Archiv 0

Auftakt zur Rekonstruktion historischer Kirchengrundrisse

Wanderung durch die Jahrhunderte – Entdeckungen auf den Spuren der Ortsgeschichte“, so lautet die Bezeichnung eines Projektes, mit dem der Rodheimer Geschichts- und Heimatverein (RGHV) die Grundrisse früherer Kirchenschiffe im Bereich des Rodheimer Kirchturms teilweise wieder sichtbar und nachvollziehbar machen will. Über dieses Vorhaben ist seit 2012 mehrfach berichtet worden. Nachdem der RGHV für dieses Projekt Ende 2013 eine Spende durch die Mainova erhalten hatte (siehe unten), konnte jetzt mit der Umsetzung begonnen werden. Als erster Schritt wurde am vergangenen Samstag (2. August) mit der Freilegung der erstaunlich gut erhaltenen Fundamentmauern des 1956 abgerissenen Kirchengebäudes der sog. Großen Kirche begonnen.

Diese Mauerreste sollen anschließend in Abstimmung mit dem Denkmalschutz konservierend behandelt und in anschaulicher Form dauerhaft präsentiert werden. Das Mahnmal am Kirchturm zur Erinnerung an die Toten des 1. Weltkrieges wird davon nicht beeinträchtigt. Neben der Freilegung der Fundamentmauern sollen auch die Mauerverläufe der letzten Vorgängerkirche aus dem Späten Mittelalter in zwei Abschnitten im Bereich des Kita-Zuganges rekonstruiert werden.

Der RGHV möchte damit einen Beitrag zur besseren Wahrnehmung der Vorgeschichte auf dem Gelände um den heute nur noch als Solitär erhaltenen Kirchturm leisten. Die früheren Kirchenbauten haben das Ortsbild im Zentrum Rodheims über viele Jahrhunderte geprägt. Nicht zuletzt wegen des täglich von hunderten von Kita-Kindern, Eltern und Großeltern frequentierten Kita-Zuganges besteht hier eine hervorragende Gelegenheit um über Rodheimer Geschichte zu „stolpern“.

Auf den Spuren der mittelalterlichen Rodheimer Landesherren

Aufbauend auf dem Vortag von Dr. Bertold Picard über die historischen falkensteinisch-eppsteinisch-königsteinischen Beziehungen zu Rodheim vor der Höhe im März dieses Jahres im Forum Faselstall, konnten sich am 12. Juli  zahlreiche Teilnehmer einer Exkursion des Rodheimer Geschichts- und Heimatvereins (RGHV) vor Ort ein Bild von den noch sichtbaren Relikten dieser über 300-jährigen Herrschaftszeit machen. Ziel waren die Burg und die Stadt Königstein sowie die Höhenburg Falkenstein im Taunus.

Als hervorragender Kenner der Königsteiner Geschichte und Archäologie konnte Rudolf Krönke, langjähriger Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde e.V. in Königstein  gewonnen werden. Er führte die Exkursionsteilnehmer zunächst auf die Königsteiner Burg. Vorbei am Luxemburger Schloss, heute Sitz des Amtsgerichts, ging es durch die bauhistorisch jüngeren Bereiche der ausgedehnten Festungsanlage aus dem 17. bis 15. Jahrhundert. Durch das Stolberger, das Eppsteiner und das Falkensteiner Tor erreichte die Gruppe allmählich die ältesten Bereiche der Kernburg, die, wie eine von Krönke initiierte C14-Analyse aus der Putz-Magerung des Fischgratmauerwerks belegt hat, bereits aus der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts stammt. Aus Grabungen ist bekannt, dass Mauerreste unter dem heutigen Niveau des inneren Burghofs ins 11. bzw. 10. Jahrhundert datieren. Krönke ließ den Aufstieg dorthin durch seine Fülle historischer Informationen, gewürzt mit allerlei Anekdoten, zum Vergnügen werden, zumal auch das Wetter nach den Tagen sintflutartiger Regenfälle ein Einsehen hatte.

Nach einem vortrefflichen Mittagessen ging es zunächst in die dörflich anmutende Altstadt von Königstein durch den steinernen im Jahr 1255 errichteten Torbogen des Alten Rathauses, einst Burgtor zur ehemaligen Vorburg, die heute mit zahlreichen lauschigen Gässchen aufwartet. Der Weg führte zurück zum Alten Rathaus, dessen Fachwerkaufbau 1673 fertig gestellt war und seit 1968 das Heimatmuseum beherbergt. Darin wird die Siedlungsgeschichte der Region dokumentiert und neben Hausrat und Handwerk erzählen auch kleine Kuriositäten des heilklimatischen Kurorts Königstein von den Vorlieben vergangener Zeiten.

Zentrales Objekt des Museums aber ist das 1909 fertig gestellte Modell der Königsteiner Burg im Maßstab 1:100, das den Bauzustand um 1790 zeigt, und anhand dessen die Teilnehmer ihren Weg durch die Festung noch einmal nachvollziehen konnten. Den Weg bis zum inneren Burghof, in dem die Zisterne noch heute sichtbar ist, in der 1796 im Rahmen der Koalitionskriege die Sprengladung der französischen Besatzer deponiert wurde, die, vorzeitig  explodiert, sowohl dem Pallas der Burg wie auch dem Sprengkommando zum Verhängnis wurde. Die Burg war danach dem Verfall preisgegeben, Steine der Burg finden sich in zahlreichen Häusern von Königstein vermauert.

Nach einer kurzen Busfahrt war am späten Nachmittag das 2. Exkursions-Ziel erreicht, die Burgruine Falkenstein, eine ehemalige (Raub-)Ritterburg auf dem knapp 500 Meter hohen Noringsberg mit seiner ausgezeichneten Aussicht über die Rhein-Main-Ebene. Besonders beeindruckend sind hier die herrlichen Rundblicke vom Turm der Burg, der unter Ritter Frank von Cronberg um 1450 neu errichtet worden war.

