Der Feldberg – für die einen mag er nur die höchste Erhebung des Taunus‘ sein. Für Gregor Maier, Leiter des Fachbereichs Kultur des Hochtaunuskreises und des Kreisarchivs, ist er ein Ort lebendiger Geschichte und Gegenwart und das vermochte er in einem wahren Feuerwerk an Informationen den Zuhörern im voll besetzten Forum Faselstall des Rodheimer Geschichts- und Heimatvereins (RGHV) am letzten Freitag nahe zu bringen.
Ein Ort der Mystik – bereits 1046 wurde der Brunhildisfelsen auf dem Feldbergplateau erstmals erwähnt. Erasmus Alber, Humanist, Theologe und Fabeldichter des frühen 16. Jahrhunderts, war der Feldberg einen Exkurs in seinen Reisebeschreibungen wert. Die veränderte Naturbetrachtung, die Höhe, die „Erhabenheit“, das Panorama, sprach die Menschen in der Romantik an, wobei die Taunusromantik als das kleine Geschwisterchen der Rheinromantik folgte, so Maier.
Natürlich war Goethe hier und als „ästhetisches Erlebnis“ beschreibt Johann Ludwig Christ, seit 1776 Pfarrer in Rodheim, ab 1786 Oberpfarrer in Kronberg und bekannter Pomologe, sein Empfinden beim Blick von dort in die Weite der Landschaft. Sogar die Turmspitze des Straßburger Münsters, des damals mit 142 m höchsten Gebäudes der Welt, meinte man von dort gesehen zu haben! (Anmerkung: Aufgrund der Erdkrümmung und topographischer Hindernisse, wie der östliche Rand des Pfälzer Waldes, ist dies jedoch nicht möglich).
Politische Strömungen eroberten den Feldberg ab Oktober 1814, dem Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig, der Feldberg wurde zum festlichen Symbol von „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Die patriotisch orientierte Turnerbewegung, maßgeblich vorangetrieben durch den „Frankfurter Turnvater“ August Ravenstein, fand im Feldbergplateau das Ziel von Wander- und Turnfahrten und ab 1844 den Austragungsort für die Feldberg-Turnfeste. 1868 wurde hier der Taunus-Club gegründet, August Ravenstein, Kartograph, war einer der treibenden Kräfte hierfür wie auch für die Planung und Finanzierung des Baus von festen Unterkünften auf dem Gipfelplateau. Damit war die touristische Blütezeit des Feldbergs eingeläutet, der ab der 1920-er Jahre die Erschließung für den Autoverkehr folgte.
Große Entwicklung hätte der Feldberg nehmen können: Ernst Ritter von Marx, ab 1904 Landrat des Obertaunuskreises, hatte ihn als Austragungsort Olympischer Spiele angedacht und konnte ihn sich als patriotischen Symbolort im Rahmen des Wagner-Booms als „Zweites Bayreuth“ vorstellen. Die Pläne für die Freiluft-Arena waren bereits fertig!
Begleitet von strahlendem Sonnenschein und in landschaftlich sehr reizvoller Lage im Tal der Dill gelegen, wurden die diesjährigen Exkursionsziele des RGHV angesteuert: Herborn und Dillenburg. Wenn auch den Autobahnbenutzern auf der A45 (sog. Sauerlandlinie) als Anschlussstellen bekannt, so bleiben diese beiden am 18. August besuchten Städte meist doch nur „links liegen“. Dass dies ein Versäumnis ist, belegt nicht zuletzt die Resonanz der Mitfahrer, die von der herausragenden touristisch-historischen Attraktivität und Bedeutung der beiden Orte überrascht waren.
Besonders die Fachwerk- und Reformationsstadt Herborn begeistert ihre Besucher und der Marktplatz war am Samstag (18.8.18) als malerische Hochzeitslokalität und -kulisse sehr gefragt. Diesem Treiben konnten wir während unseres Mittagessens auf dem Marktplatz beiwohnen.
