Mit seinem Vortrag „Rodheim im 19. Jahrhundert – die hundert Jahre im Großherzogtum“ beschloss Pfr. i.R. Fritz Dahmen am 6.10.2006 seine 4-teilige Vortragsreihe, die im Jubiläumsjahr 2005 begann und einen ersten großen Überblick über das von ihm angestrebte umfassende Werk zur Rodheimer Ortsgeschichte ermöglichte.
Diesen Recherchen zufolge war das 16. Jahrhundert eine Zeit starker Umbrüche in der Entwicklung der Landesherrschaft; die Bevölkerung wurde immer wieder zu neuen Huldigungen gegenüber wechselnden Landesherren oder Vormündern zukünftiger Regenten aufgerufen. Eine Verfassung des lange zweiherrigen Dorfes musste installiert werden und das Rechtswesen bedurfte einer Vereinheitlichung. Die Entwicklung der Bevölkerung in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts korrespondierte mit der guten wirtschaftlichen Entwicklung, wurde aber durch ein kriegerisches 17. Jahrhundert nivelliert.
„Zwischen Katastrophe und Wiederaufbau“ nannte der Referent seinen zweiten Vortrag. Im Sammelbegriff „Dreißigjähriger Krieg“ von 1618-48 sammeln sich viele kleinere und größere kriegerische Handlungen, wobei die Wetterau Durchzugsgebiet oder auch Kriegsschauplatz war. Zusätzlich dezimierten Pestepidemien die Bevölkerung in den geplünderten und verwüsteten Dörfer. Nach Kriegsende wurden die geschundenen Einwohner in Form von Kriegsschulden und Kriegsentschädigungen der Siegermächte erneut belastet und der notwendige Wiederaufbau begann sehr zögerlich.
Dadurch wurde auch die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts weitgehend für bauliche Erhaltungsmaßnahmen und Neubauten genutzt, die auch das Erscheinungsbild des Ortes veränderten. Der bestehende Gegensatz zwischen den beiden Rodheimer evangelischen Konfessionen dauerte an und wurde durch den Neubau einer lutherischen Kirche in der Hauptstraße manifestiert. Aber auch die Kriege des 18. Jahrhunderts zogen Rodheim erneut in Mitleidenschaft. Hessen-hanauische Söldner, darunter 40 Rodheimer Männer, kämpften im Dienste Englands im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg 1776-83. Die französischen Revolutionsarmeen überzogen Europa mit Krieg und verheerten die rechtsrheinischen Gebiete und die Wetterau.
Nachdem die Napoleonische Zeit um 1810 beendet war, fielen die kurhessischen Besitzungen an das Großherzogtum Hessen. Damit begann das sogenannte „lange Jahrhundert“, das anhaltende Phasen der Beruhigung und des wirtschaftlichen Aufbaus gewährte. Die innerstaatlichen Demokratiebewegungen, ausgelöst durch die französische Revolution, führten aber zu politischen Kämpfen und Auseinandersetzungen. Auch Rodheim und die damaligen politisch handelnden Personen blieben von diesen Umwälzungsbestrebungen nicht verschont.
Als der Hobbyhistoriker Pfarrer Dahmen bei diesem vorläufig letzten Vortrag zu den vier Jahrhunderten Ortsgeschichte über seine neuen Erkenntnisse referierte, war deutlich zu spüren, dass sich das Gros der Zuhörer aus alteingesessenen Rodheimer Familien rekrutierte. Bei vielen angesprochenen Begebenheiten, bei Namen oder kleinen Anekdoten wurde allenthalben durch zustimmendes Nicken bestätigt, dass man schon im Familienkreis davon gehört hatte, ohne aber genaue Fakten oder Details zu kennen. Und daran mangelte es bei diesem Vortrag wahrlich nicht!