In Falkenstein erwartete uns Hermann Groß, der seit Jahrzehnten die Regionalgeschichte Falkensteins und des Hochtaunuskreises erforscht und seit 2011 Träger des Saalburgpreises für Geschichts- und Heimatpflege des Hochtaunuskreises ist. Kenntnisreich erläuterte er die komplizierten Zusammenhänge der Nürings, der Münzenberger, der Falkensteiner und Königsteiner Herren mit der Rodheimer Geschichte. Die von den Falkensteinern neben der „Noringsburg“ gebaute Burg „Neu-Falkenstein“ bewohnten diese jedoch nicht selbst, vielmehr wurde sie als Lehen vergeben.

Insbesondere im Verlaufe des so genannten „Reichskrieges“ im Jahr 1364 kam es zur teilweisen Zerstörung der Burg. Auslöser dafür waren die Auseinandersetzungen zwischen Ulrich III. von Hanau und Philipp VI. von Falkenstein um die Vorherrschaft in Rodheim und weiteren Städten und Herrschaften in der Wetterau und im Vordertaunus. Mit dem Übergang der Burg an die Herren von Nassau (Lahn) am Ende des 14. Jahrhunderts bildete diese und das Dorf bis 1806 eine nassauische Enklave innerhalb der Herrschaft Königstein und später innerhalb des Kurmainzer Territoriums. Als die Enklave unter nassauischer Herrschaft an Ritter-Besitzgemeinschaften vergeben war gehörten zeitweilig auch Raubritter zu dieser Gemeinschaft. Zu den schlimmsten Burgmannen dieser Art zählten die Familien von Hattstein und von Reifenberg. Im Jahr 1679 starb der letzte Falkensteiner Ritter auf der Burg.

Historische Kirchengrundrisse sollen wieder sichtbar werden

„Wir stehen hier an einer besonderen Stelle für die Rodheimer Ortsgeschichte, denn das ist der Ort, an dem Rodheim seine sakralen Wurzeln hat“, meinte Karsten Brunk, Vorsitzender des Rodheimer Geschichts- und Heimatvereins (RGHV) am Mittwochnachmittag. Am 18.12.2013 war er am Fuße des Alten Kirchturms mit Bürgermeister Thomas Alber, Ortsvorsteher Rainer Schaub sowie Vertretern der Kita Regenbogen und RGHV-Vorstandsmitgliedern zusammengekommen, um von Mainova-Vorstand Peter Birkner die Zusage entgegenzunehmen, dass der Energieversorger einen Zuschuss von 10 000 Euro bewilligt hat. Das Geld soll verwendet werden für die Gestaltung von historischen Mauerverläufen auf jenem Areal, unter dessen Grasnarbe sich die Fundamente ehemaliger Kirchenbauten befinden.

In einem Teil des Areals will man die Grundmauern freilegen und das Mauerwerk möglichst originalgetreu wieder so weit hochziehen, dass der Grundriss der einstigen Kirchen für jedermann ebenerdig erkennbar wird. Brunk hat sich intensiv mit den verschiedenen Rodheimer Kirchbauten beschäftigt, welche einst genau dort gestanden hatten, wo heute die Kita Regenbogen über Gebäude und Außenanlagen verfügt, und wo zahlreiche Kinder und Eltern jeden Tag vorbeigehen. Bei seinen Recherchen konnte sich der Lokalhistoriker auf historische Pläne und auf die Befunde einer 1985 durchgeführten archäologischen Grabungskampagne stützen. Diese waren vom damaligen Pfarrer Fritz Dahmen angeregt worden. Die Grabungsergebnisse und umfassende historische Recherchen fanden ihren Niederschlag in dem 1992 erschienenen Buch „Die alte Kirche in Rodheim vor der Höhe“.

Immer wieder hatten die Rodheimer im Laufe der Jahrhunderte ihre Kirche(n) an dieser Stelle erbaut, umgebaut oder abgerissen, bis nach dem Abriss der zuletzt errichteten „Großen Kirche“ im Jahr 1956 mit dem Bau des „Musterkindergartens“ begonnen wurde, der heute noch steht. Anlässlich des 50jährigen Jubiläums der Kita in 2008 hatte die damalige Elternbeirätin und spätere Fördervereinsvorsitzende Sybille Ullrich eine Ausstellung über die Entstehungsgeschichte des Hauses angeregt. „Damals sind wir mit dem RGHV zusammen gekommen, und heraus kam jene Idee, die wir jetzt verwirklichen können“, berichtete Ullrich. In schriftlicher Form sind die Erträge der Ausstellung bereits 2009 unter dem Titel „Vom Kirchhof zum Kindergarten“ im Band 7 der Rodheimer Hefte veröffentlicht worden.

Zur Vorgeschichte des Geländes gehört auch der mittelalterliche und frühneuzeitliche Kirchhof, der sich im unmittelbaren Umfeld der alten Kirchbauten befand. Dieser ehemalige Friedhof führte zuletzt im Februar 2013 zu einem kurzen Baustopp, als im Zuge der Umgestaltung des Spielgeländes der Kita wieder menschliche Knochen gefunden worden waren.

 „So wenige Tage vor Heiligabend geht dank Ihrer Spende ein großer Wunsch in Erfüllung“, sagte Bürgermeister Alber. Gerade zur Weihnachtszeit werde den Menschen bewusst, wie eng die Kultur mit dem christlichen Glauben verbunden sei. „Unsere kirchlichen Wurzeln sind Teil unserer Identität.“ Und diesen Wurzeln werde man in Rodheim nun mit Hilfe des Geldsegens auf die Spur kommen können, um sie auch für die Nachwelt (wieder) sichtbar zu machen. Ermöglicht wurde diese Spende auch durch den „guten Draht“ von Bürgermeister Alber und seines Amtsvorgängers Detlef Brechtel zur Mainova.