Davor brachte uns eine ausgezeichnete Gästeführerin während eines Stadtrundganges die besonderen Reize des „nassauischen Rothenburgs“ und die historischen Örtlichkeiten näher. Die historische Bedeutung liegt vor allem darin begründet, dass Herborn mit seiner 1584 gegründeten Hohen Schule, eine der wichtigsten Bildungsstätten der Calvinistisch-Reformierten in Europa war. Ihr bedeutendster Student war der Pädagoge Johann Amos Comenius und auch der bedeutendste frühneuzeitliche Landesherr von Rodheim, der Hanauer Graf Philipp Ludwig II., hat hier studiert. Ein weiterer Bezug zu Rodheim ist durch die hiesige Studienzeit des langjährigen Rodheimer Pfarrers Arthur Vigelius gegeben. Wegen ihrer herausragenden Bedeutung wurde Herborn 2016 der Ehrentitel „Reformationsstadt Europas“ verliehen.
Die Exkursionsgruppe vor dem Denkmal für Wilhelm von Oranien in Dillenburg
Die benachbarte Stadt Dillenburg schmückt sich ebenfalls mit einem kürzlich verliehenen Beinamen, nämlich „Oranienstadt“. Denn Dillenburg war Stammsitz des oranischen Zweiges des Hauses Nassau und hier wurde 1533 Wilhelm von Oranien (Wilhelm I. von Nassau-Dillenburg), Namensgeber und Stammvater des niederländischen Königshauses, geboren. Als bedeutender Führer im niederländischen Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien starb er 1584 in Delft und Dillenburg ist deshalb heute ein wichtiges Reiseziel für zahlreiche niederländische Besucher. Wilhelm I. zu Ehren wurde auf dem Gelände des im 7-jährigen Krieg zerstörten Schlosses der Wilhelmsturm errichtet (heute Wahrzeichen der Stadt) und im Jahr 2000 von der niederländischen Königin ein Denkmal enthüllt.
In den Jahren 2008 bis 2011 baute die Waisenhausstiftung, eine über 300 Jahre alte Frankfurter Institution, die sich auch heute noch um die Belange benachteiligter Kinder und Jugendlicher kümmert, ein neues Verwaltungs- und Betreuungszentrum in der Bleichstraße. Bei den Erdarbeiten stieß man auf Reste einer barocken Verteidigungsanlage, Teil des ehemaligen Befestigungsrings um Frankfurt, der im 17. Jahrhundert erbaut und im frühen 19. Jahrhundert wieder geschleift worden war. In diesem Teil des Befestigungsrings, Friedberger Bastion genannt, stieß man auf eine unterirdische Galerie, wie sie nach bisherigen Erkenntnissen wohl nur in diesem Bereich der Befestigung zu finden ist.
Diese Galerie – Kasematten genannt (von ital. ‚casamatta‘ = Wallgewölbe) – war das erste Ziel der Rosbach-Rodheimer Geschichtsvereinsgruppe. Nach der Bahnanreise wurde die Gruppe von Dr. Carsten Wenzel, dem derzeitigen kommissarischen Leiter des Archäologischen Museums Frankfurt und Vorsitzenden des Heimatgeschichtsvereins Rosbach, an der Konstablerwache willkommen geheißen. Nach kurzem Fußweg war die Bleichstraße 10 erreicht, das Gelände der Waisenhausstiftung, die vor Zeiten übrigens auch Äcker in Rosbach und Rodheim besessen hat.
Dem Engagement des Denkmalamtes Frankfurt und der Bereitschaft der Waisenhausstiftung, das Bauvorhaben den Gegebenheiten der neu entdeckten Bodenfunde anzupassen, ist es zu verdanken, dass ein Teil der Friedberger Bastion dem Besucher von der Gartenseite des Anwesens zugänglich ist und die Kasematten über Außentreppen betreten werden können.
Über den Resten der Friedberger Bastion in den WallanlagenDr. Carsten Wenzel zwischen Jupitersäulen im Archäologischen Museum
In den Kasematten angekommen, erschloss sich ein etwa 40 m langer und 4 m hoher beeindruckender Gewölbegang. Schießscharten belegen die ursprünglich geplante Nutzung. Carsten Wenzel wusste viele Fakten und Geschichten zu berichten. So auch, dass das aufgegebene Gewölbe – obwohl später aus unerklärlichen Gründen zu 2/3 mit Schutt aufgefüllt – im 2. Weltkrieg den Anwohnern als Schutzraum diente und bei einem Angriff durch Kohlenmonoxidbildung über 20 Tote zu beklagen waren. Nach der Wiederentdeckung der Kasematten, die nach dem 2. Weltkrieg in Vergessenheit geraten waren, wussten einige Zeitzeugen oder deren Nachkommen davon zu berichten.
