herren von Eppstein, die seit 1419 Mitbesitzer von Rodheim waren.

Dr. Berthold Picard, früher Bibliotheksrat in Frankfurt, Archivar und langjähriger Leiter des Eppsteiner Heimatmuseums, Verfasser der Eppsteiner Chronik, schöpfte aus dem Fundus seiner jahrzehntelangen historischen Forschertätigkeit. Nach seinem Vortrag im Vorjahr über „Die Herren von Eppstein und Eppstein-Königstein, ehemalige Landesherren von Rodheim“ im Faselstall rundete sich das Bild der knapp 30 Exkursionsteilnehmer nun vor Ort in Eppstein ab. Das sehenswerte Museum in der Burg war dazu die perfekte Ergänzung.

Ein Besuch der Talkirche wurde zum kleinen musikalischen Highlight, die Organistin und eine Sopranistin übten gerade und konnten vom lauschenden Publikum unerwarteten Applaus entgegen nehmen.

Gottfried VII. von Eppstein-Münzenberg, der 1. „Rodheimer Eppsteiner“ (Epitaph in der Talkirche Eppstein)

Was gehört zu einem gelungenen Ausflug? Natürlich die Einkehr zu einem guten Essen, von Margot und Dieter Mehring wieder gekonnt ausgesucht und vorab erprobt! Ein herzliches Dankeschön dafür und für die gelungene Organisation der Exkursion!

Die Freude war groß, als die Exkursionsteilnehmer nach kurzer Busfahrt in Mainz von Pfarrer Alexander Liermann, unserem ehemaligen Gemeindepfarrer, in Empfang genommen wurden.

Er führte die Gruppe zu einer Auswahl der in Mainz vielfach erlebbaren römischen Spuren. Etwa ab 16 v. Chr. drang ein Stiefsohn Augustus‘, Nero Claudius Drusus, ins mittelrheinische Gebiet ein und etwa ab 12/13 v. Chr. wird die Errichtung eines römischen Legionslagers auf den Höhen gegenüber der Mainmündung vermutet, von hier aus nahm die Entwicklung von ‚Mongontiacum‘ wohl ihren Lauf. Der Drususturm am südlichen Zipfel der Zitadelle sei sein favorisiertes Relikt der Römerzeit in Mainz, so Liermann, ein noch etwa 20 m hoher Kenotaph (Scheingrab) für den genannten Drusus. Durch Liermanns Ausführungen erschlossen sich den Zuhörern die Bedeutung eines solchen Denkmals für den Kampfgeist der Truppe und für die Emotionen des einzelnen Legionärs.

Vor dem Drususturm in Mainz

Römische Legionäre im kalten Germanien ohne Brot und Spiele – undenkbar! Bereits 1884 stieß man beim Bau der Eisenbahn auf eine Art Bühnenbau, 1916 erfolgte eine erste Suchgrabung, die belegte, dass es sich dabei um Reste eines römischen Theaters handelt. Erst 1999 legte die gezielte Ausgrabung des etwa 10.000 Zuschauer fassenden wohl größten römischen Theaters nördlich der Alpen dessen Reste frei.

Weiter ging’s zum Museums für Antike Schifffahrt, in dem die fünf in den Jahren 1981 und 1982 gefundenen spätantiken römischen Militärschiffe bestaunt und deren Restaurierung nachvollzogen werden konnten, bevor Kaffee und Kuchen die gelungene Exkursion gemütlich beschlossen.

Archäologielandschaft Frankfurt am Main

Mitreißender und informativer kann ein Überblick über die Boden-Denkmalpflege nicht sein. Dr. Andrea Hampel ist tagtäglich mit den vielfältigen Facetten der hessischen und speziell der Frankfurter Boden- und Bau-Denkmalpflege beschäftigt und mit Herzblut dabei. Am Freitag, dem 22. April 2015, ließ sie im Forum Faselstall die Zuhörer beim Rodheimer Geschichts- und Heimatverein teilhaben an ihrer spannenden Tätigkeit.

Die promovierte Archäologin Andrea Hampel, in Frankfurt geboren und aufgewachsen, studierte an der Goethe-Universität und jobbte schon zu dieser Zeit im Denkmalamt der Stadt, das sie seit 1991 leitet. Unterstützt wird sie dabei von 15 weiteren Mitarbeitern, eine im Land einzigartige Konstellation, gibt es doch sonst in Hessen nur noch 5 weitere Kreisdenkmalpfleger. Ausgestattet mit einem Etat von 350 Mill. Euro, werden von ihr zurzeit etwa 1.700 Bauvorhaben im ausgedehnten Stadtgebiet von Frankfurt archäologisch begleitet und notwendig werdende Ausgrabungen selbst geleitet – eine Mammutaufgabe, die aber immer wieder zu neuen und zum Teil sensationellen Funden und Befunden geführt hat und führt.

In einem weit gespannten Bogen stellte Dr. Hampel Funde von der Alt- über die Jungsteinzeit vor und berichtete über Nachweise aus Bronze- und Eisenzeit, streifte die beeindruckende römische Besiedlung Frankfurts und wusste Spannendes über merowingische Siedlungsnachweise erzählen. Ihr persönliches Highlight aus dieser Zeit ist das reich ausgestattete Mädchengrab des ausgehenden 7. Jahrhunderts aus dem Frankfurter Dom, das sie 1992 gefunden hat.

Der Domhügel als zentraler Ort, wurde mehrfach ergraben: im Archäologischen Garten finden sich neben Relikten römischer Niederlassungen Reste des merowingischen Königshofs, der karolingischen Königspfalz und spätmittelalterlicher Keller.

Hampel erläuterte die Entwicklung der Stadtbefestigung seit dem 11. Jahrhundert, die Staufermauer als deren Erweiterung, die Landwehr des Hochmittelalters und rief die heute noch sicht- und begehbaren Bauten ins Gedächtnis der Zuhörer. Immer im historischen Bezug, gelang es ihr, ein lebendiges Bild der Stadtgeschichte zu zeichnen.

Ganz nebenbei vermittelte sie moderne Grabungstechniken, die den Blick in den Boden auch ohne Erdbewegungen ermöglichen. Beeindruckend der Stadtwald, der durch Laserscan virtuell seiner Bäume beraubt, den Blick auf etwa 400 Grabhügel frei gibt.

„Wir suchen uns unsere Grabungsstellen nicht, wir werden gerufen“, so Hampel. Durch die konsequente Verfolgung von Verstößen gegen das Denkmalschutzgesetz durch die Stadt Frankfurt habe sich mittlerweile ein Verständnis für die Wichtigkeit der Erfassung und des Erhalts von Kulturgütern entwickelt.