Birkner betonte, dass Projekte dieser Art nicht zu den alltäglichen gehörten, weshalb man sich der Sache ganz besonders gern angenommen habe. „Wir liefern nicht nur Energie für die Steckdose, sondern auch emotionale und kulturelle Energie“, meinte er. Als Partner der Kommunen und Menschen vor Ort engagiere sich die Mainova auch für die Region, und der Nachwuchs liege dem Konzern ganz besonders am Herzen. Deshalb unterstütze man bevorzugt Maßnahmen, die ein nachhaltiges Lernen und Erleben gewährleisteten. Das Kirchenprojekt ermögliche dies. Schon die Kleinsten, die täglich auf dem Weg zum Kindergarten an den Steinen vorbeikämen – also gedanklich über sie stolpern dürften – würden davon profitieren.

RGHV-Vorsitzender Karsten Brunk griff zufrieden zum Spaten, um zusammen mit Thomas Alber und Peter Birkner symbolisch den Beginn des Projektes zu signalisieren. „Dank Mainova erhält Rodheim ein Stück fast vergessene Geschichte zurück“, freute er sich. So könne man endlich nachholen, was bei der Überbauung des Geländes in den 1950er Jahren versäumt wurde. Damals hatte man die Grundmauern – und mit ihnen Zeugnisse der jahrhundertealten Geschichte – einfach mit Erde zugeschoben und Gras darüber wachsen lassen.

Auf den Spuren von Friedrich Ludwig Weidig in Cleeberg und Butzbach

Im Gedenken an Geburts- und Todestage der Urheber der 1834 verbreiteten revolutionären Flugschrift „Der Hessische Landbote“ hat der RGHV an den Schriftsteller Georg Büchner (1813-1837) und den Freiheitskämpfer Friedrich Ludwig Weidig (1791-1837) erinnert. Dies geschah zunächst im Rahmen eines Vortrages am 6. September durch den Butzbacher Museumsleiter Dr. Dieter Wolf. Unter dem Titel „Weidig, Büchner und ihr oberhessischer Mitarbeiterkreis – Oppositioneller Widerstand und revolutionäres Fahrwasser im Vormärz“  wurden die Lebenswege und die Leistungen der beiden wichtigen Vorkämpfer für unsere heutigen Freiheitsrechte präsentiert.

Der Weg des Butzbacher Lehrers, Pfarrers, Turners und Freiheitskämpfers Weidig vom Oppositionellen bis zum Revolutionär ist mehr als anderthalb Jahrzehnte nachvollziehbar. Das Eintreten des später als Schriftsteller zu Weltruhm gelangten Georg Büchner in der konspirativen „Gesellschaft der Menschenrechte“ und seine Kontakte zum ein Leben lang für rechtsstaatliche Grundsätze und die Schaffung einer Verfassung für das Großherzogtum Hessen kämpfenden Rektor Weidig standen im Zentrum des Vortrages. Dabei wurde deutlich, dass weder der Medizinstudent Büchner wie besonders auch der langjährige Butzbacher Pädagoge Weidig diese Kampfschrift nur verbreiten konnten, weil hinter ihnen ein gut organisiertes Netzwerk von Mitarbeitern stand, zu denen aber leider auch Verräter gehörten. Das Landbotenprojekt war bereits vor dem Verbreiten verraten worden, weshalb die polizeilichen Fahndungen sehr früh einsetzten, letztlich Büchner zur Flucht nach Frankreich zwangen, während der mittlerweile in den Vogelsberg als Pfarrer zwangsversetzte Weidig verhaftet wurde und in den Händen eines unmenschlichen Untersuchungsrichters in den Selbstmord getrieben wurde.

Die ebenfalls von Dieter Wolf geleitete und kommentierte Busexkursion am 28. September führte bei herrlichem Herbstwetter zu den wenig bekannten frühen Stationen im Leben von Friedrich Ludwig Weidig. Der aus alter hessischer Försterfamilie stammende Weidig wurde 1791 in dem kleinen Dörfchen Oberkleen geboren. Die Familie zog bereits bald danach ins nahe Cleeberg, wo der Vater das Oberförsteramt des Großvaters übernahm. Auf der Exkursionsroute entlang des Kleebachtales westlich von Butzbach lagen zunächst die alte Bergbausiedlung Espa, das malerisch gelegene Cleeberg und Oberkleen. Am ersten Exkursionsstopp in Cleeberg wurde deutlich, welch verborgenes Kleinod sich hinter diesem Städtchen mit seiner mindestens bis ins frühe 12. Jahrhundert zurückgehenden Burg verbirgt.

Zweites Exkursionsziel war der frühere hessen-darmstädtische Verwaltungssitz Butzbach, der Ort, in den die Familie Weidig bereits 1803 umziehen musste und wo F.L. Weidig aufwuchs und, mit Unterbrechung des Theologiestudiums, bis 1834 wohnte und wirkte. Zu den frühen Butzbacher Wirkungsstätten Weidigs gehörte der Turnplatz auf dem Schrenzer am Limes. Hier hatte Weidig ab etwa 1814 nach dem Vorbild Friedrich Ludwig Jahns mit seinen Schülern Turn- und Exerzierübungen durchgeführt. Von späteren Historikern und Biographen wurde er deshalb auch als „hessischer Turnvater“ tituliert. Nach dem Mittagessen im Traditionsrestaurant „Zum Stern“ in der Butzbacher Innenstadt standen einige der vielen Stätten und Ecken, die mit dem Wirken Weidigs in „seiner“ Stadt in Verbindung gebracht werden können, auf dem Programm. Ergänzend zu diesem Rundgang rundete ein Besuch des stadthistorischen Museums mit seinen ausgezeichneten Präsentationen die Themen Vormärz und Weidig ab. Ihren Abschluss fand die von Dieter Wolf überaus informativ, kompetent und sympathisch geführte Exkursion nach einer Kaffeepause am Butzbacher Marktplatz und der Besichtigung der Wendelinskapelle, der ältesten Fachwerkskirche Hessens.