Wieder an der Oberfläche, konnte Dr. Wenzel anhand von Informationstafeln die Entwicklung der Frankfurter Stadtbefestigungen erklären. Dazu gehören die ältesten noch sichtbaren Reste des erhaltenen Befestigungsringes, die Staufenmauer, die das nächste Ziel unserer Gruppe war. Um 1200 erbaut, umschloss die Staufenmauer das Gebiet der Frankfurter Altstadt.
Bei einem kurzen Halt im Dom machte uns Carsten Wenzel auf die Lage der 1992 ausgegrabenen fränkisch-merowingischen Bestattung eines adligen Mädchens aufmerksam. Auf das Grab weist heute eine Sandsteinplatte im Boden hin. Das Mädchen war etwa 5-jährig mit hochwertigen Beigaben in einer Vorgängerkirche des Doms bestattet worden. Die exponierte Lage des Grabes in der Längsachse des Doms unterstreicht die wohl herausragende Stellung des Kindes, dessen Grab möglicherweise eine Pilgerstätte war. Die Leiterin des Frankfurter Denkmalamtes, Dr. Andrea Hampel, hatte 2015 in einem Vortrag im Rodheimer Forum Faselstall hierüber berichtet.
Vorbei an der noch nicht abgeschlossenen Überbauung des römerzeitlich-mittelalterlichen Archäologischen Gartens, ging es weiter ins Foyer des erneuerten Historischen Museums. Hier konnte ein Stück der Kaimauer des mittelalterlichen Mainhafens besichtigt werden, der bei den Bauarbeiten gefunden und freigelegt wurde.
Nach dem Mittagessen im Steinernen Haus war das Archäologische Museum das Ziel des Nachmittags. Vom „Hausherrn“ geführt, erfuhren die Teilnehmer aus erster Hand viel Neues nicht nur über das römische Nida, das im Bereich des heutigen Heddernheim liegt. Die hervorragende museale Präsentation der Museumsstücke in der ehemaligen Karmeliterkirche wurde von der überaus engagierten und kenntnisreichen Führung noch übertroffen. Herzlichen Dank an Carsten Wenzel für diesen Tag in Frankfurt.
Samstag, 16. April 2016, 5 Uhr – es regnet stark, 9 Uhr – es regnet stark, 10.30 Uhr – es regnet immer noch stark. Wird überhaupt jemand bei so einem Wetter zur Grenzgang-Wanderung, die um 11 Uhr beginnen soll, kommen? Sicher nicht mehr als fünf. Aber weit gefehlt. Am Treffpunkt hat sich eine beachtliche Anzahl an Regenschirmen eingefunden. Nach der Teilnehmerliste sind es 31 Personen, die sich nicht von den widrigen Umständen abhalten lassen. Sie alle sind gespannt auf die Ausführungen von Dr. Karsten Brunk, dem Vorsitzenden des Rodheimer Geschichts- und Heimatvereins (RGHV), der sie auf eine Wanderung durch die Zeit und die nordwestliche Gemarkung von Rodheim mitnehmen will. Dabei wird er die Teilnehmer zu zahlreichen historisch interessanten Punkten führen, die manchem vielleicht noch nicht bekannt sind.
Die Exkursion beginnt an der Kreuzung von Mainzer Straße und Kreuzweg und damit gleich an einer geschichtlich interessanten Stelle, denn beide Straßen waren früher wichtige, zumindest regional bedeutsame Verbindungswege. Der Kreuzweg dürfte schon seit der römischen Zeit bestehen und hat die römischen Stützpunkte in Heldenbergen und Okarben mit dem Kapersburg-Kastell verbunden. Die Mainzer Straße führte seit dem Hochmittelalter von Mainz bzw. Frankfurt nach Friedberg und weiter nach Norden.