Linsensuppe am Limes

GH R 42 – Großherzogtum Hessen, Rodheim, Grenzstein 42 – so lautet die nur noch teilweise lesbare Beschriftung eines historischen Grenzsteins am Limes im Bereich des Bundeswehr-Munitionslagers Köppern. Die Bezeichnung Köppern geht auf die Zufahrt von Köppern aus zurück, auch wenn das BW-Depot selbst ausschließlich auf Wehrheimer und Rodheimer Gemarkungsgebiet liegt. Zur Vervollständigung der 2004 begonnenen Erfassung der historischen Rodheimer Gemarkungsgrenzsteine hatte Karsten Brunk im Frühjahr 2011 Kontakt mit dem Leiter Betriebsführung, Hauptmann Gross, aufgenommen und konnte daraufhin im April 2011 die ansonsten nicht zugänglichen Grenzabschnitte im Sperrgebiet begehen und die Bestandsaufnahme abschließen. Dazu gehörte auch die Dokumentation und Neueinmessung von zwei römischen Wachtürmen auf dem Gelände. Im Gespräch mit dem Leiter kam auch die Möglichkeit einer öffentlichen Informationsveranstaltung in Verbindung mit einem Besuch des Munitionslagers zur Sprache. Dieses Angebot wurde sehr gerne angenommen und mit dem Besuch der Rodheimer und Rosbacher Geschichtsvereinsmitglieder am 20. April 2013 auch umgesetzt.

Die Besuchergruppe am Munitionslager Köppern (Fotos Ute Veit und Frauke Stock)

Die wegen begrenzter räumlicher Kapazitäten auf 50 Personen beschränkte Besuchergruppe wurde zu Beginn des Besuches von Oberleutnant (OLt) Kunz, Leiter Technik, empfangen, der anschließend auch im Rahmen einer sehr guten Präsentation ausführlich über die Vorgeschichte (bis 1995 amerikanisches Militärgelände), den heutigen Status des seit 1997 eingerichteten Munitionslagers der Bundeswehr und die heutigen Aufgaben des Munitionslagers informierte. Nach dieser Einführung erfolgte eine Teilung der Gruppe, denen im Wechsel zwei Führungen geboten wurden. Zwischen den Führungen wurden die Besucher mit einer hervorragenden Linsensuppe in der Kantine verwöhnt. Die Veranstalter danken OLt Kunz, seinen Mitarbeitern und dem Kantinenpersonal ganz herzlichen für ihre informative, logistische und kulinarische Gastfreundschaft an einem normalerweise dienstfreien Samstag.

Ausgabe der köstlichen Linsensuppe in der Kantine

Von Seiten der Bundeswehr wurde den Besuchern eine Führung von OLt Kunz durch die umfangreiche Munitions-Mustersammlung geboten. Anhand der dort ausgestellten Exponate bekamen die Gäste einen sehr gut dargebotenen Überblick über die bei der Bundeswehr eingeführte Munition und deren Wirkungsweise. Diese Vorstellung schloss auch Vergleiche mit der ebenfalls in der Sammlung enthaltenen Munition aus russischer und DDR-Produktion ein.

In der Munitions-Mustersammlung

Die historischen Aspekte innerhalb des Munitionslagers, also die Relikte des römischen Limes und der historischen Gemarkungsgrenzen, wurden der zweiten Gruppe durch Dr. Carsten Wenzel und Dr. Karsten Brunk bei einer Wanderung entlang des Limesabschnittes präsentiert. Im Angesicht des hier teilweise noch gut erhaltenen UNESCO-Weltkulturerbes Limes und der römischen Wachturmreste zeichnete der mit der römischen Geschichte sehr gut vertraute Archäologe Carsten Wenzel die Entwicklung sehr anschaulich nach.

Limesverlauf im Übersichtsplan und im Munitionslager im Hintergrund

In den den Römern folgenden geschichtlichen Epochen wurde die bereits markierte Grenzlinie bis in die Gegenwart gerne zur Abgrenzung von Territorien, Provinzen und/oder Gemarkungen übernommen. Zu dieser Funktion des Limes erfolgten Ausführungen durch Karsten Brunk, der auch über einige Auseinandersetzungen um „die strittig Grenz“ im 18. und 19. Jahrhundert zu berichten wusste. Die Frage des exakten Grenzverlaufes entlang des Rodheimer und Rosbacher Limesabschnittes wurde endgültig erst 1826/27 entschieden und durch die Setzung von Grenzsteinen sichtbar gemacht.

Historischer Gemarkungsgrenzstein von 1826 (südlich des Munitionslagers), als Rodheim zum Großherzogtum Hessen (Darmstadt) und Wehrheim zum Herzogtum Nassau gehörte

Bereits bei der Grenzsteinerfassung im April 2011 musste bedauerlicherweise festgestellt werden, dass im Bereich des Munilagers von ehemals 14 historischen Grenzsteinen entlang des Limes nur noch einer, und dieser erheblich beschädigt, erhalten geblieben ist. Die Grenzsteine wurden sehr wahrscheinlich, in der Regel aus Unkenntnis ihrer Bedeutung, bereits in den früheren Jahren der militärischen Nutzung durch das amerikanische Militär durch Straßen- und Zaunbaumaßnahmen verschüttet oder zerstört. Dieser Befund unterstreicht die Notwendigkeit eines Katasters für die Erfassung von Kleindenkmalen (wie z.B. Grenzsteine) und sonstigen Relikten der historischen Kulturlandschaft (z.B. historische Wegeverläufe, Mühlgräben usw.). Ein solches, immer aber noch sehr lückenhaftes Kataster existiert beim Regionalverband FrankfurtRheinMain und ist weiter im Ausbau. Vor jedem planerischen, gestalterischen und bewirtschaftenden Eingriff in die Landschaft ist darauf zu dringen, dass dieser seit langem gesetzlich geschützte Bestand an Kulturgütern auch zur Kenntnis genommen wird und dadurch möglichst vor Zerstörung bewahrt bleibt.

Fachwerkperle Alsfeld und historisches Romrod

Am Samstag, dem 15. September 2012, war das nördliche Vorland des Vogelsberges das Ziel einer vom Rodheimer Geschichts- und Heimatverein (RGHV) angebotenen Exkursion. Erste Anlaufstelle des voll besetzten Busses war Romrod, das mit seiner Vielfalt an historischen Zeugnissen die meisten Teilnehmer überraschte. Zunächst führte uns der überaus sympathische Pfarrer Knoblauch durch die Räume, Gänge und Treppenhäuser des Schlosses Romrod, das nach seiner umfassenden Sanierung durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz inzwischen zu einer „Hochburg für Hochzeitsfeiern“ geworden ist.

Seine historische Bedeutung hatte das Gebäudeensemble unter anderem als Sommerresidenz und Jagdschloss der großherzoglichen Herrschaften aus Darmstadt. Im Zuge der Sanierung konnten im Hof des Schlossgeländes auch aufschlussreiche siedlungsarchäologische Befunde zur früh-/hochmittelalterlichen Nutzung und Bebauung gemacht werden. Da die im feuchten Untergrund erhalten gebliebenen hölzernen Hausrelikte zu den ältesten ihrer Art in Deutschland gehören, wurde eigens dafür ein Museum errichtet, das durch die hervorragende Art der Präsentation seiner Exponate besticht.

In Romrod hat es bis Anfang der 1930er Jahre eine jüdische Landgemeinde mit einer bis heute erhalten gebliebenen und inzwischen restaurierten Synagoge und einer Mikwe gegeben. Die Erhaltung des Gebäudes ist dem Umstand zu verdanken, dass dieses 1935 an einen Landwirt verkauft und in der Folge als Scheune und Lager genutzt worden war.

Nach dem Mittagessen in Romrod hieß es dann „auf nach Alsfeld“, der überaus sehenswerten Fachwerkstadt mit der besonderen Auszeichnung „Europäische Modellstadt für Denkmalschutz“. Immerhin zählt Alsfeld heute noch über 420 erhaltene Fachwerkhäuser.

Hier stand zunächst das in diesem Jahr bereits seit 500 Jahren bestehende Alsfelder Rathaus im Mittelpunkt, dessen geschichtsträchtige Räume ebenfalls besichtigt werden konnten. Dieses Wahrzeichen der oberhessischen Fachwerkstadt gehört zu den bekanntesten, aber auch zu den kunstgeschichtlich interessantesten deutschen Rathausbauten. Es ist ein architektonisches Meisterwerk und wirkt in seinem Aufbau wahrhaft monumental.

Im Rahmen der anschließenden fachkundigen Altstadtführung präsentierte uns der Stadtführer nicht nur weitere herausragende Bauwerke, in der Dreifaltigkeitskirche aus dem späten Mittelalter erfuhren wir auch, wann es wichtig ist „die Klappe zu halten“.

Seine Abrundung erfuhr der gelungene Exkursionstag bei hausgemachtem Kuchen in einem der urig-gemütlichen Alsfelder Cafés.

Arno Paduch mit dem Johann Rosenmüller Ensemble erneut zu Gast beim Rheingau Musik Festival

Arno Paduch, in Rodheim aufgewachsen, ist bekannt für seine Verdienste um die Alte Musik. Die Aufführung der Missa solemnis des Komponisten Joseph Schmitt durch das von ihm gegründete und geleitete Johann Rosenmüller Ensemble im Kloster Eberbach war überdies ein besonderes Ereignis, war dieses Werk doch hier von Schmitt in seiner Zeit als Zisterzienser-Mönch komponiert worden. 250 Jahre nach seiner Entstehung erklang das Werk erstmals wieder in der Basilika des Klosters. Kopien der im Laufe der Säkularisierung verloren gegangen Noten waren in der Bibliothek der Zisterze Ebrach in Franken wiedergefunden und von Paduch bearbeitet worden.

Georg Adam Joseph Schmitt wurde 1734 in Gernsheim geboren, trat 19-jährig in den Zisterzienserorden des Klosters Eberbach ein und empfing 1757 die Priesterweihe. Es folgte ein Intermezzo in Dresden und es ist bekannt, dass er bei Carl Friedrich Abel (*Köthen 1723, +London 1787) studierte und neben dem jungen Mozart zu dessen herausragenden Schülern gehörte. Zurück im Kloster Eberbach oblag ihm die Verantwortung als Chorregent. Und es war seine schaffensreichste Zeit. Nicht nur geistliche Werke zählen zu seinen Kompositionen, er schreibt Kammermusiken und Sinfonien. Verlegt wurden die Werke vom renommierten Amsterdamer Drucker Jean Julien Hummel, gesponsert durch das Kloster Eberbach.

Es ist nicht zu eruieren, warum der 37-Jährige das Kloster Eberbach verließ und in ein weltliches Leben eintrat. 1771 ließ er sich in Amsterdam sehr erfolgreich als Komponist, Lehrer und Verleger nieder und bereicherte die niederländische Musikkultur nachhaltig. Warum er und seine Werke dennoch weitgehend unbekannt sind? Es wird vermutet, dass manche seiner Kompositionen Josef Haydn zugeschrieben wurden. Schmitt wird daher auch schon mal als der „Dutch Haydn“ bezeichnet.

 Grund genug für den Rodheimer Geschichts- und Heimatverein auch dieses Mal eine Busexkursion zu diesem so bedeutenden Konzertereignis des „Rodheimers“ zu organisieren. Wie bedeutend? So bedeutend, dass das Konzert live vom Deutschlandradio Kultur übertragen wurde. Es war ein grandioses Erlebnis!