Die Tour folgte zunächst ein Stück dem Kreuzweg, wo nach wenigen Metern der Standort einer ehemaligen Ziegelei aus der Zeit um 1900 passiert wurde. Heute ist hier nur noch eine ebene Fläche zu erkennen, die sich von dem sonst leicht abfallenden Gelände unterscheidet und nur dem geübten Auge auffällt. Karsten Brunk nennt weitere Beispiele, die deutlich machen, dass aufgrund der Ton- und Lehmvorkommen in diesem Teil der Rodheimer Gemarkung das Töpferhandwerk und Ziegeleien eine nicht unerhebliche Bedeutung hatten. So gab es an der Waldstraße von 1854 bis 1885 die sog. Ziegelhütte (heute Landwirtschaft) von Konrad Knaf und am Kreuzweg die Lettkaut, in der Ton und Lehm abgebaut wurde.
Südlich des Kreuzweges erstreckt sich der Wirtheimer Grund. Diese Flurbezeichnung weist auf den ehemaligen Ort bzw. Weiler Wirtheim hin. Er lag am Salzpfad, der in Nord-Süd-Richtung von Bad Nauheim kommend weiter nach Burgholzhausen führte. Der Name lässt vermuten, dass der Weg auch dem Transport von Salz aus der Saline in Bad Nauheim diente. Wirtheim wurde bereits in der Mitte des 14. Jahrhunderts aufgegeben (sog. Wüstung). Der Grund dafür war eine große Pestepidemie, der viele Menschen in der Region zum Opfer fielen. Die Bevölkerung wurde dadurch so stark dezimiert, dass das bisher bebaute Land nicht mehr im vollen Umfang genutzt werden konnte. So wurde der Ort ebenso wie die anderen Wüstungen um Rodheim (Stürzelheim, Leichen, teilweise auch Ober-Petterweil) aufgegeben und die wenigen verbliebenen Menschen in Rodheim angesiedelt.
Vom Wirtheimer Grund geht die Wanderung – der Regen hat inzwischen aufgehört – weiter auf dem Kreuzweg in westlicher Richtung, bis wir die Weinstraße erreichen. Der Name leitet sich von dem Wort „Waan“ (hess. für Wagen) ab und hat somit nichts mit Wein zu tun. Diese Straße war spätestens seit dem frühen Mittelalter eine der bedeutendsten Nord-Süd-Verbindungen in Deutschland. Zugleich markiert sie etwa den westlichen Rand des ehemaligen Wirtheimer Rodungsgebietes. Der Weinstraße folgend erreichen wir die sogenannte Ochsentränke, die heute ein Feuchtgebiet ist. Früher gab es hier einen Teich, der als Viehtränke genutzt wurde.
Durch die Erläuterung während des bisherigen Teils der Exkursion ist deutlich geworden, wie stark sich die Landnutzung über die Jahrhunderte hinweg gewandelt und, damit einhergehend, sich auch die Bedeutung von Landschaft und Natur für die Menschen verändert hat. Dies geschah in Abhängigkeit von der jeweiligen historischen Epoche und den damit zusammenhängenden Möglichkeiten der Menschen, sich Dinge zu Nutze zu machen. Aufgrund fehlender Maschinen und eingeschränkter Transportmöglichkeiten konnten die wesentlichen Rohstoffe wie Holz, Ton oder sonstiges Baumaterial in der Regel nur aus der unmittelbaren Umgebung beschafft werden. Fast verborgene Spuren dieser Bewirtschaftung und Landnutzung konnten wir heute Vormittag beobachten.
Rechtzeitig zur Mittagspause gegen 13 Uhr erreichen wir die Rotkäppchenhütte, in der vom RGHV-Vereinsvorstand zubereitete Brötchen mit Fleischkäse oder Käse sowie Kuchen und Getränke gereicht werden. Nachdem sich alle gestärkt haben, wandern wir – inzwischen bei schönstem Frühlingswetter! – weiter entlang der nördlichen Rodheimer Gemarkungsgrenze, die dem Verlauf des Lohgrabens am Beinhardswald folgt. Karsten Brunk erläutert, dass es wegen des Verlaufs dieser Grenze insbesondere im 17. und 18. Jahrhundert immer wieder zu Streitigkeiten kam, die wiederholt zu tätlichen Auseinandersetzungen führten, wie sich aus den Akten ergibt. In einem besonders bemerkenswerten Fall wurde vom Verwalter auf dem Beinhardshof sogar der Lohgraben umgelenkt und auf Rodheimer Gemarkungsgelände geleitet, um das Gebiet von Solms-Rödelheim, zu der der Beinhardswald gehörte, zu vergrößern.