Zur Entstehungszeit des Werkes wurden die Orchestermessen nicht zusammenhängend aufgeführt, sie waren Bestandteile der Liturgie. So verwob Paduch die Elemente Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus Dei aus Schmitts Missa solemnis mit denen der Psalmkonzerte des Venezianers Antonio Caldera (1670-1736): dem Dixit Dominus, dem Laudate Pueri Dominum – unübertroffen der Countertenor Franz Vitzthum im Duett mit dem warmen Bassbariton von Markus Flaig -, dem Salve Regina und dem krönenden Te Deum.

Arno Paduch wurde mit seinem bekannt hochrangigen Ensemble und seiner sensiblen Auswahl wunderbarer Vocalsolisten mit nicht enden wollenden Ovationen bedacht.

Rund um Leichen

Etwa 40 wetterfest ausgerüstete Geschichtsinteressierte machten sich am Sonntag, dem 22.04.2012, auf den Weg ins Gebiet östlich von Rodheim. „Rund um Leichen“ war das Thema einer von Dr. Karsten Brunk fachlich geführten Wanderung zum Standort der größten, ältesten und am längsten besiedelt gewesenen Wüstung im Gebiet der Gemarkung Rodheim. Wüstungen sind Siedlungsbereiche, die vor der Neuzeit, vornehmlich im 14. und 15. Jahrhundert wieder aufgegeben wurden. Die Gründe hierfür, seien es Sicherheitserwägungen oder wirtschaftliche Zwänge, sind im Einzelfall nicht immer eindeutig.

Dr. Brunk, Diplom-Geograph und Vorsitzender des Rodheimer Geschichts- und Heimatvereins, berichtete, dass Leichen seine urkundliche Ersterwähnung im Jahr 775 bereits vor der ersten Nennung Rodheims erfuhr. Anhand von historischen Katasterkarten erläuterte er die Lage und Ausdehnung des Dorfes, auf dessen Existenz alte Flur- und Straßennamen hinweisen. In einer Straßenkarte aus dem frühen 16. Jahrhundert wird der Ortsname Lychen (Leichen/Laichen/Lichen) noch geführt. Das Dorf lag – namengebend – an der historischen Leicher Straße, der Heerstraße von Friedberg über Petterweil nach Frankfurt. Die Gegend, wo die Leicher Straße von dem von Rodheim nach Okarben verlaufenden „grässigten“ Weg gekreuzt wird, heißt noch heute der „Leicher Grund“. In der nördlich davon gelegenen Flur war der Standort einer Kapelle, wo sich noch bis ins 20. Jahrhundert bei Bearbeitung des Ackers, Spuren von Schiefersteinen gezeigt haben.

Über die Neue Leicher Straße – die alte Trasse befindet sich, teilweise noch als Geländedelle sichtbar, heute auf bewirtschaftetem Grund – ging es weiter nach Norden bis zum Streitberg. Der Anstieg zum Streitberg markiert besonders deutlich den Verlauf der historischen Leicher Straße, da sich hier sog. Hohlwege gebildet hatten. Die damit verbundene Bodenerosion hat schließlich zur Ausbildung einer tiefen und breiten Geländemulde geführt.

Endlich wartete in der Nähe des Alten Berges ein stärkendes „Wiesen-Picknick“! Wegen der angekündigten april-typischen Wetterkapriolen war es notwendig geworden, den Wanderern ein Dach über den Köpfen zu geben, und so waren zuvor schon zwei der vereinseigenen Pavillons aufgebaut worden. Auf den Wunsch „habt Ihr Glühwein?“ war man allerdings nicht vorbereitet. Dafür gab es aber andere Leckereien. Diese bestanden aus Mäuslaibchen, Brötchen mit Fleischkäse und Käse sowie diversen Blechkuchen, die von Ute Veit und Margot Mehring zubereitet worden waren. Des weiteren war Dieter Mehring im „Versorgungsteam“ eifrig engagiert.

Mit Hilfe vieler Hände war nach dem Picknick flugs alles abgebaut, eingeladen und picobello sauber, und weiter ging’s für alle, die sich für die „große Runde“ entschieden hatten, entlang des ehemaligen Wingerts (dem sog. Hartwiesen Weingarten) zum „Alten Berg“. Der Weg folgte der östlichen Rodheimer Gemarkungsgrenze bis zur Petterweiler Grenze. Im Gebiet südlich des Alten Berges konnte Karsten Brunk den Teilnehmern dann eine gut erhaltene Landwehr (grabenartige Grenzmarkierung) zeigen, die sich hier fast so imposant darstellt, wie andernorts der Limes. Bei der Umgehung des Alten Bergs, eines Basaltausläufers des Vogelsbergs, lachte dann wieder die Sonne vom Himmel und inspirierte die Teilnehmer zu kühnen Gedanken: Eigentlich sei der Bergsporn wie geschaffen als ehemaliger Burgen-Standort!

ber das Gebiet des Seegrundes und des Pfingstborns, wo die Lage der ehemaligen Quelle diskutiert wurde, ging es bei inzwischen herrlichem Wetter nach Rodheim zurück. Nicht nur über Wüstungen im Allgemeinen und Leichen im Speziellen hatten die Teilnehmer ihr Wissen erweitern können, auch der Blick für die Veränderungen der Kulturlandschaft durch Erosion und Bewirtschaftung war bei den Teilnehmern von Dr. Brunk geschult worden. Die Einschätzung der Teilnehmer: „Rund um Leichen – rundum gelungen“!

Mit dem Rodheimer Geschichtsverein unterwegs!

Strahlendes Herbstwetter begleitete die diesjährige Exkursion zu zwei besonderen historischen Örtlichkeiten in Südhessen, wozu der Rodheimer Geschichts- und Heimatverein eingeladen hatte. Da der bestellte Bus wegen technischer Probleme nicht eintraf, hatten sich bald mehrere Grüppchen aus Fahrern und Mitfahrern zusammengefunden und es konnte mit eigenen PKWs zum ersten Exkursionsziel nach Lorsch aufgebrochen werden.  