Endpunkt des historischen Teils der Wanderung ist der sog. Dreimärker am östlichen Ende des Beinhardswaldes. Dieser 1710 gesetzte dreieckige Grenzstein markiert die Grenze zwischen den Gemarkungen Beinhards (ehemals Solms-Rödelheim), Nieder-Rosbach (ehemals Hessen-Darmstadt) und Rodheim (bis 1806 Grafschaft Hanau).
Am gleichen Standort lenkt Karsten Brunk, als abschließendes „Schmankerl“ der Wanderung, noch das Augenmerk auf ein imposantes Naturdenkmal (als solches aber nicht gekennzeichnet), nämlich die stattliche Hute-Eiche am südöstlichen Rand des Beinhardswaldes. Leider ist dieser Baum in den letzten Jahrzehnten so stark von dem sich ausbreitenden Waldsaum umschlungen worden, dass er als herausregendes Monument kaum mehr in Erscheinung tritt. Eine behutsame Entfernung des buschartigen Niederwaldes unter seiner Baumkrone würde diese wohl mächtigste Eiche in der Rosbacher Gemarkung wesentlich besser zur Geltung kommen lassen.
Wie kam der Wal nach Eppstein? Sicher war er nicht über Nordsee, Rhein und Main in den Schwarzbach geschwommen, so Dr. Berthold Picard. Eher habe ihn ein mittelalterlicher Reisender mitgebracht. Zunächst in der um 1577 zerstörten Burgkapelle präsentiert, kam der linke Unterkiefer eines Finn- oder Blauwals über Umwege ins Wiesbadener Museum. 2006 wurde eine Kopie davon am Inneren Tor der Eppsteiner Burg angebracht. In Kirchen seien häufig Walknochen zu finden gewesen in Erinnerung an Jonas im Bauch des Wals, womit eine Verbindung zur Auferstehungsgeschichte geschaffen wird. In Eppstein lässt sich der Knochen noch vorzüglich mit einer der Gründungssagen verknüpfen – bestimmt eine Rippe des Riesen, der Bertha von Bremthal entführt und hier gefangen gehalten hat!
Kopie des Unterkiefer eines Wals am Inneren Burgtor der Burg Eppstein
Viele solcher Anekdoten würzten die Ausführungen zur Baugeschichte der seit 927 n. Chr. belegten zunächst frühmittelalterlichen Turmburg, zur Entwicklung der Stadt und der Herren von Eppstein, die seit 1419 Mitbesitzer von Rodheim waren.
Dr. Berthold Picard, früher Bibliotheksrat in Frankfurt, Archivar und langjähriger Leiter des Eppsteiner Heimatmuseums, Verfasser der Eppsteiner Chronik, schöpfte aus dem Fundus seiner jahrzehntelangen historischen Forschertätigkeit. Nach seinem Vortrag im Vorjahr über „Die Herren von Eppstein und Eppstein-Königstein, ehemalige Landesherren von Rodheim“ im Faselstall rundete sich das Bild der knapp 30 Exkursionsteilnehmer nun vor Ort in Eppstein ab. Das sehenswerte Museum in der Burg war dazu die perfekte Ergänzung.
Ein Besuch der Talkirche wurde zum kleinen musikalischen Highlight, die Organistin und eine Sopranistin übten gerade und konnten vom lauschenden Publikum unerwarteten Applaus entgegen nehmen.
Gottfried VII. von Eppstein-Münzenberg, der 1. „Rodheimer Eppsteiner“ (Epitaph in der Talkirche Eppstein)
Was gehört zu einem gelungenen Ausflug? Natürlich die Einkehr zu einem guten Essen, von Margot und Dieter Mehring wieder gekonnt ausgesucht und vorab erprobt! Ein herzliches Dankeschön dafür und für die gelungene Organisation der Exkursion!
Die Freude war groß, als die Exkursionsteilnehmer nach kurzer Busfahrt in Mainz von Pfarrer Alexander Liermann, unserem ehemaligen Gemeindepfarrer, in Empfang genommen wurden.