Das Kloster Lorsch ist mit der Rodheimer Geschichte ja auf besondere Art verbunden, findet man doch hier die urkundliche Ersterwähnung unseres Dorfes im „Lorscher Codex“, die anlässlich einer Schenkung an das Kloster im Jahr 805 protokolliert wurde. Am Museum auf dem Klostergelände erwartete uns Dr. Bernhard Pinsker, der Kurator der aktuellen Ausstellung „Kloster Lorsch – vom Reichskloster Karls des Großen zum Weltkulturerbe der Menschheit“. Eben dieser UNESCO-Welterbetitel, dessen 20. Jahrestag in diesem Jahr gefeiert wird, war Anlass zur Sonderausstellung, die vom Hessischen Landesmuseum Darmstadt in Kooperation mit der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten auf den Weg gebracht worden war. Dr. Pinsker, von Hause aus Prähistoriker, hatte am Vorabend bereits im Rahmen eines Vortrags im Rodheimer evangelischen Gemeindehaus „Arche“ in die Geschichte und die mannigfaltigen Überlegungen zu neuen und älteren Grabungsbefunden des Klosterkomplexes eingeführt. Nun war es möglich, die Eindrücke in eigener Anschauung zu vertiefen.

Kloster Lorsch – vor dem Museumszentrum. Bild: U. Veit

Das Kloster Lorsch erfuhr seine Ersterwähnung im Jahr 764 n. Chr., gestiftet von Graf Cancor und seiner Mutter Williswinda aus dem fränkischen Adelsgeschlecht der Rupertiner, gebaut auf einer Weschnitzinsel, unweit des heutigen Klosterareals. Von diesem Vorgängerkloster „Altenmünster“ existieren nur noch Grabungsbefunde. Durch Vermittlung von Bischof Chrodegang von Metz kamen im Jahr 765 die Gebeine des römischen Märtyrers Nazarius nach Lorsch, Grundlage für die zunehmende Bedeutung des Klosters als religiöses Zentrum. Dem folgten vielfache Schenkungen an die Benediktinerabtei, dessen Besitzungen sich zur Blütezeit des Klosters in der Karolinger- und Ottonen-Zeit vom Mündungsgebiet des Rheins bis südlich des Bodensees mit Konzentration im Rhein-Main-Neckar-Raum erstreckten. Dem raschen Wachstum folgte die Verlegung des Klosters an den heutigen Standort.

Kloster Lorsch wuchs zum politischen Machtzentrum, aber auch zum Zentrum der geistigen und kulturellen Entwicklung heran. Zwistigkeiten zwischen den Gründern und dem Bruder Chrodegangs erforderten ein Urteil Karls des Großen. Dadurch wurde Lorsch mit den Privilegien der Immunität und der freien Abtwahl ausgestattet, in ottonischer Zeit kamen Markt- und Zollrechte hinzu.

Der erste Niedergang erfolgte im 11. Jahrhundert im Rahmen des Investiturstreits und nicht zuletzt durch eine Brandkatastrophe im Jahr 1090 n. Chr. Im 13. Jahrhundert wurde es dem Erzstift Mainz unterstellt und zum Zisterzienserkloster, später, von Prämontratensern bewirtschaftet, unterstand es bis 1623 kurpfälzischer Verwaltung. 1621 kam es im 30-jährigen Krieg zur nahezu vollständigen Zerstörung.

Heute sehen wir von der ehemals so mächtigen Benediktinerabtei nur noch den romanischen Kirchenrest und die allseits bekannte wunderbare Torhalle, deren ursprüngliche Verwendung noch immer diskutiert wird. Wie es „dazwischen“ ausgesehen hat, davor und dahinter, ließ Dr. Pinsker in seinen kenntnisreichen Schilderungen anhand alter und neuester Grabungsbefunde in seinen Zuhörern lebendig werden. Die zeitlich klare Gliederung der Ausstellung in optisch hoch ansprechender Präsentation der baugeschichtlichen und Besiedlungsfunde trug hierzu ebenso bei wie die geführte Begehung des Klostergeländes.

Nach dem Mittagessen ging es weiter zum zweiten Höhepunkt des Tages: die Mathildenhöhe in Darmstadt mit ihrem herrlichen Jugendstil-Ensemble war das Ziel. Darmstadt war neben München das zweite Zentrum dieser Kunstrichtung in Deutschland, neben Karlsruhe, Halle, Bad Nauheim, Hagen und Berlin. Initiator in Darmstadt war Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein, ein Enkel von Königin Victoria von England, der sich in England von der „Arts-and-Crafts-Bewegung“ hatte anstecken lassen. Er holte den Architekten Joseph Maria Olbrich nach Darmstadt und berief 1899 7 junge Künstler in die Künstlerkolonie.

Mathildenhöhe Darmstadt. Bild: K. Brunk

Vorstandsmitglied Dieter Mehring führte die interessierten Teilnehmer in die historischen und künstlerischen Entwicklungen und das Empfinden dieser Epoche des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts ein. Die der Natur entlehnten Stil-Elemente, die geschwungenen Linien sind die charakteristischen Merkmale des Jugendstils und finden sich im Baustil, in Möbeln, Geschirr, Glas, Textilien, Schmuck wieder und bilden so ein „Gesamtkunstwerk“, wovon sich die Teilnehmer beim Besuch der Sonderausstellung „Glanz einer Epoche – Jugendstilschmuck aus Europa“ mit Exponaten aus mehreren europäischen Ländern überzeugen konnten.

Das Kaffeetrinken im Schatten alter Bäume, die in der Herbstsonne goldglänzenden Kuppeln der Russischen Kapelle und den Hochzeitsturm im Blick, rundete diese gelungene Exkursion des RGHV gemütlich ab.

Ausflug in die Römerzeit

„Die schwarzen Linien sind die Wege“ – so ein kleiner Germane, den Plan vom Rodheimer Maislabyrinth in der Hand. Gesagt und ab ins Maisfeld, um die Leute seines Spähtrupps zu suchen.

Das Rodheimer Maislabyrinth, seit dem Erfolg im Jubiläumsjahr 2005 in diesem Jahr erstmals wieder aufgelegt um den Bau des Sport-Zentrums Rodheim zu unterstützen, war am ersten September-Samstag (04.09.2010) Schauplatz eines historischen Spektakels. Etwa 300 Besucher und Mitglieder der teilnehmenden Vereine hatten sich aufgemacht, um an einem Live-Action-Spiel für die ganze Familie teilzunehmen.

Der römische Geschichtsschreiber Tacitus, alias Dirk Springenberg vom Waldritter e.V., gab zuvor einen kurzen geschichtlichen Abriss der Ereignisse um das Jahr 83 n. Chr. „im Gebiet um Rodheim“, als Kaiser Domitian, dem es bis dahin an militärischen Ehren mangelte, einen Feldzug gegen die Chatten führte und so auch das Gebiet der Wetterau unterwarf. Auf Domitian geht der Beginn des Limes-Baus zurück.

Und so strömten Mann, Frau, Kind und auch solche im Kinderwagen ins Maislabyrinth, neugierig auf das Kommende. Schon am Feldeingang wurden alle heftig umworben vom römischen Centurio Decimus (Daniel Steinbach) und Ariovist (Thomas Erkwoh), dem Anführer der Chatten, denen die jeweils eigene Truppenstärke am Herzen lag.

Im Labyrinth hatten die Aktiven zahlreiche Stationen aufgebaut. Hier galt es, die gestellten Aufgaben zu lösen und schöne weiße Kieselsteine als Belohnung einzusammeln. Die mussten verschiedentlich auch als Zahlungsmittel herhalten, um sich freizukaufen, wenn man in einen Hinterhalt des Gegners geraten war. Mal galt es, ein Rätsel der vestalischen Priesterin zu lösen, mal einen Brief durch feindliche Linien zum Liebsten der Bäuerin zu bringen – oder beim Kaiser, der sein fürstliches Domizil, umgeben von Bediensteten, am zentralen Turm aufgeschlagen hatte, um eine Audienz für den Mattiakerfürsten Ingolf zu bitten. Die Mattiaker waren der Chattenstamm, der den Römern am ehesten zugetan war.

Non scholae sed vitae discimus – nicht für die Schule, für das Leben lernen wir – so stand es an der Wand des luftigen Klassenzimmers des griechischen Hausleherers Aléxios (Wolfgang Fitzner) geschrieben, der die aufmerksam lauschenden Schüler augenzwinkernd in Musik, Rhetorik und Rechnen unterrichtete.  Ein paar Labyrinth-Kurven weiter wurden die strikten Regeln für den Umgang mit dem Schwert vermittelt und praktisch eingeübt – für den großen Kampf Römer gegen Germanen am frühen Abend, den die Germanen jubelnd für sich entscheiden konnten.

Am Sonntagmorgen (5.9.) ging es dann bei strahlendem Sonnenschein  mit dem Bus an den Rhein. Das Römisch-Germanische Zentralmuseum (RGZM) im Mainzer Kurfürstlichen Schloss war das Ziel einer vom Rodheimer Geschichts- und Heimatverein lange vorbereiteten Exkursion speziell für Kinder, um die Thematik des Vortages noch einmal historisch-kindgerecht aufzuarbeiten. 

Im Museum wurden wir von zwei netten Mitarbeitern der Museumspädagogik erwartet. Eine Gruppe der Kinder lernte eifrig durch Erklärung und eigene Experimente die Prinzipien der römischen Zeitmessung, unter anderem demonstriert an der Sonnenuhr im Hof des Museums.

„Wie haben sich zwei römische Kinder zum Spielen verabredet?“ war die Frage. Am Nachbau eines Sonnenuhr-Fundes aus Wiesbaden konnten sich die kleinen Wissenschaftler selbst von der Genauigkeit dieser Zeitmesser überzeugen. Die Prinzipien eines römischen Kalenders wurden beispielhaft erläutert und Modelle davon lagen zum Ausprobieren bereit. Kalender gab es in vielen römischen Haushalten, war es doch lästig, sich immer auf den Weg zum Marsfeld außerhalb Roms aufzumachen, um am Obelisken nachzusehen, welcher Tag gerade geschrieben wurde!

Die zweite Gruppe von Kindern erforschte die spätrömische Zeit und den Übergang zum Frühmittelalter. In kleinen Gruppen wurden die archäologischen Funde aus Gräbern beschrieben, wobei die „Zwiebelknopffibeln“ schon wegen ihres zungenbrecherischen Namens besonders aufmerksam betrachtet wurden. Was wurde Frauen, was Männern mit ins Grab gegeben? Wie kam es dazu, dass der riesige Silberteller in 2 Teile zerschlagen in der Erde gefunden wurde? Diebe, die sich ihre Beute geteilt hatten und gestört wurden? Was gibt es auf den beiden riesigen Mosaiken aus einer Kirche von Ravenna zu entdecken? Wie kamen die kostbaren Almandine, die die Funde aus dem Grab des Merowinger-Königs Childerich schmücken, aus Indien nach Europa?

Es war eine Freude, das Eintauchen der Kinder in die Vergangenheit mitzuerleben, deren Interesse und Diskussionsbereitschaft zu beobachten und die professionelle Präsentation der Ergebnisse durch die 8-12-Jährigen ließ Staunen aufkommen.

Den krönendem Abschluss fand die Exkursion dann in einem Picknick in den Rheinauen mit ausschließlich römischen Speisen, die von unserem Vorstandmitglied Ute Veit hervorragend vorbereitet, zubereitet und dargeboten wurden. Mit Blick auf den Rhein, bei warmem Spätsommerwetter mit Panicelli, Moretum, lukanischen Würstchen und Globi, wurde das Thema ‚Römer‘  noch einmal mit allen Sinnen genossen!

Siehe auch Berichterstattung zu dieser Veranstaltung in der Wetterauer Zeitung (WZ) vom 11.9.2010