Er führte die Gruppe zu einer Auswahl der in Mainz vielfach erlebbaren römischen Spuren. Etwa ab 16 v. Chr. drang ein Stiefsohn Augustus‘, Nero Claudius Drusus, ins mittelrheinische Gebiet ein und etwa ab 12/13 v. Chr. wird die Errichtung eines römischen Legionslagers auf den Höhen gegenüber der Mainmündung vermutet, von hier aus nahm die Entwicklung von ‚Mongontiacum‘ wohl ihren Lauf. Der Drususturm am südlichen Zipfel der Zitadelle sei sein favorisiertes Relikt der Römerzeit in Mainz, so Liermann, ein noch etwa 20 m hoher Kenotaph (Scheingrab) für den genannten Drusus. Durch Liermanns Ausführungen erschlossen sich den Zuhörern die Bedeutung eines solchen Denkmals für den Kampfgeist der Truppe und für die Emotionen des einzelnen Legionärs.
Vor dem Drususturm in Mainz
Römische Legionäre im kalten Germanien ohne Brot und Spiele – undenkbar! Bereits 1884 stieß man beim Bau der Eisenbahn auf eine Art Bühnenbau, 1916 erfolgte eine erste Suchgrabung, die belegte, dass es sich dabei um Reste eines römischen Theaters handelt. Erst 1999 legte die gezielte Ausgrabung des etwa 10.000 Zuschauer fassenden wohl größten römischen Theaters nördlich der Alpen dessen Reste frei.
Weiter ging’s zum Museums für Antike Schifffahrt, in dem die fünf in den Jahren 1981 und 1982 gefundenen spätantiken römischen Militärschiffe bestaunt und deren Restaurierung nachvollzogen werden konnten, bevor Kaffee und Kuchen die gelungene Exkursion gemütlich beschlossen.
Mitreißender und informativer kann ein Überblick über die Boden-Denkmalpflege nicht sein. Dr. Andrea Hampel ist tagtäglich mit den vielfältigen Facetten der hessischen und speziell der Frankfurter Boden- und Bau-Denkmalpflege beschäftigt und mit Herzblut dabei. Am Freitag, dem 22. April 2015, ließ sie im Forum Faselstall die Zuhörer beim Rodheimer Geschichts- und Heimatverein teilhaben an ihrer spannenden Tätigkeit.
Die promovierte Archäologin Andrea Hampel, in Frankfurt geboren und aufgewachsen, studierte an der Goethe-Universität und jobbte schon zu dieser Zeit im Denkmalamt der Stadt, das sie seit 1991 leitet. Unterstützt wird sie dabei von 15 weiteren Mitarbeitern, eine im Land einzigartige Konstellation, gibt es doch sonst in Hessen nur noch 5 weitere Kreisdenkmalpfleger. Ausgestattet mit einem Etat von 350 Mill. Euro, werden von ihr zurzeit etwa 1.700 Bauvorhaben im ausgedehnten Stadtgebiet von Frankfurt archäologisch begleitet und notwendig werdende Ausgrabungen selbst geleitet – eine Mammutaufgabe, die aber immer wieder zu neuen und zum Teil sensationellen Funden und Befunden geführt hat und führt.
In einem weit gespannten Bogen stellte Dr. Hampel Funde von der Alt- über die Jungsteinzeit vor und berichtete über Nachweise aus Bronze- und Eisenzeit, streifte die beeindruckende römische Besiedlung Frankfurts und wusste Spannendes über merowingische Siedlungsnachweise erzählen. Ihr persönliches Highlight aus dieser Zeit ist das reich ausgestattete Mädchengrab des ausgehenden 7. Jahrhunderts aus dem Frankfurter Dom, das sie 1992 gefunden hat.
Der Domhügel als zentraler Ort, wurde mehrfach ergraben: im Archäologischen Garten finden sich neben Relikten römischer Niederlassungen Reste des merowingischen Königshofs, der karolingischen Königspfalz und spätmittelalterlicher Keller.
Hampel erläuterte die Entwicklung der Stadtbefestigung seit dem 11. Jahrhundert, die Staufermauer als deren Erweiterung, die Landwehr des Hochmittelalters und rief die heute noch sicht- und begehbaren Bauten ins Gedächtnis der Zuhörer. Immer im historischen Bezug, gelang es ihr, ein lebendiges Bild der Stadtgeschichte zu zeichnen.
Ganz nebenbei vermittelte sie moderne Grabungstechniken, die den Blick in den Boden auch ohne Erdbewegungen ermöglichen. Beeindruckend der Stadtwald, der durch Laserscan virtuell seiner Bäume beraubt, den Blick auf etwa 400 Grabhügel frei gibt.
„Wir suchen uns unsere Grabungsstellen nicht, wir werden gerufen“, so Hampel. Durch die konsequente Verfolgung von Verstößen gegen das Denkmalschutzgesetz durch die Stadt Frankfurt habe sich mittlerweile ein Verständnis für die Wichtigkeit der Erfassung und des Erhalts von Kulturgütern entwickelt.
Wanderung durch die Jahrhunderte – Entdeckungen auf den Spuren der Ortsgeschichte“, so lautet die Bezeichnung eines Projektes, mit dem der Rodheimer Geschichts- und Heimatverein (RGHV) die Grundrisse früherer Kirchenschiffe im Bereich des Rodheimer Kirchturms teilweise wieder sichtbar und nachvollziehbar machen will. Über dieses Vorhaben ist seit 2012 mehrfach berichtet worden. Nachdem der RGHV für dieses Projekt Ende 2013 eine Spende durch die Mainova erhalten hatte (siehe unten), konnte jetzt mit der Umsetzung begonnen werden. Als erster Schritt wurde am vergangenen Samstag (2. August) mit der Freilegung der erstaunlich gut erhaltenen Fundamentmauern des 1956 abgerissenen Kirchengebäudes der sog. Großen Kirche begonnen.
Diese Mauerreste sollen anschließend in Abstimmung mit dem Denkmalschutz konservierend behandelt und in anschaulicher Form dauerhaft präsentiert werden. Das Mahnmal am Kirchturm zur Erinnerung an die Toten des 1. Weltkrieges wird davon nicht beeinträchtigt. Neben der Freilegung der Fundamentmauern sollen auch die Mauerverläufe der letzten Vorgängerkirche aus dem Späten Mittelalter in zwei Abschnitten im Bereich des Kita-Zuganges rekonstruiert werden.
Der RGHV möchte damit einen Beitrag zur besseren Wahrnehmung der Vorgeschichte auf dem Gelände um den heute nur noch als Solitär erhaltenen Kirchturm leisten. Die früheren Kirchenbauten haben das Ortsbild im Zentrum Rodheims über viele Jahrhunderte geprägt. Nicht zuletzt wegen des täglich von hunderten von Kita-Kindern, Eltern und Großeltern frequentierten Kita-Zuganges besteht hier eine hervorragende Gelegenheit um über Rodheimer Geschichte zu „stolpern“.
Aufbauend auf dem Vortag von Dr. Bertold Picard über die historischen falkensteinisch-eppsteinisch-königsteinischen Beziehungen zu Rodheim vor der Höhe im März dieses Jahres im Forum Faselstall, konnten sich am 12. Juli zahlreiche Teilnehmer einer Exkursion des Rodheimer Geschichts- und Heimatvereins (RGHV) vor Ort ein Bild von den noch sichtbaren Relikten dieser über 300-jährigen Herrschaftszeit machen. Ziel waren die Burg und die Stadt Königstein sowie die Höhenburg Falkenstein im Taunus.
Als hervorragender Kenner der Königsteiner Geschichte und Archäologie konnte Rudolf Krönke, langjähriger Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde e.V. in Königstein gewonnen werden. Er führte die Exkursionsteilnehmer zunächst auf die Königsteiner Burg. Vorbei am Luxemburger Schloss, heute Sitz des Amtsgerichts, ging es durch die bauhistorisch jüngeren Bereiche der ausgedehnten Festungsanlage aus dem 17. bis 15. Jahrhundert. Durch das Stolberger, das Eppsteiner und das Falkensteiner Tor erreichte die Gruppe allmählich die ältesten Bereiche der Kernburg, die, wie eine von Krönke initiierte C14-Analyse aus der Putz-Magerung des Fischgratmauerwerks belegt hat, bereits aus der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts stammt. Aus Grabungen ist bekannt, dass Mauerreste unter dem heutigen Niveau des inneren Burghofs ins 11. bzw. 10. Jahrhundert datieren. Krönke ließ den Aufstieg dorthin durch seine Fülle historischer Informationen, gewürzt mit allerlei Anekdoten, zum Vergnügen werden, zumal auch das Wetter nach den Tagen sintflutartiger Regenfälle ein Einsehen hatte.
Nach einem vortrefflichen Mittagessen ging es zunächst in die dörflich anmutende Altstadt von Königstein durch den steinernen im Jahr 1255 errichteten Torbogen des Alten Rathauses, einst Burgtor zur ehemaligen Vorburg, die heute mit zahlreichen lauschigen Gässchen aufwartet. Der Weg führte zurück zum Alten Rathaus, dessen Fachwerkaufbau 1673 fertig gestellt war und seit 1968 das Heimatmuseum beherbergt. Darin wird die Siedlungsgeschichte der Region dokumentiert und neben Hausrat und Handwerk erzählen auch kleine Kuriositäten des heilklimatischen Kurorts Königstein von den Vorlieben vergangener Zeiten.
Zentrales Objekt des Museums aber ist das 1909 fertig gestellte Modell der Königsteiner Burg im Maßstab 1:100, das den Bauzustand um 1790 zeigt, und anhand dessen die Teilnehmer ihren Weg durch die Festung noch einmal nachvollziehen konnten. Den Weg bis zum inneren Burghof, in dem die Zisterne noch heute sichtbar ist, in der 1796 im Rahmen der Koalitionskriege die Sprengladung der französischen Besatzer deponiert wurde, die, vorzeitig explodiert, sowohl dem Pallas der Burg wie auch dem Sprengkommando zum Verhängnis wurde. Die Burg war danach dem Verfall preisgegeben, Steine der Burg finden sich in zahlreichen Häusern von Königstein vermauert.
Nach einer kurzen Busfahrt war am späten Nachmittag das 2. Exkursions-Ziel erreicht, die Burgruine Falkenstein, eine ehemalige (Raub-)Ritterburg auf dem knapp 500 Meter hohen Noringsberg mit seiner ausgezeichneten Aussicht über die Rhein-Main-Ebene. Besonders beeindruckend sind hier die herrlichen Rundblicke vom Turm der Burg, der unter Ritter Frank von Cronberg um 1450 neu errichtet worden war.
In Falkenstein erwartete uns Hermann Groß, der seit Jahrzehnten die Regionalgeschichte Falkensteins und des Hochtaunuskreises erforscht und seit 2011 Träger des Saalburgpreises für Geschichts- und Heimatpflege des Hochtaunuskreises ist. Kenntnisreich erläuterte er die komplizierten Zusammenhänge der Nürings, der Münzenberger, der Falkensteiner und Königsteiner Herren mit der Rodheimer Geschichte. Die von den Falkensteinern neben der „Noringsburg“ gebaute Burg „Neu-Falkenstein“ bewohnten diese jedoch nicht selbst, vielmehr wurde sie als Lehen vergeben.
Insbesondere im Verlaufe des so genannten „Reichskrieges“ im Jahr 1364 kam es zur teilweisen Zerstörung der Burg. Auslöser dafür waren die Auseinandersetzungen zwischen Ulrich III. von Hanau und Philipp VI. von Falkenstein um die Vorherrschaft in Rodheim und weiteren Städten und Herrschaften in der Wetterau und im Vordertaunus. Mit dem Übergang der Burg an die Herren von Nassau (Lahn) am Ende des 14. Jahrhunderts bildete diese und das Dorf bis 1806 eine nassauische Enklave innerhalb der Herrschaft Königstein und später innerhalb des Kurmainzer Territoriums. Als die Enklave unter nassauischer Herrschaft an Ritter-Besitzgemeinschaften vergeben war gehörten zeitweilig auch Raubritter zu dieser Gemeinschaft. Zu den schlimmsten Burgmannen dieser Art zählten die Familien von Hattstein und von Reifenberg. Im Jahr 1679 starb der letzte Falkensteiner Ritter auf der Burg.